
In den letzten Jahren hörten die Club-Fans im Max-Morlock-Stadion vor Eckbällen das Brutzeln kleiner Nürnberger Rostbratwürstchen, das Zischen eines frischen Biers oder das Klirren anstoßender Gläser. Doch damit ist zur neuen Saison Schluss: Künftig präsentiert Nürnbergs neuer „Premium-Partner“ Saab die Eckbälle im Max-Morlock-Stadion. Wird also bald das Donnern vorbei jagender Kampfjets aus den Stadionlautsprechern dröhnen?
Warum Kampfjets? Saab ist längst kein Autohersteller mehr. Heute entwickelt das schwedische Unternehmen Hightech für den Kriegseinsatz: Kampfflugzeuge, Torpedos, Bodenwaffen. Ein Konzern, der wirtschaftlich von geopolitischen Spannungen und militärischen Konflikten profitiert. Wie ein solcher Rüstungskonzern zum Leitbild des 1. FC Nürnberg passen soll – diese Frage stellt sich ein Teil der Fans seit Bekanntgabe des Deals.
„Sport muss Abstand zur Gewalt haben“, fordert ein FCN-Fan auf Social Media. Nicht nur ein Teil der Anhängerinnen und Anhänger ist empört, auch die Bundestagsabgeordnete Evelyn Schötz (Die Linke) kritisierte den Deal: „Fußball braucht keine Bomben. Fußball braucht Mut zur Haltung.“ Die Kreisrätin im Nürnberger Land forderte den FCN auf, die Partnerschaft wieder zu beenden und sich auf das zu besinnen, was den Verein ausmache: Leidenschaft, Zusammenhalt und Menschlichkeit. „Diese Partnerschaft sendet ein fatales Signal, gerade in Zeiten wachsender internationaler Spannungen“, so Schötz.
Nun hat der Verein auf die Kritik reagiert. Der Club betont, seine Werte blieben unangetastet: „Unsere Haltung gegen Gewalt, für Fairness, Toleranz und Respekt bleibt unverändert. Ein Sponsoring eines Technologieunternehmens, das auch im Verteidigungssektor tätig ist, ändert nichts an unserer Grundausrichtung“, versichert der Verein auf nordbayern-Nachfrage. Man verstehe sich weiterhin als Verein mit gesellschaftlichem Bewusstsein, gleichzeitig sei die wirtschaftliche Unterstützung durch Partnerunternehmen von großer Bedeutung.
Widerspruch zum Leitbild des FCN
Im Leitbild des 1. FC Nürnberg heißt es, man wolle der „nachhaltigste Fußballclub der Welt in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht“ werden. Ein Teil der Anhängerschaft sieht mit der neuen Partnerschaft das Leitbild untergraben und einen Widerspruch zu den Werten des Vereins. Kriege seien weder aus ökologischer, ökonomischer noch sozialer Sicht vertretbar oder gar sinnvoll, wird angemerkt.
Angesprochen auf diesen Widerspruch reagierte der Verein so: „Wir verstehen, dass es dazu unterschiedliche Meinungen gibt und respektieren natürlich jede kritische Stimme. Uns war und ist wichtig, diesen Schritt nicht leichtfertig zu gehen.“ Man lebe in einer Zeit, in der Sicherheits- und Verteidigungsfragen gesamtgesellschaftlich diskutiert werden. Saab sei ein international tätiges Unternehmen, das in einem rechtlich und ethisch regulierten Rahmen agiere. „Als Verein reflektieren wir unsere gesellschaftliche Verantwortung – genau deshalb kommunizieren wir diese Partnerschaft offen und transparent.“
Sportswashing beim FCN?
Der Deal sei Sportswashing, lautete ein weiterer Vorwurf in den vergangenen Tagen. Der Verein verkaufe seine Werte an einen Waffenhersteller und biete ihm die Möglichkeit, von seinem problematischen Geschäftsmodell abzulenken.
Auch den Vorwurf des Sportwashings hat man beim FCN vernommen. „Wir nehmen solche Bedenken ernst. Der intensive Austausch mit Saab im Vorfeld hat uns gezeigt, dass diese Partnerschaft nicht als Imagekampagne angelegt ist“, teilte der Verein auf Nachfrage unserer Redaktion mit.
Kritiker werfen dem Club außerdem vor, mit der Partnerschaft zur Normalisierung von militärischen Themen in einem Umfeld beizutragen, in dem auch viele Kinder und Jugendliche präsent sind. Hier beschwichtigt der Club: Die Partnerschaft basiere auf Präsenzrechten und gemeinsamer Kommunikation, nicht auf Produktpräsentationen. „Wir treten weder als Unterstützer bestimmter Rüstungsprojekte auf, noch werben wir für deren Produkte.“
Damit ist auch klar: Kampfjets werden vor Eckbällen weder über die Stadionleinwände fliegen, noch aus den Lautsprechern dröhnen. Der Verein betonte auf Nachfrage: „Im Rahmen der Partnerschaft wurde eine Sichtbarkeit vereinbart, die selbstverständlich ohne martialische Bildsprache oder Produktwerbung für militärisches Gerät auskommen wird. Die Inhalte konzentrieren sich auf Arbeitgeberattraktivität, Technologiekompetenz und Unternehmenswerte.“