
Erst vor Kurzem hatte das Café Schnepperschütz seinen Kundinnen und Kunden verärgert mitteilen müssen, dass plötzlich ein wichtiger Zugang zum Café monatelang gesperrt ist. Konkret wird der Tunnel „Hallertürlein“ zwischen der Altstadt und der Hallerwiese für mehrere Monate, bis April 2026, gesperrt sein - und das bereits wenige Tage nach der Ankündigung. Ebenso kurzfristig hatten auch die Gastronomen selbst davon erfahren.
2022 erst wurde der Tunnel beim Hallertor für ein Jahr gesperrt. Das Café fürchtet nun erneut erhebliche Umsatzeinbußen und steht vor vielen Fragezeichen, wie Inhaber Ralf Siegemund im Gespräch mit der Redaktion erzählt.
Der Inhaber hatte von einem Tag auf den anderen von der Sperrung erfahren. Besonders ärgerlich sei dies, da die Stadtverwaltung, das Wirtschaftsamt, der Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) der Stadt Nürnberg und weitere Verantwortliche bereits nach der Sperrung im Jahr 2022 in Kontakt mit dem Café standen, betont der Inhaber. Ein etwas früherer Anruf, um reagieren oder gegensteuern zu können, wäre „zumindest ein Weg“ gewesen.
Obwohl bereits Pläne für die Überwinterung gemacht worden waren, musste nun Personal entlassen werden, sagt Siegemund. Aktuell bestehe noch die Hoffnung, dass an den Wochenenden Spaziergänger vorbeischauen.
Schwierig sei die Situation vor allem deshalb, weil der gleitende Übergang ins neue Jahr fehle. Dadurch fehle auch der Zeitraum, in dem neues Personal für die bevorstehende Saison eingearbeitet werden könne. „Es braucht Zeit, bis Handgriffe sitzen – und die müssen einfach sitzen“, betont der Inhaber.
Café Schnepperschütz: Kundinnen und Kunden kommen vermutlich nicht
Eigentlich wolle der Gastronom nicht jammern. „Ich kann mich bewegen und innovativ sein, aber man kommt nicht um das Geld herum.“ Nach der letzten Baustelle im Jahr 2022 blieb im Vergleich zum Vorjahr rund ein Drittel des Umsatzes aus. Unter dem Strich sei das einfach zu viel.
Den Fußverkehr werde man vermutlich nicht verlieren, der Umweg über das Tor sei erträglich. Ganz anders sei es jedoch bei älteren Menschen sowie Fahrradfahrerinnen und -fahrern – die würden wegen der Baustelle vermutlich gar nicht mehr kommen.
Siegemund war bereits in Kontakt mit der Stadtverwaltung getreten, die das Vorhaben verteidigt habe. Wie der Inhaber erzählt, nannte man ihm Argumente, die später auch in einer Pressemitteilung erschienen - mit der er jedoch nicht vollständig einverstanden sei.
In einer veröffentlichten Pressemitteilung weist die Stadt die Verantwortung für die Sperrung des Fuß- und Radwegs sowie für die kurzfristige Kommunikation von sich. Die Verwaltung erklärt zunächst, dass der SÖR in der Regel nur über eigene Bauprojekte informiere - in diesem Fall handle es sich jedoch um ein privates Vorhaben. Deshalb sei der jeweilige Bauträger für die Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Zudem wurde die betroffene Fläche gewählt, da ein „besonderes Augenmerk“ auf dem Schutz der Bäume und der Grünfläche des Biergartens liege. Dort dürfe kein Material abgestellt werden.
Inhaber schlägt Alternativen vor
Siegemund erklärt aber, dass die Genehmigung und Sperrung Sache des SÖR sei. Zudem sperre der SÖR einen öffentlichen Fahrradweg, weshalb spätestens dann die Öffentlichkeit hätte informiert werden müssen. Immerhin betreffe die Sperrung nicht nur die Besucherinnen und Besucher des Schnepperschütz-Cafés, sondern viele Bürgerinnen und Bürger, findet der Caféinhaber.
Zudem bestehe deutlich mehr Handlungsspielraum. Immerhin handele es sich um eine Fläche von 200 Quadratmetern - und das bereits nach Abzug der Bäume, sagt der Schnepperschütz-Inhaber. Trotzdem wolle der SÖR aber 50 Quadratmeter eines Radwegs nutzen.
Mittlerweile wurde bekannt gegeben, dass die monatelange Totalsperrung erst am 3. November in Kraft tritt, teilt das Café auf Instagram mit. Die Betroffenen hoffen weiterhin, dass die Einschränkungen für die Öffentlichkeit so gering wie möglich gehalten werden, da es sich hierbei um ein privates Bauvorhaben handele. Das SÖR soll als Genehmigungsbehörde klare Vorgaben machen und die Interessen der Stadtgesellschaft schützen, fordert das Café.
Stellungnahme der Stadt zu dem Sachverhalt
Auf Anfrage unserer Redaktion zu einer Stellungnahme hinsichtlich der Sanierungsmaßnahmen am ehemaligen Restaurant Kettensteg hat die Stadt Nürnberg reagiert.
Handelt es sich beim Hallertürlein um einen öffentlichen Weg und falls ja, wie bewertet die Stadt die Entscheidung, dass ein privater Bauträger diesen Weg über Monate hinweg sperren darf?
Demnach befänden sich zwischen Hallerwiese und Maxplatz entlang der Pegnitz fast alle Flächen, sprich Grünanlagen, Straßen, Wege, Fahrradwege und Bauwerke, darunter die Hallertorbrücke, der Kettensteg sowie die Stadtmauer im Besitz der Stadt Nürnberg. „Einzige Ausnahme: Das Gebäude am Maxplatz 35 ist in Privatbesitz.“ Grundsätzlich bestehe ein Interesse daran, dass private Eigentümer ihre Gebäude instand halten und damit zu einem attraktiven Stadtbild beitragen. „Es ist gängige Praxis, dass private Bauherren im Stadtgebiet für Bau- oder Sanierungsmaßnahmen Sondernutzungen öffentlicher Flächen beantragen und erhalten.“ Insbesondere in der Altstadt grenzten nahezu alle Gebäude an öffentliche Flächen. „Entsprechend stellt die Stadt für die Dauer von Bauarbeiten den notwendigen Raum zur Verfügung. Beim Projekt am Kettensteg befindet sich ausschließlich das historische Gebäude selbst in Privatbesitz. Sämtliche angrenzenden Flächen – einschließlich des Biergartenbereichs – gehören der Stadt. Für eine Sanierung ist der Bauherr somit auf städtische Flächen angewiesen.“, so die Stadt Nürnberg.
Gibt es Möglichkeiten, steuernd einzugreifen – insbesondere, wenn es sich um eine wichtige Verbindung für den Pendlerverkehr handelt?
Die Stadt richte in solchen Fällen Umleitungsstrecken ein, die es den Menschen ermöglichten, ihre Grundstücke zu erreichen oder die jeweilige Baustelle zu umfahren respektive zu umgehen. Anwohner, Pendler, Touristen und Gewerbetreibende müssten sich für die Dauer der Arbeiten auf Einschränkungen einstellen. „Wenn es sich einrichten lässt, dann wird bei der Erteilung einer Sondernutzung auch das Umfeld berücksichtigt. So erfolgt die Sperrung des Radwegs am Hallertürlein im Winterhalbjahr. Einer Zeit, in der Radverkehr etwas weniger stark ausfällt als in der warmen Jahreszeit.“ Radfahrer hätten durch die Umleitungen einen Mehraufwand von 250 beziehungsweise 110 Metern. Bei Fußgängerinnen und Fußgängern verlängere sich die Strecke durch die Umleitung „um 2 Meter“, betont die Stadt.
Wem gehört der betroffene Radweg im Bereich des Hallertors – und wer ist für dessen Sperrung verantwortlich?
Der Weg gehört der Stadt Nürnberg. Die Sondernutzung und die damit verbundenen Umleitungsstrecken werden vom Servicebetrieb Öffentlicher Raum erstellt.
Die Stadt Fürth schützt Bäume bei Bauarbeiten mit Gummiumkleidungen. Warum kommt eine solche Maßnahme in Nürnberg nicht zur Anwendung?
Nürnberg schütze seine Bäume während einer Baustelle unter anderem durch Schutzzäune, die im Bereich der Kronentraufe aufgestellt würden und somit auch den Wurzelbereich schützten. Auch ein direkter Stammschutz aus Holzbrettern Drainagerohren werde praktiziert.
Am Kettensteg kämen Bauzäune zum Einsatz. Außerdem würden die Bäume durch „rund 50 cm hohe Beeteinfassungen aus Beton“ geschützt, sodass ein Befahren der Grünflächen nicht möglich sei. „Sämtliche Bäume werden durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen geschützt.“
Warum wurde das Café Schnepperschütz nicht vorab informiert, obwohl es direkt an der gesperrten Verbindung liegt und bereits 2022 unter ähnlichen Umständen laut eigenen Aussagen erhebliche Umsatzeinbußen zu verzeichnen hatte?
„Das Café im Brückenkopf der Hallertorbrücke ist von den Bauarbeiten nicht betroffen und bleibt uneingeschränkt erreichbar. Auch die Außenbestuhlung ist nicht beeinträchtigt“, so die Aussagen der Stadt. Da es sich beim Bauvorhaben am Kettensteg um ein privates Projekt handele, liege die Kommunikation mit den Anliegern in der Verantwortung des Bauherrn. „Seitens des Servicebetriebs Öffentlicher Raum bestand daher keine Veranlassung, den Cafébetreiber gesondert zu informieren.“