Nürnberg/Fürth/Erlangen - Gewalt gegen Frauen nimmt zu: Am 25. November machen die Vereinten Nationen mit dem „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen“ auf den Missstand aufmerksam. Diese Hilfsangebote gibt es in der Region.

Wie das am 21. November vom Bundeskriminalamt veröffentlichte Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2024“ verdeutlicht, stiegen die polizeilich erfassten Zahlen an Opfern von Gewalt gegen Frauen in Deutschland im vergangenen Jahr weiter an. Gewalt an Frauen hat hierbei viele Facetten und in den meisten Kategorien verzeichnete das BKA einen Anstieg an erfassten Straftaten.

Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität wurden durch die Polizei im vergangenen Jahr 558 frauenfeindliche Straftaten registriert, was einem Anstieg von 73,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, so das BKA. Knapp die Hälfte der Delikte entfällt auf den Straftatbestand Beleidigung. Bei den registrierten 39 Gewaltdelikten handelt es sich in den meisten Fällen um Körperverletzungen. 2024 wurde in diesem Zusammenhang ein versuchtes Tötungsdelikt erfasst.

Bei Sexualstraftaten wurden 53.451 weibliche Opfer erfasst, eine Zunahme um 2,1 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023. Die meisten dieser Frauen und Mädchen wurden Opfer von sexueller Belästigung (36,4 %), Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellem Übergriff (insgesamt 35,7 %) sowie sexuellem Missbrauch von Kindern, Jugendlichen und von Schutzbefohlenen ab 14 Jahren (27,5 %).

Die weit überwiegende Anzahl der Tatverdächtigen bei Fällen mit mindestens einem weiblichen Opfer der Fallgruppe Sexualstraftaten ist männlich. Über ein Viertel der Tatverdächtigen war unter 21 Jahre alt.

Im Bereich der häuslichen Gewalt wurden 187.128 weibliche Opfer erfasst – 3,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Kategorie „Delikte häuslicher Gewalt“ umfasst sowohl Gewalt innerhalb von Familien als auch Partnerschaftsgewalt, unabhängig davon, ob die Beteiligten zusammenleben oder nicht. Ein gemeinsames Merkmal aller Fälle häuslicher Gewalt ist die persönliche Beziehung zwischen den Tatverdächtigen und den Opfern.

In der Fallgruppe Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung wurden 593 weibliche Opfer registriert, 0,3 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Von digitaler Gewalt waren 18.224 Frauen betroffen, 6,0 Prozent mehr als im Jahr 2023. 308 Tötungsdelikte an Frauen im Kontext von Partnerschaftsgewalt wurden von der Polizei registriert, 32 weniger als im Jahr zuvor (-9,4 Prozent), fasst das BKA zusammen.

Von digitaler Gewalt waren 18.224 Frauen betroffen, 6,0 Prozent mehr als im Jahr 2023. Zu den Formen digitaler Gewalt gehören unter anderem „Cyberstalking“ und „Cybergrooming“. Cyberstalking bezeichnet das Nachstellen oder Überwachen einer Person mithilfe digitaler Technologien, während Cybergrooming das Einwirken auf ein Kind mittels Schriften oder Informations- oder Kommunikationstechnologie mit dem Ziel der Anbahnung eines sexuellen Missbrauchs beschreibt.

Digitale Gewalt tritt häufig gemeinsam mit analoger Gewalt auf und kann – insbesondere im geschlechtsspezifischen Kontext – als Erweiterung analoger Gewalt gesehen werden. Die psychischen und sozialen Folgen sind oft gravierend: Neben Angst, Scham, Kontrollverlust und sozialer Isolation berichten Betroffene von starker psychischer Belastung bis hin zu Depressionen, post-traumatischen Symptomen und langfristigen Vertrauensverlusten.

Gewalthilfegesetz: Anspruch auf Schutz und Beratung

Bislang können Betroffene von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt nur darauf hoffen, dass ihnen geholfen wird und genügend Kapazitäten, etwa in Frauenhäusern, vorhanden sind. Ab 2032 sollen Frauen auch per Gesetz einen Anspruch auf Schutz vor Gewalt erhalten. Für das neue Gewalthilfegesetz will der Bund die Länder mit Milliarden unterstützen. Der Bundesrat stimmte bereits im Februar zu. Mit dem Gesetz werden die Länder künftig dazu verpflichtet, ausreichend Schutz- und Beratungsangebote zu schaffen. Sie erhalten dafür vom Bund zwischen 2027 und 2036 insgesamt 2,6 Milliarden Euro. Der Rechtsanspruch auf kostenlosen Schutz und Beratung soll ab 1. Januar 2032 greifen.

Gewalthilfegesetz in Bayern - Freistaat startet Bedarfsabfrage

Das neue Gewalthilfegesetz des Bundes wird auch in Bayern umgesetzt. Dazu startet das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales nun eine Bedarfsabfrage, wie aus einer Pressemitteilung vom 14. November 2025 hervorgeht. „Für die weiteren Planungen ist eine Erfassung aller Einrichtungen nötig, die Beratung und Schutz für Frauen anbieten, die von häuslicher oder geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind. Dies umfasst Angebote gegen häusliche Gewalt genauso wie im Bereich weibliche Genitalverstümmelung, Zwangsheirat und Menschenhandel zum Zwecke sexueller Ausbeutung“, heißt es darin seitens Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf.

Ab 2027 geht die Finanzierungs- und Sicherstellungsverantwortung für das Frauenhilfesystem auf die Länder über. Um die vorhandenen Hilfsangebote erfassen und analysieren zu können, hat im Auftrag des Bayerischen Sozialministeriums die Hochschule München einen Online-Fragebogen veröffentlicht. Darüber können alle Einrichtungen des Frauengewaltschutzsystems in Bayern bis Dienstag, 9. Dezember, ihre Angebote mitteilen. Der Fragebogen richtet sich an alle Einrichtungen – explizit auch an jene, die bislang keine staatliche Förderung erhalten.

Scharf bittet die Einrichtungen, sich rege an der Abfrage zu beteiligen: „Damit wir einen umfassenden Überblick über die Angebote in Bayern bekommen, ist eine hohe Beteiligung der Fachpraxis von entscheidender Bedeutung. Wir bitten daher alle Einrichtungen und Fachkräfte um eine aktive Teilnahme an der Umfrage. Ihre Mithilfe ist entscheidend, damit wir gemeinsam die Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen in Bayern weiter verbessern können.“

Ein Streitpunkt bei den schwierigen Verhandlungen über das Gesetz war unter anderem die Frage, ob der künftige Schutzanspruch auch Transfrauen und von Gewalt betroffene Männer umfassen solle. SPD und Grüne hatten sich dafür eingesetzt, die Union lehnte das ab - und setzte sich damit letztlich durch.

Zentrum gegen Häusliche Gewalt Fürth

Das Zentrum gegen häusliche Gewalt Fürth, das bis Juli 2025 unter dem Namen Frauenhaus Fürth bekannt war, bietet umfangreiche Unterstützung für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder.

Das Haus bietet Schlaf-, Gemeinschaftsräume und Kinderspielzimmer als vorübergehende Wohnmöglichkeit an. Das Frauenhaus ist gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden, Schulen und Kindergarten befinden sich in der Nähe. Jede Frau bewohnt mit ihren Kindern ein Zimmer. Bäder, Küche, Wohnzimmer teilt sie sich mit den anderen Bewohnerinnen.

Das Telefon ist unter der Nummer (0911) 729008 Tag und Nacht besetzt. Per Mail ist das Zentrum unter info@zghg-fuerth.de zu erreichen.

Von Gewalt betroffen? Diese Hilfsangebote gibt es in der Region Mittelfranken noch

In Nürnberg gibt es verschiedene Hilfsangebote für von Gewalt betroffenen Frauen. Eine Übersicht findet sich hier. Darunter das Mädchen und Frauen FachForum in MuFFFiN, der Verein AURA, welcher Frauen und Mädchen hilft sich vor Gewalt zu schützen, diverse internationale Angebote speziell für Frauen, LILITH e.V., eine Drogenhilfe für Frauen und Kinder sowie der Verein Hilfe für Frauen in Not. Diese ist rund um die Uhr auch telefonisch unter der (0911) 33 39 15 sowie per Mail über info@frauenhaus-nbg.de erreichbar.

In Erlangen gibt es die Beratungsstelle des Frauenhauses Erlangen. Diese steht allen Frauen offen, die Informationen zu Frauenrechten, Beratung und Unterstützung möchten. Auch hier ist die Beratung parteilich, kostenlos und anonym. Bei Bedarf können Übersetzer hinzugezogen werden. Sie erreichen das Frauenhaus Erlangen unter der Nummer (09131) 25872 oder unter info@frauenhaus-erlangen.de.

Das allgemeine bundesweite Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist unter der (08000) 116016 zu erreichen. Auch hier gibt es die Möglichkeit, rund um die Uhr anonym und vertraulich Kontakt zu Beraterinnen aufzunehmen. Die Beratung kann auch über einen Online-Chat oder per E-Mail erfolgen.

Auch der Weiße Ring, einer Hilfsorganisation für Kriminalitätsopfer, kann Frauen in Not Hilfe leisten. In Nürnberg erreicht man diesen unter anderem unter nuernberg@mail.weisser-ring.de oder unter Nummer 116 006.

Demo zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen ist ein seit 1981 am 25. November jährlich abgehaltener Gedenk- und Aktionstag zur Bekämpfung von Diskriminierung und Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen. Ebenfalls am 25. November startet regelmäßig die UN-Kampagne „Orange the World“, mit der bis zum 10. Dezember, dem Internationalen Tag der Menschenrechte, auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam gemacht wird.

Wie jedes Jahr ruft das „8. März Bündnis Nürnberg“ am Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen zu einer Demonstration auf. Die Demonstration am 25. November beginnt mit einer Auftaktkundgebung um 18 Uhr an der Lorenzkirche, führt durch die Innenstadt bis hin zum Plärrer, zum Hauptbahnhof und von dort zurück zur Lorenzkirche. „Die Kundgebung ist für alle offen, die Demo nur für Frauen, Inter* und Transpersonen“, so das Bündnis in einer Pressemitteilung. Das Bündnis mobilisierte zuletzt rund 800 Menschen und ist mit einer Zusammensetzung von revolutionären Organisationen, über Frauenschutzeinrichtungen bis hin zu gewerkschaftlichen Akteuren aufgestellt.