
Fußball macht glücklich, das ergab eine Studie der Uni Freiburg. Demnach weisen Menschen, die Fußball entweder im Stadion oder vor dem Fernseher schauen, eine höhere Lebenszufriedenheit auf. Ein Ergebnis, das kaum auf den 1. FC Nürnberg und dessen krisengebeutelte Fans anwendbar scheint. In der Saison 2025/26 ernüchtert der Club seine Anhänger nicht nur mit schlechten Ergebnissen, sondern auch mit schlechten Leistungen. Heißt: Für all jene, die nicht nur das Resultat nach Abpfiff lesen, sondern dessen Zustandekommen in 90 Minuten sehen mussten, kann das Fußballschauen wohl kaum zu mehr Zufriedenheit führen.
Vor einem Jahr, in der Anfangsphase der ersten Saison unter Cheftrainer Miroslav Klose, war das noch anders: Damals agierte der Club zwar ebenso ideenlos und kam nur durch Einzelleistungen oder Zufallsprodukte zu Chancen. Aber: Damals sprangen zumindest ein paar Siege und Punkte heraus, die angesichts der gebotenen Leistungen in den seltensten Fällen verdient, letztendlich aber trotzdem auf dem Punktekonto waren. Aktuell zeigt der Club aber enttäuschende, katastrophale und desolate Leistungen – und erhält die entsprechende Quittung in den Ergebnissen, die bisher vier Niederlagen aufweist.
In der Vorsaison kaschierten manche Siege die schlechten Leistungen
Bereits in der Vorsaison hat Club-Coach Klose um Geduld gebeten, bis die Automatismen greifen, die Spielidee verankert ist und die Neuzugänge angekommen sind. Und damals behielt er recht: Ab dem 3:2-Sieg über Preußen Münster und einer Systemumstellung auf Dreierkette spielte der 1. FC Nürnberg den attraktivsten Fußball der 2. Bundesliga und ließ seine Fans die wohl begeisterndste Phase der jüngeren Vergangenheit erleben. Damals war das Duell mit Münster der Wendepunkt, heuer ist es nur ein weiterer Tiefpunkt in einem fatalen Fehlstart.
Woran liegt es? Laut Klose, zumindest legen das seine Aussagen und Andeutungen zwischen den Zeilen nahe, fehlt es an Qualität im Kader. Nach der 1:2-Niederlage im Preußenstadion kündigte Sportvorstand Joti Chatzialexiou zwar Verstärkung auf der Achterposition an, stellte aber auch klar: „Die Qualität des Kaders hat aber in der zweiten Halbzeit gezeigt, dass sie da ist. Wir müssen sie halt nur abrufen.“ Wenngleich diese Aussage den Druck auf den Trainer erhöht, stärkte der Funktionär dem Coach den Rücken: Er sei froh, „dass unsere Fans zu uns halten und dem Trainer den Rücken decken. Das machen auch wir im Vorstand und im Aufsichtsrat.“ Aber: „Fußball ist ein Ergebnissport“, weiß auch Chatzialexiou. Und die Ergebnisse sprechen gegen Klose – nicht erst in dieser Spielzeit. Saison- und wettbewerbsübergreifend holte der Club nur einen Sieg in den letzten zehn Spielen. Der letzte Heimsieg datiert zurück auf den Monat März und auf das erste Zweitliga-Tor in der neuen Saison mussten die Fans bis zum dritten Spieltag warten.
Julian Justvan, der ebendieses brillant einleitete, ansonsten aber sehr blass blieb, fasste die erste Hälfte gegen Münster wie folgt zusammen: „Wir haben Münster durch unsere Fehler ins Spiel gebracht. Wir haben überhaupt nicht die Dinge auf den Platz gebracht, die wir wollten. Dadurch verschlafen wir die erste Halbzeit und verlieren dadurch dieses Spiel.“ Obwohl Chatzialexiou betonte, dass man in der 2. Bundesliga bestraft werde, wenn man nur 45 Minuten 100 Prozent gebe, genügten Preußen Münster elf Minuten, um das Spiel zu ziehen. Elf Minuten, in denen zwei Tore aus mehreren Großchancen heraussprangen. Und danach noch eine Halbzeit, in der man zwar offensiv nicht mehr stattfand, aber grundsolide verteidigte. Das genügte für das Team, das mit Alexander Ende einen neuen Cheftrainer mit einer grundsätzlich konträren Spielidee als sein Vorgänger bekam – und dennoch in seiner Entwicklung weiter schien als der 1. FC Nürnberg.
Zweite Hälfte macht Hoffnung - und offenbart weitere Probleme
Im zweiten Durchgang gewann der Club dann an Spielanteilen, an Dominanz und an Mut: „In der zweiten Halbzeit habe ich dann das gesehen, was ich von meiner Mannschaft erwarte. Wir haben da eine Dominanz erzeugt, haben uns viele Torchancen erarbeitet, können aber leider nur eine davon nutzen“, konstatierte Klose. Zur Wahrheit gehört auch, dass wenige der Chancen als Großchancen bezeichnet werden können – dass der Klose-Trupp trotz der Dominanz nur wenige zwingende Torchancen kreierte, zeugt von der Ideenlosigkeit und fehlender Durchschlagskraft. „Wir haben es verpasst, die Bälle vors Tor zu bringen und zu viel drumherum gespielt. So sind wir am Ende nicht mehr in die gefährlichen Zonen gekommen. Da müssen wir den Ball früher reinspielen und die Box mit mehr Leuten besetzen“, analysierte Torschütze Rafael Lubach. Außerdem, das ergänzte der Mittelfeldspieler, müsse man „einfach von Anfang an mit diesem Mut und diesem Willen in das Spiel reingehen“ wie es in der zweiten Hälfte der Fall war. Und Vorlagengeber Justvan gab zu Protokoll: „Es liegt an uns Spielern. Wir müssen uns hinterfragen.“
Man weiß also, woran man ansetzen kann und muss – wobei diese Lösungen so simpel und naheliegend klingen und gleichzeitig unglaublich schwer und mit jeder Niederlage noch schwerer umzusetzen sind. Klose stellte klar: „Natürlich wird der Druck durch die Niederlagen nicht weniger. Aber wir dürfen nicht zu hektisch werden, das haben wir heute gesehen. Wir können uns Chancen herausspielen und Tore erzielen.“
Auch in der Vorsaison tat sich der Club an den ersten Spieltagen schwer, sich Chancen zu erarbeiten - um dann im Herbst einen Chancenwucher nach dem anderen zu kreieren. In Nürnberg hofft man, dass ein ähnlicher Befreiungsschlag wie im Vorjahr gelingt - möglichst früh, damit Fußballschauen in Nürnberg auch wieder zu Zufriedenheit statt zu Enttäuschung führt.