Nürnberg - Unruhe beim 1. FC Nürnberg: Wenige Tage vor der Jahreshauptversammlung beim Club sorgt eine Buchprüfung laut Medienberichten für Brisanz. Was es damit auf sich hat, lesen Sie hier.

Eigentlich könnte die anstehende Jahreshauptversammlung des 1. FC Nürnberg am Dienstag recht harmonisch ablaufen: Nach einem fatalen Saisonstart hat sich der Club zuletzt stabilisiert, ist seit fünf Spielen ungeschlagen und steht zudem vor der Verlängerung mit dem Cheftrainer Miroslav Klose.

Für Diskussionsstoff könnte allerdings ein delikater Verdacht sorgen: Nach Informationen des Kicker soll der Verdacht der unrichtigen Lohnsteueranmeldungen vorliegen. Konkret soll es um eine fehlerhafte Versteuerung von gratis herausgegebenen Ehrenkarten gehen.

Ebenso unklar ist, ob sich die handelnden Personen beim 1. FC Nürnberg tatsächlich strafbar gemacht haben, oder ob es sich um ein Missverständnis beziehungsweise eine Falschmeldung handelt. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Viele Fragen offen

Während die Untersuchungen andauern, halten sich die Verantwortlichen bedeckt. Der Club äußerte sich bisher nicht zum laufenden Verfahren, sondern ließ auf Anfrage unserer Redaktion lediglich verlauten: „Für unseren Verein hat die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Bereich der steuerlichen Compliance, oberste Priorität. Wir stehen hierzu in regelmäßigem und konstruktivem Austausch mit den zuständigen Behörden. Zu einzelnen Vorgängen können wir keine Auskünfte erteilen. Wir bitten um Verständnis.“

Dadurch bleiben einige Fragen offen: „Ist der Sachverhalt im Zuge einer Betriebsprüfung aufgefallen? Hat der FCN eine Selbstanzeige gestellt? Wer ist zuständig und zeichnungsberechtigt für die Steuererklärung? Gibt es ein funktionierendes Tax-Compliance-Konzept? Welche Jahre sind betroffen und um welche Finanz-Volumina handelt es sich? Ist der Aufsichtsrat von diesem Sachverhalt bereits in Kenntnis gesetzt worden?“, fragt der Kicker.

Antworten auf diese brisanten Fragen muss der dreiköpfige Vorstand um Joti Chatzialexiou, Niels Rossow und Stefan Heim wohl spätestens bei der Jahreshauptversammlung finden.

„Wichtig ist nur, dass sie jemand versteuert“

Finanzexperte Martin Schüttler, der schon für den SV Werder Bremen und die Europameisterschaft 2024 im Finanzwesen arbeitete, wagte auf dem Karriere- und Netzwerk-Portal LinkedIn eine erste Einordnung: „Das Thema mit den VIP-Karten ist in jedem Bundesligaclub ein Thema und seit Jahren auf dem Radar von Finanzämtern. Entweder man übernimmt die Steuer oder die Privatperson, die diese Ehrenkarte erhält versteuert sie. Wichtig ist nur, dass sie jemand versteuert, weil das Finanzamt gerne das Geld will.“

Benni Hofmann, der zuständige Journalist des Kicker, antwortete: „Mich wundert es aber, dass ein professioneller Fußballverein die Thematik nicht im Griff zu haben scheint.“

Günther Koch ist „sprachlos“

Radiolegende und Club-Mitglied Günther Koch zeigte sich erschüttert angesichts der in den Medien kursierenden Verdachtsäußerungen gegen den 1. FC Nürnberg: „Ich bin sprachlos und das kommt selten vor. Ich erhoffe Aufklärung bei der Jahreshauptversammlung. Das, was bisher gesagt wird, ist keine Antwort, sondern nur ein Schutzschild. Die Mitglieder werden morgen nachbohren.“ Besonders stört den 83-Jährigen das Verhalten des Kontrollgremiums, dem er selbst einst angehörte: „Am meisten wundert mich, dass der Aufsichtsrat bei solch schweren Vorwürfen stumm bleibt. Da mache ich mir Sorgen um den Aufsichtsrat.“

Ganz allgemein erwartet Koch bei der anstehenden Jahreshauptversammlung am Dienstag „Aufklärung und Fakten“, fordert mit mehreren Anträgen auch „Transparenz und Mitbestimmung insbesondere bei den Tochtergesellschaften“. Konkret erklärte er im Gespräch: „Mit geht es darum, dass der eingetragene Verein nicht nur auf dem Papier besteht, sondern auch die Mitglieder informiert werden und mitbestimmen.“

Angesichts des von Vorstand und Aufsichtsrat geplanten Ergebnisabführungsvertrags zwischen dem eingetragenen Verein und seiner Marketing-GmbH, aber auch vor dem Hintergrund des möglichen Steuerärgers konstatierte Koch: „Mir geht‘s um den Erhalt des eingetragenen Vereins, den ich bedroht sehe, wenn eine solche Geheimpolitik gemacht wird. Der Verein darf kein Geheimklub sein, sondern muss transparent agieren.“