Nürnberg - Wie viele Orte in der Nürnberger Innenstadt ist auch die Breite Gasse sehr grau. Das soll sich jetzt ändern, sagt die Stadt Nürnberg. Mit mindestens neun Bäumen. Für Fridays for Future ist das zu wenig.

Laden reiht sich in der Breiten Gasse an Restaurant an Laden. Zwischendrin ein paar Leerstände und natürlich der ewige Diskussionsgarant CityPoint. Doch nicht nur die diversen leeren Flächen lassen die Breite Gasse nicht gerade im besten Licht dastehen. Auch das fehlende Grün ist ein Problem. Denn wer durch die Breite Gasse schlendert, wird vor allem eines sehen: Grau. Grau. Grau. Pflastersteine, Hauswände, Fassaden. Nur einzelne wenige Bäume geben ihr Bestes, um ein bisschen Natur in den versiegelten Bereich der Stadt zu bringen.

Das soll sich jetzt ändern - sagt zumindest die Stadt Nürnberg. Oder hat es gesagt. 2024 wurden große Pläne zur Anpassung der Einkaufspassage an den Klimawandel verkündet. Von neu gepflanzten Bäumen, begrünten Fassaden, entsiegeltem Boden und neuen Trinkwasserbrunnen war damals die Rede. In einer neuen Pressemitteilung ein Jahr später geht es vor allem um neue Bäume. Neun an der Zahl. Dazu wasserspeichernde Steine.

„Neun Bäume reichen sicher nicht, wir hätten uns schon mehr Grün gewünscht“, sagt Britta Walthelm, Umweltreferentin im Stadtrat Nürnberg. Sie erwartet in den weiteren Bauabschnitten noch zusätzliche Baumstandorte. Auch Lou Schwarz, Pressevertretende von Fridays for Future Nürnberg, betont, dass die aktuellen Pläne zu wenig sind. „Wie das etwas mit Entsiegelung oder Schwammstadtprinzip zu tun hat, bleibt schleierhaft“, sagt Schwarz und bezieht sich damit besonders auf die wasserspeichernden Steine. Das klinge mehr nach Symbolpolitik als nach ernsthafter Klimaanpassung. Neun Bäume seien zwar ein Anfang, aber bei Weitem nicht genug. „Geht überhaupt weniger?“, fragt Schwarz. „Neun Bäume bei einer Einkaufsstraße wie der Breiten Gasse sind schlicht ein Witz.“

Konstantin Wismath vom Stadtplanungsamt der Stadt Nürnberg dagegen spricht von einer „stattlichen Baumreihe, die sich wie ein grünes Band durch die Breite Gasse ziehen wird“. Grund für die sehr begrenzte Zahl der Bäume seien zahlreiche Leitungen im Untergrund, Flächen für das Aufstellen und Zufahren des Anlieferverkehrs, die Aufstellflächen der Feuerwehr und die erforderlichen Mindestabständen der Bäume untereinander und zu den Gebäuden. Weil in Spitzenzeiten bis zu 20.000 Passantinnen und Passanten pro Tag durch die Breite Gasse schlendern würden, wären offene Grünflächen auf dem engen Raum „nicht realistisch umsetzbar und pflegbar“. Im zweiten und dritten Bauabschnitt sollen zu den erhaltenswerten Bäumen außerdem weitere dazukommen.

Auch Walthelm erkennt die „kniffligen Rahmenbedingungen“ an. Es sei weniger Platz als auf den ersten Blick erkennbar sei. Zum Beispiel müsse die eine Seite der Straße schwerlastfähig sein, also etwas für die Feuerwehr zugänglich.

Wegen der Sanierung eines über 140 Jahre alten Kanals müssen im ersten Bauabschnitt außerdem erstmal sieben Bäume gefällt werden. Die neun neuen Bäume werden dann „mit verbesserten Standortbedingungen“ gepflanzt.

Klimaanpassungen oder Alibi-Maßnahmen?

Mit einem speziell ausgearbeiteten Bewässerungskonzept inklusive Wurzelschutz, Belüftung und Einleitung von Oberflächenwasser ins Erdreich zur Grundwasserbildung und Bewässerung der Bäume werde der Wasserrückhalt in der Fläche in Orientierung an dem Konzept einer Schwammstadt erreicht, so Wismath.

Für die extra ausgewählten klimagerechten Baumarten würden außerdem etwa 30 Prozent der Fläche mit offenfugigem Pflaster verlegt, das Wasser speichern und als Verdunstungskühle wieder an den Stadtraum abgeben könne.

„Wir wollen so viele Bäume wie möglich und sie sollten ein möglichst langes Leben haben“, sagt Walthelm. Dafür sei es wichtig, dass entsprechende Bewässerungssystem im Untergrund platziert werden. Das versickerungsfähige Pflaster und ein neuer Trinkbrunnen seien auf jeden Fall Verbesserungen, eine richtige „Klimastraße“ sei es aber nicht.

Schwarz von Fridays for Future Nürnberg ist nicht überzeugt. „Wir wünschen uns eine konsequente Umsetzung von Klimaanpassung - keine kleinen Alibi-Maßnahmen.“ Nürnberg müsse sich zu einer echten Schwammstadt entwickeln. Und dazu gehöre auch weniger Autoverkehr, Verbesserung der Fahrradinfrastruktur, Ausbau des ÖPNV und vor allem flächendeckende Entsiegelung.

Umsetzung laut Stadt Nürnberg zum Teil schwierig

Derzeit sind 57 Prozent der Fläche von Nürnberg laut dem Hitzecheck 2025 der Deutschen Umwelthilfe versiegelt. Nur Ludwigshafen am Rhein liegt etwas darüber. Ändert sich das nicht, werde die Innenstadt „im Sommer unerträglich heiß und bei Starkregen regelmäßig überflutet“, sagt Schwarz.

Die Begrünung der Fassaden war ursprünglich mal angedacht, wird in den aktuellen Plänen der Stadt Nürnberg aber nicht mehr genannt. Auf Nachfrage betont Wismath, dass das auch weiter grundsätzlich möglich sei, aber die Bereitschaft und Umsetzung von privaten Hauseigentümern voraussetze. Außerdem befänden sich in der Breiten Gasse vor allem Gebäude mit Erdgeschossnutzung, also häufig auch mit Schaufenstern und großen Eingangstüren, „sodass es kaum größere zusammenhängende Flächen gibt, die für eine Fassadenbegrünung geeignet wären“. Auch Walthelm fehlen die grünen Dächer und Fassaden. Sie sieht aber das Problem, dass viele Häuser sich eben in Privateigentum befinden.

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Neun Bäume sollen in der Breiten Gasse gepflanzt werden. © Stefan Hippel

Auch eine Entsiegelung „im Sinne von grüner Wiese auf größeren zusammenhängenden Flächen in der Innenstadt“ gestalte sich laut Wismath schwierig. Schließlich gebe es in der Innenstadt multifunktionale Ansprüche und einen hohen Nutzungsdruck. Dafür sollen weitere Trinkwasserbrunnen entstehen und wassersensible Planungen umgesetzt werden. „Ziel ist es, den Herausforderungen des Klimawandels gerecht zu werden und die Wohn- und Aufenthaltsqualität in der Innenstadt nachhaltig zu stärken“, so Wismath, „Die Aspekte der Schwammstadt, also der Wasserrückhalt in der Fläche und der Einsatz des Oberflächenwassers zum Zwecke der Abkühlung, Bewässerung und Verdunstung stehen dabei im Fokus.“ Gleichzeitig soll die Breite Gasse wieder zu einer hochwertigen Straße mit Einzelhandel, Gastronomie und anderen vielseitigen Nutzungen werden, „die für alle Bevölkerungsgruppen ein lohnenswertes Ziel darstellt“.

Bäume und Sitzmöglichkeiten für die Königsstraße

Auch in der Königsstraße sind dafür Veränderungen nötig. Laut der Stadt Nürnberg sollen hier „Bäume und Beete das Stadtklima verbessern, Sitzmöglichkeiten für mehr Aufenthaltsqualität sorgen“. Die vorhandenen Bäume sollen zu einer Baumallee ergänzt werden, vier neue begrünte Sitzgelegenheiten und neuer Pflasterbelag sind geplant. Diese Umgestaltung wurde am 18. September im Stadtrat beschlossen.

Forderungen nach einer grüneren Innenstadt

OB-Kandidatin Walthelm reicht das noch noch. Es brauche mehr Wasserelemente wie beispielsweise kleine Bachläufe, Bäume und mehr Schatten durch Sonnensegel und Pergolen in der gesamten Innenstadt. Das alles solle ebenso wie möglichst viele grüne Dächer für Abkühlung sorgen. Sie kann sich auch begehbare Dachgärten vorstellen. „Toll wäre das zum Beispiel bei Kaufhof und City Point mit einer Brücke zwischen den beiden Dächern.“

Denn mit der Breiten Gasse ist es lange nicht getan. Viele weitere Orte in Nürnberg brauchen laut Schwarz von Fridays for Future klimagerechte Veränderungen. Besonders dringend seien beispielsweise der Aufseßplatz, der Hauptmarkt und die Straßen um die Lorenzkirche wie auch der Obstmarkt, der Bahnhofsvorplatz und das Bahnhofsviertel. „Wir brauchen eine Innenstadt, die grün(er) wird – und zwar schnell, der Klimawandel wartet nicht.“ Ob die Veränderungen in der Breiten Gasse dazu schon beitragen können, wird sich bald zeigen.