
Besonders vulnerable Menschen sind von Hitze betroffen. Und diese befinden sich oft in Kliniken und Krankenhäusern. Gerade diese Einrichtungen sollten sich deshalb Gedanken darüber machen, wie sie heute und zukünftig mit Hitzewellen umgehen. Wie sind die Kliniken und Krankenhäuser in der Region aufgestellt? Gibt es genug klimatisierte Räume? Wir haben recherchiert und in acht der größten Kliniken Frankens nach Hitzeschutzkonzepten gefragt. Die Ergebnisse sind mangelhaft.
Denn in Deutschland, dem Land ohne Klimaanlagen, scheinen nicht nur Wohnhäuser und öffentliche Verkehrsmittel nicht auf die steigenden Temperaturen durch den Klimawandel vorbereitet zu sein.
Ab 30 Grad gibt es in der Cnopfschen Kinderklinik in Nürnberg Wassereis, dazu Aufklärung zu richtigem Lüften und weiteren Schutzmaßnahmen. Es gibt Kalt- und Warmgetränke für alle, und – wo möglich – auch die Option auf Homeoffice. Technisch unterstützt wird der Hitzeschutz durch Ventilatoren, Hitzeschutzfolien in Büros und Klimatisierung wichtiger Bereiche wie OP, Intensivstation, Medikamentenlager und Eingangsbereich. Zusätzlich sollen Kaltwasser-Kühlsysteme und der Einbau weiterer Klimageräte für gezielte Abkühlung im Haus sorgen.
„Es hakt an allen Ecken“
Was nach hilflosen Maßnahmen gegen die hohen Temperaturen klingt, spiegelt laut Daniela Bartl von der Deutschen Krankenhausgesellschaft das Problem wider. „In bestimmten Kliniken ist Hitzeschutz akut. Es ist schwierig, wo man damit anfängt“, sagt sie. Besonders die Finanzierung bereite Schwierigkeiten: „Es hakt an allen Ecken.“ Eis zu verteilen sei dementsprechend „nicht mal ein Tropfen auf den heißen Stein, aber es ist ein Anfang“.
Von allen acht Kliniken in der Region, die wir angefragt haben, klimatisieren sieben zumindest die wichtigen Bereiche wie OP und Intensivstation, die meisten restlichen Räume gehen leer aus. Viele Einrichtungen beginnen erst jetzt mit der Ausarbeitung eines Hitzekonzepts, das frühestens in den nächsten Jahren greifen wird.
Das Schlusslicht unserer Recherche bildet das Klinikum Bayreuth. Das Klinikum hat wiederholt als einziges Krankenhaus nicht auf Anfragen zum Hitzeschutzkonzept reagiert. Auf der Website lassen sich aber zumindest keine Informationen zu einem solchen Konzept finden.
Erste Konzepte und Ansätze zum Hitzeschutz
Andere Krankenhäuser haben sich bereits intensiver mit dem Thema Hitzeschutz befasst. Das Krankenhaus Martha-Maria St. Theresien in Nürnberg verfügt beispielsweise über einen klar geregelten Hitzeschutzplan mit mehreren Aktionsstufen, der regelmäßig überprüft wird. Bauliche Maßnahmen wie Hitzeschutzfolien (zum Beispiel in der Geriatrie) und flexible Beschattungen, kombiniert mit der waldnahen Lage, würden dabei helfen, die Temperaturen im Haus zu regulieren. Zusätzlich gäbe es kostenlose Wasserspender, leichte Speisen und Hitzeschutz-Shirts für das Pflegepersonal. Der Hitzeschutz sei dabei Teil eines langfristigen, stetig weiterentwickelten Konzepts.
Das Klinikum Nürnberg erarbeitet mithilfe des Förderprogramms „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ aktuell ein Klimaanpassungskonzept. In diesem werden „technische und bauliche Maßnahmen erarbeitet und priorisiert“, wie das Klinikum auf Anfrage mitteilt. Das Krankenhaus möchte sich besser an Extremwetterereignisse anpassen und resilienter werden. Außerdem wird derzeit ein umfassender Hitzeschutzplan entwickelt, der die bereits vorhandenen Vorkehrungen erweitern soll. Bei Neubaumaßnahmen will das Klinikum in Zukunft beispielsweise auf Dachbegrünung und innovative Kühlsysteme setzen.
Im Neubau des Klinikums Fürth sind bereits Hitzeschutzkonzepte inklusive Kühldecken und Mehrfachverglasung der Fenster eingebaut, im Altbau ist das aber nicht so leicht möglich, sagt Harald Dormann, Chefarzt der zentralen Notaufnahme in Fürth und Vorstand der Fachgesellschaft „Deutsche Gesellschaft für Notfallmedizin“. Dort arbeite man vor allem mit Markisen, Verdunklung und Reflexfolien. Für eine vollständige Klimatisierung müsse man jedoch ein riesiges Investitionsvolumen in die Hand nehmen.
„Wir brauchen Fördermittel vom Bund“
Und das in einem Umfang, der die Eigenmittel des Fürther Krankenhauses, aber auch die vieler anderer Kliniken, übersteigt. Deshalb appelliert Dormann vor allem an die Politik: „Die Kliniken brauchen politischen Rückenwind. Fast 80 Prozent der Kliniken sind defizitär.“ Sämtliche Zusatzmaßnahmen müssten die Krankenhäuser selbst finanzieren. „Es gibt keine Initiative auf Bundesebene, um Altbauten zu sanieren. Wir brauchen Förderungen vom Bund, um den Hitzeschutzplan auch umsetzen zu können“, betont er.
Auch das Klinikum Bamberg behilft sich mit Lamellen oder UV-Schutzfolien und ab 32 Grad mit Jalousien, zudem würde die Betreuung besonders vulnerabler Patientinnen und Patienten angepasst. Die Abwärme des hauseigenen Blockheizkraftwerks wird für eine Absorptionskältemaschine genutzt, die Teil der zentralen Kühlung ist.
Das Uniklinikum Erlangen arbeitet derzeit an einem Hitzeschutzplan. Bis dieser vorliegt, helfen Trinkwasserspender mit gekühltem Wasser, Sonnenschutzrollos, Ventilatoren und frühes Durchlüften der Räume und Flure. Wie das Klinikum mitteilt, sei geplant, Begrünung von Dächern und Foyers sowie die Anbringung von Sonnenschutzrollos weiter voranzubringen.
Auch das Klinikum Anregiomed Ansbach hat noch keinen zentralen Hitzeschutzplan. Zusätzlich zu den OP-Räumen, Lagerräume und den Intensivstationen, die überall klimatisiert sind, verfügen hier auch die Zentrale Notaufnahmen und ein Großteil der diagnostischen Bereiche (Herzkatheterlabore, Röntgen, CT, MRT, Endoskopie …) über eine eigene Klimatisierung. Individuelle Schutzmaßnahmen für die Mitarbeitenden - wie das Aussetzen von Bekleidungsvorschriften oder das Angebot spezieller Schutz- oder Arbeitskleidung - seien aufgrund der strengen Hygienestandards nicht umsetzbar.
Unsere Recherche zeigt: Die angefragten Kliniken haben enorme Probleme, sich auf die veränderten Temperaturen einzustellen. Aufgrund der begrenzten Eigenmittel ist zu vermuten, dass sich ohne Fördermittel vom Bund nur wenig tun wird und kann. Die Leidtragenden sind die Mitarbeitenden und die Patientinnen und Patienten.


