Fürth/Nürnberg - Bei der infra Fürth sind die Preise zuletzt enorm gestiegen. Als Grund wurde unter anderem das Erreichen der Klimaziele genannt. Ist die Energiewende einfach teuer oder geht das auch günstiger?

Deutschland hat die EU-Klimaziele 2024 verpasst, auch die eigenen Ziele 2030 und 2045 stehen laut dem Klimabericht der Bundesregierung auf der Kippe. Um sie doch zu erreichen, muss sich noch einiges ändern, besonders bei den Emissionen im Verkehr und im Gebäudebereich. Doch auch die Energiewende muss weiter vorangetrieben werden.

Doch die kostet Geld. In der Region haben das zuletzt Wärmekundinnen und -kunden der infra Fürth zu spüren bekommen. Der Grundpreis steigt um mehr als 35 Prozent, bei den regulatorischen Nebenkosten liegt der Kostenanstieg sogar bei 98 Prozent. Der Arbeitspreis wird dabei um nur zwei Prozent erhöht, daraus ergibt sich laut infra Fürth für Kundinnen und Kunden mit durchschnittlichem Verbrauch eine Preissteigerung von etwa 15 Prozent. Der angegebene Grund: Das Erreichen der Klimaziele. Ein Grund, der in letzter Zeit sehr häufig genannt wird.

Allgemein betrachtet kann das zum einen daran liegen, dass es gerade bei Fernwärme bei den Möglichkeiten der Preiserhöhung sehr viel Handlungsspielraum innerhalb von „laschen Regulierungen“ gebe, sagt Mario Liebensteiner, Professor für Energiemärkte und Energiesystemanalyse an der FAU. Das lasse möglicherweise ungerechtfertigte Preisänderungen zu. Zum anderen werde die Energiewende insgesamt „eine teure Angelegenheit“. Das ganze System müsse umgekrempelt werden, weil das ursprüngliche Strom- und Fernwärmenetz nicht an die neue Situation angepasst ist. „Die Transformation des Energiesystems wird massive Investitionen brauchen. Das werden Hunderte Milliarden von Euro sein“, sagt Liebensteiner. Darauf müsse man sich einstellen.

Es müsse nachgerüstet werden, Energiespeicher müssen geschaffen, das Netz ausgebaut werden - und das müssen am Ende die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler tragen. Liebensteiner spricht von mindestens 300 Milliarden Euro, die bis 2045 noch ins Energiesystem gesteckt werden müssen.

In den nächsten 20 bis 30 Jahren werde sich das auch erstmal nicht ändern. „Gerade ist das noch eine riesige Baustelle, auf der hinten und vorne alles fehlt.“ Sind alle Systemtransformationen getätigt, sei aber schon davon auszugehen, dass nachhaltige Energie dann auch günstiger sein wird.

Klimaprojekt in der Metropolregion Nürnberg

Bis dahin ist aber noch viel Arbeit. Das Projekt „Klimapakt2030plus“ vom Bundesforschungsministerium in der Metropolregion Nürnberg beschäftigt sich genau damit. Auch in der Projektbeschreibung heißt es, dass die notwendige Infrastruktur für Energieerzeugung, -transport und Speicherung muss großräumig realisiert werden müsse. Dafür wollen sich die regionalen Akteure großflächig abstimmen und koordinieren.

Prof. Dr. Mario Liebensteiner
Mario Liebensteiner ist Juniorprofessor für Energiemärkte und Energiesystemanalyse an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. © Giulia Iannicelli/FAU

Denn beim „Klimapakt2030plus“ sollen klimapolitische Maßnahmen in großen Reallaboren erprobt werden. Hier werde „erstmals in Deutschland systematisch untersucht, welche Rolle regionale Zusammenschlüsse bei der Umsetzung der Energiewende spielen“. Das Ziel ist ein klimaneutrales, effizientes Energiesystem, das auch die wirtschaftliche Attraktivität und Innovationskraft der Region sichert und die Lebensqualität der Bevölkerung steigert.

Die Energiewende könnte effektiver sein

Es werden also Schritte für die Energiewende gemacht. Insgesamt wünscht sich Liebensteiner von der FAU aber zwei Dinge: Das ökonomisch sinnvoller gehandelt und dass international zusammengearbeitet wird. „Energie- und klimapolitisch machen wir viele Dinge, die nicht die kostengünstigste und effektivste Möglichkeit wären“, sagt er. Es werde viel mit Verboten gearbeitet, also direkt in den Markt eingegriffen, statt beispielsweise Treibhausgase oder Umweltverschmutzung zu bepreisen.

Bei diesem marktbasierten Klimaschutz würden Unternehmen einen Anreiz bekommen, von selbst auf klimafreundlichere Methoden umzusteigen. So könnten auch kostengünstigere Lösungen gefunden werden, sodass auch die Preise für die Kundinnen und Kunden nicht so stark ansteigen.

Auch das bringe aber nur etwas, wenn Klimaschutz international koordiniert wird. Weltweit wäre natürlich am besten, sei durch die politische Situation aber natürlich schwer zu verwirklichen. Umso wichtiger sei es daher, dass die EU klar zusammenarbeitet. Von eigenen Klimazielen, die Deutschland oder auch Bayern sich setzen, hält Liebensteiner nichts. Stattdessen sollte der Fokus darauf liegen, die internationalen Ziele zu erfüllen. Insgesamt sei die Energiewende wichtig, man müsse sie aber schlauer angehen und sich auf weitere Kosten über die nächsten Jahre einstellen.