
„Wir machen uns Sorgen um unser Kleeblatt.“ Mit diesen Worten leiten Fans der SpVgg Greuther Fürth einen offenen Brief an den Aufsichtsrat, die Geschäftsführung, den Wirtschaftsbeirat, den Ehrenrat und das Präsidium ihres Herzensvereins ein. In dem Brief stellen die Fans Fragen, die sich seit über einem Jahr angestaut haben – es sind „sehr viele Fragen“, angesichts der sportlichen Krise, aber auch der Gesamtentwicklung des Vereins in der jüngeren Vergangenheit. Veröffentlicht wurde die Nachricht am Montag, den 10. November, also eine Woche vor der Jahreshauptversammlung.
„Brandgefährliche Situation“
Anlass ist die „brandgefährliche Situation der Spielvereinigung“ und „die immer tiefer werdende Krise, in der unser Herzensverein trotz des späten 1:0 gegen Preußen Münster steckt“. Über Allem steht natürlich die sportliche Situation der Profi-Mannschaft – und diese ist besorgniserregend: Mit aktuell drei Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang steht die SpVgg Greuther Fürth auf dem 14. Tabellenplatz der 2. Bundesliga und steckt damit abermals im Abstiegskampf. Zudem stellt sie die mit Abstand anfälligste Defensive der Liga. Zuletzt durchlief die Mannschaft von Cheftrainer Thomas Kleine eine besonders düstere Phase und verlor vier Spiele am Stück, feierte am vergangenen Spieltag aber einen Last-Minute-Sieg gegen Preußen Münster.
In ihrem offenen Brief werfen die Fans den Blick zurück auf Oktober 2024, als ein sportliches Beben das sonst so bedachte Kleeblatt erschütterte: Sowohl Sport-Geschäftsführer Rachid Azzouzi als auch Chefcoach Alexander Zorniger auf einen Schlag entlassen. In der Pressemitteilung begründete damals Aufsichtsratsvorsitzender Peter Köhr den Schritt wie folgt: „Wir sind überzeugt, dass es einen kompletten sportlichen Neuanfang braucht.“
Von dem sportlichen Neuanfang ist nach Meinung der Fans „ein Jahr später nichts zu sehen“, heißt es in dem offenen Brief. Drei Trainer, nämlich Interimstrainer Leo Haas sowie die Cheftrainer Jan Siewert und Thomas Kleine, standen seither an der Seitenlinie – allesamt mit mäßiger Punkteausbeute. Entsprechend fragen die Fans: „Was war das Ziel der Verantwortlichen? Was sollte konkret besser werden? Welche Strukturen und Prozesse wollte man verändern und implementieren?“ Und die Fragen reichen noch weiter: „Was ist die Vision der sportlich Verantwortlichen? Wie kann das Kleeblatt wieder an die Erfolge vergangener Jahre anknüpfen? Was soll die fußballerische Identität dieses Vereins sein?“
Fehlende Durchlässigkeit im Nachwuchs
Zugleich ist die jüngste Entwicklung der Profi-Mannschaft, die abermals auf eine Saison im tiefen Abstiegskampf zusteuert, nicht das einzige Problem, das die Kleeblatt-Fans ausgemacht haben. „Es liegt so vieles im Argen“, schreiben die Anhänger in dem offenen Brief und sprechen darin auch von einer „so vielfältigen Krise“, welche nicht allein die Profis erfasst.
Auch im Nachwuchs seien die Ergebnisse „oft besorgniserregend“. Zudem habe der Verein seit Jahren keinen Spieler mehr entwickelt, der sich die Profi-Mannschaft zumindest mittelfristig durchsetzen konnte. In der Vergangenheit schafften zwar Spieler wie Jamie Leweling und David Raum den Durchbruch und dürfen sich inzwischen sogar Nationalspieler nennen, deren Debüts nun aber auch schon wieder sechs und acht Jahre zurückliegen. Von allen Spielern, welche in der Kleeblatt-Jugend gespielt haben (mit Ausnahme von Routinier und Rückkehrer Felix Klaus), kommt Marlon Fries auf die meiste Spielzeit – nämlich 15 Minuten.
„Dabei wären solche (Spieler aus der eigenen Jugend, Anm. d. Red.) für eine bessere Identifikation, aber auch hinsichtlich dringend notwendiger Transfererlöse sehr wichtig. Was ist die Zukunftsvision für das NLZ? Wo will das Kleeblatt fußballerisch hin? Wie kann es gelingen, wieder mehr Spieler auf den Profi-Bereich vorzubereiten?“, fragen die Fans im offenen Brief. Die fehlende Durchlässigkeit kann zwei Gründe haben: Entweder die Qualität der eigens ausgebildeten Spieler – und damit auch die Qualität der Ausbildung selbst – genügt nicht. Oder es werden den Spielern schlichtweg externe Talente – Stichwort: Lukas Reich, Reno Münz, Aaron Keller – vor die Nase gesetzt und dadurch Wege in den Profifußball verbaut. Beide Optionen sprechen nicht für das Kleeblatt.
Fans fühlen sich „hilflos“
Auch zur allgemeinen Gesamtsituation der SpVgg Greuther Fürth stellen die Fans einige Fragen in den Raum: „Wie denken die Gremien über den Gesamtzustand unseres Vereins? Warum hat sich der Aufsichtsrat im Zuge des „sportlichen Neuanfangs“ in die Öffentlichkeit gewagt, ist seitdem aber nie mehr dort aufgetaucht? Wie bewertet man dort die Arbeit der Geschäftsführung? Warum ist es noch immer keine Option, dringend notwendige sportliche Kompetenz in Form eines Sport-Geschäftsführers dazuzuholen?“
Fragen über Fragen über Fragen. Insgesamt fühlen sich die Kleeblatt-Fans angesichts der aktuellen Lage „fast schon hilflos“ und wissen nicht, was sie tun können, um den Weg aus der gegenwärtigen Krise zu finden: „Dieser Text ist ein Hilfeschrei. In der Hoffnung, dass ihn die Verantwortlichen der Spielvereinigung hören. Wir haben Fragen. Sehr viele Fragen.“
Kleeblatt reagiert auf den offenen Brief
Antworten fordern die Fans „im Rahmen eines kritischen, offenen, ehrlichen und vertrauensvollen Austauschs“, welcher unabhängig von der bevorstehenden Jahreshauptversammlung stattfinden soll. Der Termin, so die Forderung, soll kurzfristig bekannt gegeben werden, zudem sollen alle interessierten Kleeblatt-Fans Zugang zum Gespräch haben können.
Drei Tage nach Erhalt des Briefes veröffentlichte die SpVgg Greuther Fürth eine erste Stellungnahme auf ihren Kanälen: „Diesem Austausch stehen wir selbstverständlich offen gegenüber“, heißt es auf der Website. Im Verein werde man überlegen, welches Format ergänzend zu den bereits bestehenden dafür geeignet ist und mehr Transparenz schafft. Zugleich verweist der Verein auf die Jahreshauptversammlung, bei der es zu einem ersten Austausch zu den Inhalten des Briefs kommen soll.
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Inhaltlich äußert sich das Kleeblatt in dem Statement, das mit drei kurzen Absätzen sehr kompakt gehalten ist, kaum. Der Verein schreibt lediglich: „Neben den insbesondere zur sportlichen Situation aufgeworfenen Fragen beschäftigen sich die verantwortlichen Gremien auch mit den weiteren Herausforderungen, insbesondere der wirtschaftlichen Situation. Die notwendigen und bereits angestoßenen Maßnahmen gehen wir in vertrauensvoller Teamarbeit zwischen den Verantwortlichen an, wohlwissend, dass Veränderungen nicht von heute auf morgen Ergebnisse zeigen.“
Der offene Brief ist nun ein neues Kapitel in der Kritik, welche sich in den vergangenen Wochen und Monaten gegen Holger Schwiewagner und Co. richtete. Bereits beim letzten Heimspiel enthüllten Fans in der Nordkurve kritische Banner, die Funktionäre äußerten sich danach bei Sky – und werden sich wohl auch in den kommenden Wochen zahlreichen Fragen stellen müssen.

