Nürnberg - Miroslav Klose hat die Herzen der FCN-Fans in der letzten Saison mit streckenweise begeisterndem Offensivfußball erobert. Doch der Start in die laufende Spielzeit ist komplett misslungen - mit Folgen für seine Zukunft?

Es waren deutliche Worte, die Joti Chatzialexiou am vergangenen Samstag fand: „Wenn du nach fünf Spieltagen einen Punkt hast, Tabellenletzter bist, brauche ich die Dinge nicht schönzureden“, sagte der Nürnberger Sportvorstand nach der Niederlage beim KSC am Sky-Mikrofon. Doch noch bevor sein Gesprächspartner die unangenehme Frage nach Cheftrainer Miroslav Klose stellen konnte, griff Chatzialexiou vor: „Wir sind mit Sicherheit in keiner schönen Situation, aber da müssen wir gemeinsam raus. Wenn es eine Krise gibt, wenn die Dinge nicht gut laufen, dann musst du zusammenhalten.“

„Mit Miroslav Klose?“, hakte der Sky-Reporter sicherheitshalber noch einmal nach. „Mit Miroslav Klose, selbstverständlich“, so die klare Antwort des Sportdirektors. Eine Jobgarantie für den Coach, die Chatzialexiou auch direkt begründete: „Wir haben heute ein gutes Spiel gemacht, ein ordentliches Spiel, gegen einen guten Gegner, der oben in der Tabelle ist“, analysierte er. Auch in den anderen bisherigen Spielen habe man „immer auf Augenhöhe gespielt.“ Irgendwann werde „dieser Knoten platzen, davon bin ich überzeugt“, erklärte Chatzialexiou.

Trotz Leistungssteigerung: Kritik an Klose

Und trotzdem ist Kritik an Klose zu vernehmen, in den sozialen Medien fordern manche Fans bereits dessen Entlassung. Die ganze Situation erinnert stark an den Auftakt der vergangenen Saison: Der FCN tat sich mit einer komplett neu zusammengestellten Mannschaft auch damals schwer, ein klarer Matchplan war zu Beginn nicht erkennbar. Der feine Unterschied: Trotz des spielerisch holprigen Starts sammelten die Nürnberger zu Beginn der Spielzeit 2024/2025 sieben Punkte in den ersten fünf Partien. In der ersten Runde des DFB-Pokals mühte man sich gegen den Drittligisten Saarbrücken, kam dank eines Sieges im Elfmeterschießen aber weiter.

In der laufenden Spielzeit hat der FCN erneut mit spielerischen Schwierigkeiten zu kämpfen, zu allem Überfluss bleiben die positiven Ergebnisse bislang aus: Nur ein Punkt aus den ersten fünf Spielen und eine Niederlage im Elfmeterschießen in der ersten Pokalrunde, dieses Mal gegen einen Regionalligisten. Aber ist die Situation wirklich so aussichtslos, wie es der Tabellenplatz vermuten lässt? Zumindest eine Leistungssteigerung war in den letzten beiden Partien zu beobachten. Gegen den SC Paderborn blieb man am vierten Spieltag erstmals ohne Gegentor, gegen den KSC erspielte man sich ein deutliches Chancenplus, „dominierte“ den Gegner sogar zeitweise, wie es Chatzialexiou nach der Partie ausdrückte.

Vorne klemmt es, hinten wird es langsam besser

Doch alle Chancen nutzen bekanntermaßen nichts, wenn sie nicht in Zählbares umgemünzt werden. Und in dieser Hinsicht hakt es gewaltig beim FCN: Mit zwei Toren stellen die Nürnberger bislang die schwächste Angriffsreihe der Liga, auch aufgrund des Chancenwuchers - 48 Torschüsse braucht der Club im Schnitt für ein Tor, so viele wie kein anderes Team. Und in Bezug auf die Qualität der Torchancen bleibt festzuhalten, dass sich die Mannschaft von Klose in den ersten vier Spielen stets weniger gute Gelegenheiten erspielt hat als ihre Gegner, zumindest dem Wert der Expected Goals des Kicker nach zu urteilen. Erstmals umdrehen konnten die Nürnberger diese Statistik gegen den KSC - 2,26 Treffer wären erwartbar gewesen, beim KSC waren es nur 0,86. Belohnt hat sich der FCN dafür nicht.

Und in der Abwehr? Mit sechs kassierten Gegentoren liegt der FCN im Mittelfeld der Liga. Zudem haben die Nürnberger nach der Niederlage in Darmstadt sukzessive weniger Chancen für statistisch erwartbare Gegentore zugelassen (Darmstadt: 1,45 xG, Münster: 1,41 xG, Paderborn: 1,23 xG, Karlsruhe: 0,86 xG). Miroslav Klose schreckte dabei vor unbequemen Entscheidungen nicht zurück; seit dem dritten Spieltag sitzt der designierte Abwehrchef Robin Knoche nur auf der Bank, außerdem überdachte der Coach sein anfängliches System und stellte von einer Dreier- auf eine Viererkette um.

Klose kann Trendwende - auch dieses Mal?

Zur wirklichen Trendwende taugen Statistiken allerdings erst, wenn sie sich auch in Punkten niederschlagen. Doch Klose hat in Nürnberg bereits bewiesen, dass er die Mannschaft aus schweren Phasen führen kann: Nach nur sieben Punkten aus den ersten sieben Spielen schaffte der FCN in der vergangenen Saison den Turnaround, holte an den Spieltagen acht, neun und zehn drei Siege in Serie - darunter ein 4:0 im Derby in Fürth und ein spektakuläres 8:3 gegen Jahn Regensburg. Zwischen den Spieltagen elf und sechzehn blieben die Nürnberger ohne Sieg, dafür folgte zwischen den Spieltagen 17 und 22 eine Serie von fünf Siegen aus sechs Spielen.

Doch schon seit längerem befindet sich der FCN ergebnistechnisch wieder in einem Tal - dem wohl tiefsten seit Kloses Amtsantritt. Saisonübergreifend gelangen in den letzten 13 Ligaspielen nur zwei Siege. Fast schon zwangsläufig ergeben sich nach Durststrecken wie diesen auch Diskussionen um den Trainer. Bei allen Treuebekundungen zu Klose muss sich Chatzialexiou - der nach der Niederlage in Karlsruhe die Hoffnung äußerte, „dass wir nächste Woche die Punkte endlich mal einfahren“ - die Frage stellen, bis zu welchem Punkt er an seinem Coach festhalten will. Und so könnte das Gastspiel in Bochum zu einem richtungsweisenden werden; nicht nur für den Saisonverlauf des FCN, sondern vor allem für die Zukunft seines Cheftrainers.