Fürth - Zum Debüt als Cheftrainer der Spielvereinigung hat Heiko Vogel direkt ein dickes Brett vor der Brust: Das 275. Frankenderby steht an - für das Kleeblatt geht es im Prestigeduell um wichtige Zähler im Abstiegskampf.

Für alle, die es mit dem Kleeblatt halten, gerieten die letzten beiden Frankenderbys zu einer Katastrophe nahezu biblischen Ausmaßes: Zwei krachende Niederlagen, insgesamt 0:7 Tore - eine sportliche Machtdemonstration des ungeliebten Nachbarn aus Nürnberg. Und eine Zäsur: Seit den 1970er-Jahren hatte die Spielvereinigung keine zwei Derbys in einer Saison mehr verloren. Der Schockeffekt war umso größer, weil in den Jahren zuvor das Kleeblatt oft die Nase vorn hatte. „Und schon wieder Derbysieger Kleeblatt Fürth“, schallte es regelmäßig von den Tribünen im Ronhof - und nicht selten aus dem Gästeblock im Max-Morlock-Stadion. Dieses Selbstverständnis hat in der abgelaufenen Spielzeit einen empfindlichen Dämpfer erlitten.

Die Bilanz

Zugegebenermaßen, bei diesem Selbstverständnis handelte es sich um ein Phänomen aus der jüngeren Vergangenheit. Die Gesamtbilanz im Frankenderby spricht recht klar für Nürnberg: Von 274 Partien konnte der FCN 142 für sich entscheiden, das Kleeblatt durfte „nur“ 82 Mal jubeln. 50 Mal teilten sich beide Vereine die Punkte. Richtet man den Fokus auf die Ergebnisse aus der jüngeren Vergangenheit, zeigt sich jedoch ein anderes Bild.

Betrachtet man etwa die Aufeinandertreffen in der eingleisigen zweiten Bundesliga (erstes Frankenderby in der Spielklasse im Oktober 1997) isoliert, geht es schon deutlich knapper zu: In 38 Partien trugen die Nürnberger 14 Siege davon, das Kleeblatt zwölf, ebenso viele Partien endeten unentschieden. Und beschränkt man sich auf die letzten 20 Aufeinandertreffen beider Vereine, führt die Spielvereinigung die Statistik an: Zehn Siege stehen fünf Niederlagen gegenüber, bei fünf Spielen gab es keinen Sieger.

Die Ausgangslage

Die jüngere Entwicklung der Derbystatistik spiegelte sich zuletzt auch oft in der Tabelle wider: Zwischen der Saison 2019/2020, der Spielzeit nach dem letzten Bundesligaabstieg des 1. FC Nürnberg, und der Saison 2023/2024 landete das Kleeblatt stets vor dem ewigen Rivalen in der Tabelle, spielte in der Saison 2021/2022 sogar erstmals in der langen Geschichte beider Vereine eine Liga höher als die Nürnberger. Entsprechend gingen die Fürther in den letzten Jahren oft mehr oder weniger favorisiert in die Duelle mit dem FCN.

Seit der letzten Saison jedoch kann davon keine Rede mehr sein. Das Kleeblatt verlor nicht nur die beiden Derbys eindeutig, sondern verhinderte gerade so den Absturz in die Drittklassigkeit. Ein Szenario, das aktuell schon wieder drohend über dem Verein schwebt: Die Spielvereinigung geht mit nur 13 Punkten aus 14 Spielen als Vorletzter der Tabelle ins fränkische Kräftemessen, der 1. FC Nürnberg hat fünf Zähler mehr auf dem Konto und rangiert im Mittelfeld der Tabelle - die Schwarz-Roten gehen somit als Favorit ins 275. Frankenderby.

Der Gegner

Dass der 1. FC Nürnberg sich in einer tabellarisch deutlich entspannteren Situation befindet, liegt auch an der Entwicklung der vergangenen Wochen. Eigentlich erwischte der FCN einen regelrechten Horrorstart in die Saison: Nach fünf Spieltagen lag die Elf von Cheftrainer Miroslav Klose mit nur einem Punkt auf dem letzten Tabellenplatz. Doch die Nürnberger stabilisierten sich, blieben vor dem vergangenen Spieltag sechsmal am Stück ungeschlagen und kletterten aus dem Tabellenkeller. Zuletzt setzte es mit dem 0:3 bei Tabellenschlusslicht Magdeburg aber wieder einen Dämpfer.

Das macht Hoffnung

Anlass für überborgenden Optimismus liefern die Ergebnisse des vergangenen Spieltags aber nicht, verlor das Kleeblatt doch am selben Tag wie der FCN mit 0:3 gegen den VfL Bochum. Die Verantwortlichen bei der Spielvereinigung hatten genug gesehen, entbanden Thomas Kleine von seinen Aufgaben als Cheftrainer und engagierten Heiko Vogel als Nachfolger. Ein Umstand, der schon eher das Zeug zum Mutmacher hat, denn der viel zitierte „Trainereffekt“ greift am Laubenweg in schöner Regelmäßigkeit: Von den letzten zehn Fürther Cheftrainern - Interimscoaches inbegriffen - haben nur zwei ihr Auftaktspiel verloren. Auch Vogels persönliche Bilanz fällt in dieser Hinsicht positiv, wenn auch nicht fleckenfrei aus: Sechs Trainerstationen hat der 50-Jährige im Herrenbereich bislang vorzuweisen, viermal blieb er dabei zum Auftakt ohne Niederlage.

Das Personal

Im Kampf um dringend benötigte Punkte im Abstiegskampf muss das Kleeblatt auf David Abrangao verzichten, der wohl bis zur Winterpause ausfallen wird. Weiterhin fehlen Marco John und Brynjar Bjarnason sowie die Langzeitverletzten Noah König und Sacha Bansé.

Auch der FCN kämpft mit Personalsorgen: Adam Markhiev, das wichtige Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff im Nürnberger Spiel, verpasste verletzungsbedingt die Partie gegen Magdeburg am vergangenen Spieltag, sein Einsatz gegen das Kleeblatt ist fraglich. Zudem fehlt Rafael Lubach, bester Torschütze der Nürnberger, wegen einer Gelb-Rot-Sperre.

Die Eckdaten

Anstoß der Partie im Max-Morlock-Stadion ist am Sonntag um 13.30 Uhr. Schiedsrichter Lars Erbst wird die Partie leiten, der 31-Jährige ist hauptberuflich als Industriekaufmann tätig und wohnt im baden-württembergischen Gerlingen. Erbst hat erst sechs Spiele in der 2. Bundesliga gepfiffen - und dabei 23 Gelbe Karten verteilt. Einen Platzverweis hat er noch nicht ausgesprochen.

Seine Assistenten heißen Manuel Bergmann und Cengiz Kabalakli. Vierter Offizieller der Partie ist Dominik Schaal. Im „Kölner Keller“ sitzen Günter Perl und seine Assistentin Hussein Riem.

In voller Länge wird das Spiel wie immer bei Sky übertragen, die Sportschau und das Kleeblatt-Radio sind mit einem Audio-Livestream mit von der Partie.