Nürnberg - Großes Lesevergnügen trotz wenig Seiten? Kein Problem. Diese Titel kommen mit weniger als 130 Seiten aus.

Es braucht nicht immer mehrere 100 Seiten, um uns Leserinnen und Leser zu fesseln. Natürlich hat es etwas für sich, sich tief in eine Geschichte hineinzuträumen und stundenlang in einem dicken Wälzer zu schmökern.

Doch gerade kurze Bücher können eine ganz besondere Faszination ausüben. Obwohl wir die Charaktere gerade erst kennengelernt haben, fiebern und fühlen wir mit ihnen.

Wir haben vier besondere Bücher aus verschiedenen Genres ausgesucht, die mit weniger als 150 Seiten auskommen. Für ein schnelles Lesevergnügen für zwischendurch.

„Die Frau im lila Rock“ von Natsuko Imamura

Unser erstes Beispiel zeigt, dass es nicht mehrere 100 Seiten braucht, um trotzdem Tiefgang zu haben und uns noch über das Lesen des Buches hinaus zu fesseln. Denn auch nach der letzten Seite wird „Die Frau im lila Rock“ Sie nicht loslassen.

Die Erzählung erfolgt aus der Sicht der Frau in der gelben Strickjacke. Sie ist unglaublich schüchtern, spricht nie mit anderen und hat keine sozialen Kontakte, von denen wir erfahren. Beinahe täglich sieht sie die Frau im lila Rock, die sie zutiefst bewundert, ohne sie zu kennen. Es wäre ihr größter Traum, sie kennenzulernen und sich mit ihr anzufreunden. Sie beschreibt genau, wie sie es schafft, die Frau im lila Rock dazu zu bewegen, als Zimmermädchen in einem Hotel eine Kollegin zu werden. Doch auch als Kollegin schafft sie es nicht, die Frau im lila Rock anzusprechen.

Stattdessen erfahren wir viel über das Leben der Frau im lila Rock, unsere Ich-Erzählerin scheint sie regelrecht zu stalken, irgendwie weiß sie Dinge, die sie von außen eigentlich nicht wissen sollte.

Auf nicht einmal 130 Seiten bringt dieser faszinierende Roman verschiedene Lesarten aufs Papier und überlässt es uns, verschiedene Theorien über die Beziehung zwischen der Frau in der gelben Strickjacke und der Frau im lila Rock aufzustellen. Mehr darüber lesen Sie in unserem Beitrag: Faszinierende Verwirrung: Dieser Roman wird Sie nicht mehr loslassen. Oder Sie lesen direkt das Buch, wenn Sie sich denn auf diese faszinierende Verwirrung einlassen wollen.

„Die Frau im lila Rock“

von Natsuko Imamura

  • übersetzt von Katja Busson
  • 128 Seiten
  • btb Verlag
  • ISBN: 978-3-442-77486-9
  • 13 Euro

„Miese kleine Morde“ von Jussi Adler-Olsen

Dieser Minikrimi zeigt, dass auch auf wenig Seiten Spannung aufgebaut werden kann. Mit kühlem Humor und einer knappen, aber anschaulichen Erzählweise bringt uns Jussi Adler-Olsen in die Perspektive eines Mannes, der zum Auftragskiller wird.

Was braucht es, damit man zum Mörder wird? Oder sogar zum Auftragskiller? In Lars Hvilling Hansens Fall nur ein Wort von seiner mittlerweile Ex-Frau: „Langweiler“.

Es muss sich dringend etwas ändern in Lars‘ Leben. Den Vorwurf, ein Langweiler zu sein, kann er nicht so einfach stehen lassen. Zuerst entschließt er sich, an seinem Aussehen zu feilen und bei einem seiner Besuche im Beautysalon reift eine weitere Idee. Die Kundinnen des Salons sind nicht nur wohlhabend, sondern auch ihrer Männer überdrüssig. Lars wird zum ungewöhnlichen Dienstleister. Was kann da schon schiefgehen?

Lesen Sie mehr über den Minikrimi von Jussi Adler-Olsen in unserer Einzelrezension:

Mord und Totschlag auf nur 128 Seiten: „Miese kleine Morde“ von Jussi Adler-Olsen - Buchtipp

„Miese kleine Morde“

von Jussi Adler-Olsen

  • übersetzt von Hannes Thiess
  • 128 Seiten
  • dtv
  • ISBN : 978-3-423-21762-0
  • 10 Euro

„Das Wort für Welt ist Wald“ von Ursula Le Guin

Kommen wir nun zu einem Science-Fiction-Klassiker aus den 1970er-Jahren. Dieses Buch hat so viele Ebenen, reicht von Sozialkritik über Realkritik über Kolonialismuskritik bis hin zum Anprangern fehlender Nachhaltigkeit in der Klimapolitik, dass man kaum glauben kann, dass es nur 125 Seiten dick ist.

In einer fernen Zukunft hat der Mensch die Erde komplett ausgebeutet. Die Menschheit ist dazu übergegangen, auf anderen Planeten Ressourcen zu suchen. Zum Beispiel auf dem Planeten, auf dem unsere Handlung spielt, der von unzähligen Bäumen übersät ist. Auf der Erde gibt es keine Bäume mehr, ein wertvolles Gut also, hier steckt viel finanzielles Potenzial. Doch der Planet, wahlweise „Welt 41“, „Neu-Tahiti“ oder „Athshe“ genannt, ist keineswegs unbewohnt.

Die Ureinwohner sind von der gleichen Abstammung wie die Menschen von der Erde, haben sich aber im Laufe der Evolution verändert. Sie sind friedliebend, haben eine eigene Kultur, die sich grundlegend von der der Terraner unterscheidet. Wegen ihres anderen Verhaltens und Aussehens werden sie von den Terranern ausgebeutet.

Doch wie lange lässt es sich eine Spezies gefallen, von Außerirdischen unterdrückt zu werden? Wie lange kann eine Spezies dabei zusehen, wie ihre Welt zerstört wird? Wie lange dauert es, bis eine zuvor gewaltfreie Spezies zu den Waffen greift und Menschen tötet? Und wie wird das diese Spezies nachhaltig verändern?

Noch mehr Informationen über den Inhalt dieses faszinierenden Buches, seinen verschiedenen Ebenen und der überraschenden Aktualität eines mehr als 50 Jahre alten Buchs lesen Sie in unserer Einzelrezension:

Science Fiction oder Realkritik oder beides? „Das Wort für Welt ist Wald“ - Buchtipp

„Das Wort für Welt ist Wald“ gibt es in keiner aktuellen Auflage neu zu kaufen. Trotzdem sind gebrauchte Exemplare auf Seiten wie Amazon und Rebuy immer wieder zu finden.

„Schlaflose Nacht“ von Margriet de Moor

„Das Fieber der Schlaflosigkeit veranlasst Menschen zu merkwürdigen Dingen“, sagt unsere Protagonistin, deren Namen wir nicht erfahren. In ihrem Fall ist dieses merkwürdige Ding für gewöhnlich, dass sie backt. An sich nichts Seltsames, doch im Kontext der Stille der dunklen Nacht hat die Routine des Vermischens von Zutaten und Kneten des Teiges fast etwas Unheimliches.

Seit 15 Jahren beschäftigt sie sich mit dem gleichen Rätsel, dass sie immer wieder nachts wachhält. Denn vor 15 Jahren, nach gerade einmal 14 Monaten Ehe, hat sich ihr Mann das Leben genommen. Ohne Erklärung, ohne Abschiedsbrief. Seitdem befindet sie sich in einem Zwischenstadium, sie kann die Vergangenheit nicht loslassen, hat aber trotzdem den Wunsch, weiterzuleben.

Doch am Ende dieser bestimmten Nacht, in der wir unsere Protagonistin begleiten, ist irgendetwas anders.

„Schlaflose Nacht“

von Margriet de Moor

  • übersetzt von Helga van Beuningen
  • 128 Seiten
  • Hanser Verlag
  • ISBN: 978-3-446-25280-6
  • 16 Euro

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