
CSU und SPD haben im Stadtrat die Notbremse gezogen und die schon beschlossene Einführung des 365-Euro-Tickets zum ersten Januar 2023 zurückgezogen. Das ist keine Beerdigung des günstigen Tickets, sondern die Einsicht, dass die Stadt bei einem Schuldenstand von 1,7 Milliarden Euro das Vorhaben nicht allein stemmen kann. Die Stadt schießt jedes Jahr dem ÖPNV in Nürnberg rund 70 Millionen Euro zu. Für das 365-Euro-Ticket wären es schon im ersten Jahr weitere 23,7 Millionen Euro zusätzlich gewesen. Angesichts von wachsenden Energiepreisen und Lohnkosten mit steigender Tendenz für die nächsten Jahre.
Einstieg in eine dauerhafte Bezuschussung
Der Hinweis, dass der Bau des Frankenschnellwegs 600 Millionen Euro verschlingen würde und bei einem Streichen des Projekts genügend Geld für das 365-Euro-Ticket zur Verfügung stehen würde, stimmt nicht: Der Frankenschnellweg ist eine einmalige Investition und der Bauunterhalt ist überschaubar. Das 365-Euro-Ticket ist der Einstieg in eine dauerhafte Bezuschussung in zweistelliger Millionenhöhe, jedes Jahr. Im Übrigen ist für beide Projekte derzeit kein Geld vorhanden.
Noch dazu macht das Ticket wenig Sinn, wenn es nur in Nürnberg gilt, weil die Mitglieder im Verbund nicht mitmachen. Das ist auch verständlich, denn durch das 365-Euro-Ticket fährt kein Bus am Land mehr, aber die Landkreise müssten erheblich mehr zahlen. Auch am Nürnberger Pendler-Problem würde sich nichts ändern. Nürnberg leidet beim Verkehr unter zu vielen Ein- und Auspendlern.
Nur günstig reicht nicht
Wenn nur ein günstiges Ticket angeboten wird, dann reicht das offenbar nicht als Anreiz zum Umsteigen. Wien, das immer als Vorzeigekommune für das 365-Euro-Ticket genannt wird, hat erst das ÖPNV-Netz dichter geknüpft und kürzere Takte eingeführt, bevor die günstige Jahreskarte kam. Allerdings wurde dann auch die Finanzierung neu konzipiert: Firmen zahlen eine Zwangsabgabe und das Parken wurde deutlich teurer.
Auf diesen Weg haben sich auch CSU und SPD in Nürnberg gemacht: Parkraum soll teurer werden, Bewohnerparkausweise auch, bei der kommunalen Verkehrsüberwachung wird mit Mehreinnahmen und auch bei den Quartiersparkhäusern soll es teurer werden. Mit diesem Geld wollen CSU und SPD günstige Tickets subventionieren. Diese Überlegungen hätten allerdings schon vor zwei Jahren erfolgen können.
Freistaat hatte nichts zugesagt
Die Hoffnung, dass der Freistaat das 365-Euro-Ticket finanziert, war eine Wunschvorstellung. Es gab zwar ein Absichtserklärung von Markus Söder in seiner Regierungserklärung, solche Projekte zu unterstützen, aber keine Zusage. Die Folgen von Corona und des Krieges in der Ukraine werden die öffentlichen Haushalte noch erheblich belasten.
Die Linke wird die Pause für das 365-Euro-Ticket als Wortbruch interpretieren und sammelt schon Unterschriften für ein neues Bürgerbegehren.

