Fürth - Kundinnen und Kunden der infra Fürth müssen seit 1. Juli 2025 für die Energieversorgung deutlich tiefer in die Tasche greifen - vor allem der Grundpreis steigt um mehr als 38 Prozent. Woran liegt das?

Wie der Fürther Energieversorger infra auf seiner Website bekannt gibt, sind zum 1. Juli 2025 neue Preise in Kraft getreten. Laut Angaben des Versorgers beträgt die Preissteigerung durchschnittlich 15 Prozent - durchschnittlich, da die genaue Auswirkung natürlich auch vom individuellen Verbrauch abhängt. So erhöhte sich der Arbeitspreis, also der Preis, den ein Energieverbraucher pro verbrauchter Kilowattstunde (kWh) Strom oder Gas zahlt, um 0,25 ct/kWh von 13,66 ct/kWh auf 13,91 ct/kWh. Die regulatorischen Nebenkosten, wie unter anderem der gesetzlich festgelegte CO₂-Preis, steigen um 1,31 ct/kWh von 1,37 ct/kWh auf 2,68 ct/kWh - ein Kostenanstieg von satten 98 Prozent.

Ebenfalls sehr hoch fällt die Preissteigerung beim jährlichen Grundpreis aus: Dieser erhöht sich um 18,76 Euro/kW von 48,55 Euro/kW auf 67,31 Euro/kW - das sind 38,6 Prozent. Der Grundpreis ist, im Gegensatz zum Arbeitspreis, unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch eines Haushalts. Er deckt die Fixkosten des Energieversorgers, wie zum Beispiel die Bereitstellung des Stroms, die Rechnungsstellung und den Kundenservice.

Laut infra ergibt sich so für einen Musterhaushalt mit einer Wohnfläche von 85 Quadratmetern und einem Wärmeverbrauch von 9000 kWh eine finanzielle Mehrbelastung von rund 15 Prozent - im Fallbeispiel sind das rund 20 Euro mehr im Monat.

Erreichen der Klimaziele als Kostengrund

In einer Präsentation vom 28. Mai 2025 erklärt die infra die neuen Fernwärmepreise und begründet den Anstieg vor allem mit dem Erreichen der vorgegebenen nationalen und internationalen Klimaziele. In Bayern sei die Klimaneutralität bis 2040 geplant, bundesweit bis 2045, was sich ebenfalls auf die Wärmepreise auswirke. Neben den Vorgaben aus dem Gebäudeenergiegesetz sei vor allem der Umstieg von fossilen auf erneuerbaren Energiequellen einer der Hauptkostenpunkte.

infra-Fernwärme stamme laut eigenen Angaben bereits jetzt aus mehr als 50 Prozent Biogas, welches im eigenen Bioenergiezentrum in Horbach hergestellt werde. Für den weiteren Um- und Ausbau der Fernwärmeproduktion, zum Beispiel durch weitere Großwärmepumpen und Abwärmenutzung waren und sind laut infra „hohe Investitionen notwendig“.

Auf Nachfrage unserer Redaktion teilt Martin Grimmeisen, Leiter des Geschäftsfelds Energie und Service der infra, mit, dass die durchschnittliche Höhe der Investitionen der letzten fünf Jahre sich im niedrigen zweistelligen Millionenbereich bewege. Das sei der Betrag, was auch nach staatlicher Subventionierung noch übrig bleibe. Die infra Fürth habe demnach rund 7000 Fernwärmekunden. Im bundesweiten Kostenvergleich befinde sich der Fürther Energieversorger nach der Preisanpassung mit einem Nettopreis je Kilowattstunde von 17,4 Cent im Mittelfeld.

Zeitgleich, betont Grimmeisen, habe man die Preisformel für Fernwärme zuletzt 2012, also vor rund 13 Jahren angepasst. Die Ereignisse der jüngeren Vergangenheit, darunter neue Gesetzesvorgaben zum Klimaschutz und Energiekrise nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine, hätten dafür gesorgt, dass die infra zuletzt immer öfter rote Zahlen schrieb und eine Preisanpassung auf dem jetzigen Niveau unumgänglich sei, erklärt Grimmeisen.

Weitere Preissteigerungen nicht auszuschließen

Er beteuert im Gespräch mit nordbayern.de, dass man Preiserhöhungen „nicht spielerisch festlege, ganz genau hinschaue und Preiserhöhungen erst nach langem Abwägen an die Kunden weitergebe“. Die Frage, ob Kunden, die sich in langjährigen Energieverträgen mit der infra befinden, auf weitere Preissteigerungen in den kommenden Jahren einstellen müssen, könne er derzeit nicht beantworten. Die politische und wirtschaftliche Lage kaum berechenbar, ein Versprechen in jegliche Richtung sei derzeit „unseriös“.

Kritik von der Verbraucherzentrale

Ein anonymer Leser beklagt in einem Schreiben an unsere Redaktion neben dem Preisanstieg vor allem die mangelnde Transparenz: Sein Haus stehe in einem Reihenhausgebiet, welches kürzlich in Abstimmung mit dem Bauträger an die Fernwärmeversorgung angeschlossen wurde. „Zusätzlich wurde für unseren Neubau eine undurchsichtige Sondervereinbarung über die Anschlussleistung getroffen, welche den Grundpreis festlegt“, so der Leser.

Kritik kommt auch von den deutschen Verbraucherzentralen, denen eine Vielzahl von Beschwerden von Fernwärmekunden aufgrund dieser sprunghaften Preissteigerungen vorliegt. Verbraucherschützer fordern deshalb bundesweit einheitliche Veröffentlichungspflichten und Begrifflichkeiten. Besonders kritisch sieht die Verbraucherzentrale die besondere Marktstellung einiger Versorger:

„Mit seiner monopolistischen Anbieterstruktur nimmt der Fernwärmemarkt auf dem Energiemarkt eine besondere Stellung ein. Lieferanten, die i.d.R. zugleich die Betreiber lokaler Fernwärmenetze sind, kommt ein bislang nicht kontrollierter Gestaltungsspielraum zu“.

Denn anders als bei Strom und Gas können Verbraucher auf Preiserhöhungen oder Änderungen des Preissystems nicht einfach reagieren, indem sie sich einen neuen, günstigeren Anbieter suchen. In vielen Fällen gelten lange Vertragslaufzeiten von bis zu zehn Jahren oder die Pflicht zum Bezug von Fernwärme über einen Anschluss- und Benutzungszwang, bemängelt die Verbraucherzentrale zudem auf ihrer Website. Die Verbraucherzentralen und der vzbv gehen laut eigener Aussage immer wieder auch juristisch gegen Fernwärmelieferanten vor, die einseitige Anpassungen der Preisänderungsklausel und der Preise während der Vertragslaufzeit vornehmen. Doch bis die jeweiligen Gerichtsentscheidungen rechtskräftig sind, bleiben Verbrauchern kaum Handlungsmöglichkeiten. Betroffenen wird dennoch geraten, über die Verbraucherzentrale Beschwerde einzureichen.

Gefordert werden zudem Preiskontrollen sowie eine Instanz, an die sich Fernwärmekunden bei Problemen wenden können. Passiere dies nicht, bestehe die Gefahr, dass die Verbraucher ihr Vertrauen in verlässliche und vorhersehbare Vertragsverhältnisse und auch in Fernwärme als für die Energiewende wichtigen Energieträger verlieren.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Artikels sparachen wir von jährlichen infra-Investitionen im niedrigen zweistelligen Millionenbereich - dieser Betrag bezog sich jedoch auf die vergangenen fünf Jahre.