
Nur das Kuhglockengeläut bricht an diesem Vormittag die Stille. Entgegen der Prognose ist der Himmel aufgerissen, Regenwolken zieren das Panorama. Die kleinen Jungs, die sich beim Almfrühstück auf der Edelsberghütte eben die Bäuche mit Weißwurst, Käse und Brezen vollgeschlagen haben, lassen sich ins feuchte Gras plumpsen. Sogar der Wanderfaule der beiden bekennt nach diesen vier Tagen auf Bergen, in Tälern, im Waldseilgarten und dem Viehscheid: „Das ist schon sehr schön hier.“
Hier: Das ist Pfronten im Allgäu. Das 7700-Einwohner-Städtchen am Nordrand der Allgäuer Alpen ist von Nürnberg aus in etwas über drei Stunden zu erreichen, auf der Bundesstraße 2 geht es gemütlich an Weißenburg und Augsburg vorbei den Bergen entgegen: Dem 1985 Meter hohen Aggenstein, dem 1838 Meter hohen Breitenberg, dem 1881 Meter hohen Tegelberg.
„Eher Winter- statt Ski-Tourismus“
Einst war Pfronten stolzer Ski-Ort mit Welt-Cup-Abfahrten, in Folge des Klimawandels und des damit einhergehenden Schneemangels hat sich auch der Tourismus verändert. „Kein Drama“, sagt Tourismus-Manager Julian Knacker. Denn in Pfronten betreibe man längst „eher Winter- statt Ski-Tourismus“. Die Gäste gehen Winterwandern, sausen auf Holzschlitten Deutschlands längste Naturrodelbahn hinab oder steigen im kleinen, bei Schneemangel beschneiten Familiengebiet, auf die Skier. Ein Drittel der Gäste, so erzählt Knacker, kommen im Winter - der Rest verteilt sich auf die übrigen Jahreszeiten.
Pfronten definiert sich jedoch nicht nur als Ganzjahresdestination, sondern bewusst auch als eine, die sowohl Alt als auch Jung etwas bieten will. Das zeigt sich auch an der Ausgestaltung einiger Wanderwege.
Beispiel Juwelenweg: Nachdem wir mit der Gondel zur Mittelstation gefahren und dort auf den Sessellift der Hochalpbahn umgestiegen sind, beginnen wir - nach einem Abstecher auf die etwas höher gelegene Ostlerhütte - mit dem Abstieg des Breitenbergs. Murmeltiere blicken uns aus höher gelegenen Wiesen nach, Gämsen stehen stattlich in Geröllbahnen.
Um die Motivation der kleinen Mitwanderer zu halten, können sie voran sausen und auf Entdeckungsreise gehen. Auf bunten Schautafeln wird die Geschichte des Pfront‘ner Jungen Magnus und dessen Abenteuer mit dem sogenannten Venedigermännlein erzählt, einem kleinen Gesellen mit Blatthut. Dabei erfahren (auch die Großen) viel über die umgebende Flora und Fauna. Auf dem 2,5 Kilometer langen Weg zur Hochalphütte gibt es außerdem immer wieder Spielstationen, in denen die Kinder wippen oder balancieren können.
Viele Schätze und zwei Bier am Ende des Wegs
Das Highlight nach 194 hinabgestiegenen Höhenmetern: Der große Schatzspielplatz, an dem aus Kies kleine Naturjuwelen ausgewaschen und mit nach Hause genommen werden dürfen. Die Eltern können derweil auf Liegebänken bei einem Bier die Aussicht auf den Aggenstein genießen.
Wer die Wanderlust seines Nachwuchses nicht überstrapazieren will, der findet in Pfronten zahlreiche Möglichkeiten: Im Heimathaus, in der „der Grenzerer“ Hans Häckel über die einst von Leinen und Feinmechanik geprägte Vergangenheit des Ortes erzählt, in teils schwindelerregender Höhe im Waldseilgarten „Höllschlucht“, bei bis zu 40 km/h-schneller Abfahrt im AlpspitzCoaster im benachbarten Nesselwang oder beim gemeinsamen Töpfern in der Werkstatt von Judith Lomba.
Ein Highlight im Pfrontener Kalender sind die „Viehscheid Däg“. So nennen die Einheimischen jene Tage im September, in denen die Kühe von den Sommeralmen ins Tal getrieben werden, um am Festplatz „geschieden“ und ihren Bauern zugewiesen zu werden. Die prächtig geschmückten Kranzkühe gehen voran, Einheimische und Besucher säumen die Straßen. Bunte Rücke, speckige Lederhosen - und am Heimatabend am Tag zuvor Alphorn, Akkordeon, Schuhplattler und Festbier: Die Viehscheid ist ein Fest gelebter Tradition statt billiger Folklore.
Fazit nach vier Tagen Pfronten: Wer abwechslungsreiche Wanderungen, gutes Essen und nach dem Aufwachen den Blick aufs Alpenpanorama mag, für den lohnt ein Besuch.
Mehr Informationen
Tourenvorschläge und Informationen rund um Pfronten und Umgebung auf www.pfronten.de. Schön wohnen lässt es sich im Kalkbrennerhof, Infos dazu unter www.kalkbrennerhof.de.



