Illertissen - Eine erste Halbzeit zum Vergessen. Das Gegentor in der 91. Minute: ein schlechter Scherz. Und das Ende des Elfmeterschießens lässt aus einem Fehlstart eine Krise werden.

Nach zwei Niederlagen ohne eigenes Tor zum Saisonauftakt wollte der 1. FC Nürnberg im DFB-Pokal Wiedergutmachung betreiben – doch stattdessen stolperte der Club weiter in Richtung Krise. Während die Club-U23 in der vergangenen Regionalliga-Saison noch zweimal gegen den FV Illertissen siegte, unterlag die erste Mannschaft des FCN nun im DFB-Pokal 5:6 nach Elfmeterschießen. Beim bayerischen Pokalsieger boten die Gäste zunächst eine trostlose Vorstellung. Weder Plan noch Passion waren in der ersten Halbzeit bei der Klose-Elf erkennbar.

Schon nach zwei Minuten lag man nach einer Umschaltaktion 0:1 zurück. Dabei hatte Miroslav Klose unter der Woche noch eindringlich vor der Umschaltstärke des Regionalligisten gewarnt. „Balleroberungen und sehr clevere Spieler, die im richtigen Moment auch den Ball auf die Stürmer suchen, die natürlich fantastische Tiefenläufe und eine gewisse Geschwindigkeit haben“, mahnte Klose auf der Pressekonferenz. Und genau dieses Szenario trat sofort ein: Kaum war das Spiel angepfiffen, sah man eine solche Balleroberung, einen cleveren Spieler, der im richtigen Moment den Ball auf den Stürmer spielte, der wiederum im Laufduell mit Knoche die „gewisse Geschwindigkeit“ hatte und obendrauf noch eiskalt vollendete. 0:1, rumms! Alle drei Innenverteidiger mit Aktien am Gegentor.

FV Illertissen - 1. FC Nuernberg
Der Auftritt des FCN sorgte für Unmut bei den Fans. Ein Capo der Ultras Nürnberg hielt nach Abpfiff eine Ansprache an Mannschaft. © IMAGO/Sportfoto Zink / Daniel Ma/IMAGO/Zink

Eine Reaktion? Fehlanzeige. Der Pokalsieger von 2007 wirkte ideenlos und lethargisch. Einzig viel belangloser Ballbesitz wurde den über 3000 mitgereisten Club-Fans geboten. Das sorgte für Unmut beim Anhang. Bierbecher flogen auf das Feld und zur Halbzeit gab es ein gellendes Pfeifkonzert. Nach Spielende ging es zum Rapport vor die Anhängerschaft. „Es wurden natürlich verschiedene Punkte angesprochen, unter anderem die Einstellung in der ersten Halbzeit und das ist das, was wir klar ansprechen müssen“, sagte Klose bei Sky.

„Nicht akzeptabel“ - Mentalität fehlt

Noch einmal zurück zu Halbzeit eins: Kurz vor dem Pausenpfiff gab es dann noch eine Kopie des ersten Gegentores. Der Club verlor den Ball, ein cleverer Pass in die Tiefe und ein überlegter Abschluss zum 0:2. „Der Rückstand in der ersten Halbzeit ist nicht akzeptabel“, befand danach Semir Telalović, der einst für Illertissen 18 Tore in 30 Spielen erzielte und am Samstag erstmals in einem Pflichtspiel für den FCN traf. „Alles in allem muss man sagen, dass wir das Spiel heute nicht im Elfmeterschießen verloren haben“, konstatierte der Stürmer.

Verloren hat man das Spiel unter anderem durch den desaströsen Auftritt im ersten Durchgang. Klose kritisierte nach Abpfiff die Einstellung seiner Spieler: „Wir waren zu Beginn überhaupt nicht im Spiel, haben die Mentalität vermissen lassen und so Illertissen ins Spiel kommen lassen. Wir sind nicht dagegen angegangen und haben nicht agiert.“

Späte Gegentore und Standard-Schwäche

Das Spiel verloren wurde nicht zuletzt auch wegen mangelhaftem Abwehrverhalten bei einem ruhenden Ball gegen Ende der zweiten Halbzeit. „Wir kassieren in der 90. Minute wieder ein Standardgegentor“, ärgerte sich Klose, dass man die 3:2-Führung nicht ins Ziel brachte. Seine Mannschaft schaffte es mal wieder nicht, eine Ecke zu verteidigen: Wie schon gegen Elversberg kam der Eckball von der linken Seite auf den kurzen Pfosten, erneut hatte Gruber das Nachsehen und abermals landete der Ball hinten rechts im langen Eck. Das dritte Pflichtspiel der Saison und das dritte entscheidende Gegentor kurz vor Abpfiff.

Damit machte sich der Club seine starke Aufholjagd selbst zunichte. Drei eigene Tore in 21 Minuten, dazu weitere Chancen und ein überzeugendes Comeback vom wieder genesenen Caspar Jander sind da nur zarte Hoffnungsschimmer. „Flüssiger und dynamischer“, lobte Klose die Leistung seiner Elf im zweiten Durchgang.

In der Verlängerung fehlte dann wieder häufiger die Durchschlagskraft. „Wir haben es nicht geschafft, das Tor zu erzwingen“, so Klose. Zudem war der Club nach einem ruhenden Ball im Alu-Glück.

Im Elfmeterschießen wirkte Pokal-Torwart Christian Mathenia bei keinem der gegnerischen Schüsse so, als hätte er eine echte Chance. Dass ausgerechnet Ex-Cluberer Clayton Irigoyen den entscheidenden Elfmeter verwandelte – eine Geschichte, wie sie nur der Fußball schreibt. Und die sich aus Club-Sicht gefühlt besonders oft gegen den Ruhmreichen wiederholt.