Nürnberg - Der Aufschrei in ganz Deutschland ist immens: Dienstagnachmittag gab der Tiergarten offiziell bekannt, dass man zwölf Paviane getötet habe. Am Abend schwappte der Hass im Netz dann plötzlich auf Privatpersonen über - eine Betroffene berichtet.

Es ist ein Vorfall, der aktuell deutschlandweit für große Aufregung sorgt: Der Nürnberger Tiergarten hat am Dienstag (29. Juli 2025) die eigene Pavian-Population verkleinert. Wie die Verantwortlichen in einer Stellungnahme bekannt gaben, seien zwölf Tiere durch einen „Kugelschuss“ getötet worden.

Zuvor gaben die Verantwortlichen in den Morgenstunden überraschend bekannt, dass die Anlage aus betrieblichen Gründen geschlossen bleibe. Mehr Informationen gab es nicht, anschließend mauerte man gemeinsam mit der Stadt über Stunden. Vor dem Eingang fuhr derweil ein Großaufgebot der Polizei auf, um Demonstrantinnen und Demonstranten zu überwachen, die sich vor dem Areal positioniert hatten. Schnell machten die ersten Gerüchte die Runde – hier könnten heute wirklich Paviane getötet werden.

Auch das Bayerische Unterstützungskommando (USK) war unter anderem im Einsatz. Zwischenzeitlich versuchten Personen, das Gelände zu stürmen. Die Polizei habe deshalb auch Demonstranten zwischenzeitlich festgenommen, teilt das Präsidium Mittelfranken mit. Gegen 16 Uhr wurde dann das verkündet, was die Aktivisten und Aktivistinnen befürchtet hatten: Der Park hatte geschlossen, weil zwölf Tiere an diesem Tag getötet wurden.

Weil man dies den Tieren nicht nach einem langen Arbeitstag abends zumuten wollte und auch, weil man massive Sicherheitsbedenken hatte, hätte man die Aktion vorher angekündigt, erklären die Verantwortlichen rund um Tiergartendirektor Dr. Dag Encke am Abend während einer Pressekonferenz.

Erstmals hatte der Tiergarten im Februar 2024 über seine problematische Pavian-Population gesprochen.

Im Internet brach in Windeseile ein wahrer Shitstorm aus. Der Tiergarten sah sich massiven Anfeindungen ausgesetzt. Während ein Foto auf Instagram in der Regel um die 100 Kommentare erhielt, waren es Dienstagabend (29. Juli 2025) über 1100 Kommentare – unter nur einem einzigen Foto.

Hass schwappt auf Privatpersonen über

Der Hass im Netz schlug dann aber auch plötzlich auf Privatpersonen über. So sind nordbayern.de mehrere Beispiele bekannt, in denen beispielsweise Fotografen, die im Netz Aufnahmen aus dem Tiergarten teilen, massiv angefeindet und beleidigt werden. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt: Bei den Aufnahmen handelt es sich um juristisch einwandfreie Bilder, die während der Öffnungszeiten im Tiergarten aufgenommen wurden, nachdem man sich eine Eintrittskarte gekauft hatte.

Aus Angst, noch mehr Hass auf die eigene Person und den Account zu lenken, will die Mehrheit dieser Beispiele nicht öffentlich mit Namen darüber sprechen.

Fotografin setzt sich zur Wehr

Eine Frau, die sich jedoch proaktiv zur Wehr setzt, ist Benita M. Auch sie teilt seit Jahren im Netz regelmäßig Aufnahmen aus dem Tiergarten mit ihren Followerinnen und Followern. Sie selbst besitzt eine Jahreskarte und erhält auch viel Zuspruch für ihre Bilder. Schon Jahre, bevor das Pavian-Thema Schlagzeilen machte, war und ist Benita M. begeisterte Tierfotografin.

Dienstagabend kippte dann die Stimmung jedoch akut und plötzlich auch auf ihrem Account. Unter zahlreichen Bildern erhält Benita plötzlich Hasskommentare. Weil die Anfeindungen immer massiver werden, entschließt sie sich schließlich, die Kommentarfunktion unter ihren Bildern vorübergehend zu deaktivieren.

2025-07-30_00-03_collage
Nur ein Auszug von dem, was auf dem Account von Benita M. seit Dienstagabend (29. Juli 2025) passiert. © Benita M.

Jetzt switchen zahlreiche Accounts jedoch in ihre privaten Nachrichten. Auch hier sieht sich die Fotografin aus Mittelfranken dann massiven Anfeindungen sowie auch Beleidigungen ausgesetzt. Aktuell hat Benita M. ihren Account deswegen auf privat gestellt. nordbayern.de liegen mehrere Beispiele vor, die zeigen, dass dies derzeit kein Einzelfall ist. Schwappt der Hass aus dem Netz, der vor allem den Tiergarten massiv trifft und traf, nun also auch auf Privatpersonen über?

Direkt erneute Proteste?

Die Verantwortlichen im Tiergarten selbst rechnen derweil auch am Mittwoch (30. Juli 2025) mit weiteren Protesten. Man plane definitiv ein, dass Menschen nach der Wiedereröffnung plötzlich demonstrieren, nachdem sie den Tiergarten betreten haben. Man werde diese Personen dann aber auch sofort „legal entfernen, wenn diese sich daneben benehmen“, lässt Dag Encke im Rahmen dieser Pressekonferenz ebenfalls verlauten.

Was bei diesem Termin außerdem publik wurde: Noch immer würden sich zu viele Tiere in dem Gehege befinden. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass es zu einem ähnlichen Handeln noch einmal kommen könnte. Einmal mehr stand Nürnberg an diesem Tag weit über die Burgmauern hinaus in den Schlagzeilen. Zahlreiche große Medienunternehmen quer durch die Bundesrepublik machten mit der Tötung publik auf.

Es wird weiter viel Dialoge und Erklärungsversuche benötigen, um nicht noch mehr Hass – vor allem im Netz – zu entfachen, der in Nürnberg nun auch nachweislich auf Privatpersonen überschwappt.