
Viele Bücher arbeiten mit interessanten Perspektiven. So mancher Thriller überrascht uns damit, dass wir die Geschichte aus den Augen eines Mörders erlebt haben, andere erzeugen Spannung durch verschiedene Perspektivwechsel.
Doch dieser Roman kommt mit einer ganz neuen Perspektive. Wir erleben die Welt von Frankie, einem halbwilden Kater in einem Dorf, der aus seiner Sicht die Geschichte erzählt, wie er auf Richard Gold, den er selbst nur Gold nennt, trifft.
„Frankie“: Kater oder Philosoph? Oder beides?
Im Internet kursiert schon seit geraumer Zeit der Witz, dass Katzen eigentlich sprechen können, allerdings kein Interesse daran haben, mit Menschen zu reden. Deshalb hören wir sie maximal maunzen, aber nie einen klaren Satz formulieren.
„Frankie“ spielt mit dieser Theorie. Der Kater und Namensgeber des Romans offenbart sich Richard Gold als sprechende Katze. Gold, wie er in der Erzählung von Frankie von da an heißt, ist völlig perplex und zweifelt, nachvollziehbarerweise, an seinem Verstand.
Frankie findet, er hat hier einen ganz guten Fang gemacht. Ein Mann, der ihn füttert, ein riesiger Fernseher und ein extrem bequemes Bett, besser kann man es kaum treffen. Dabei hatte Frankie eigentlich nur ans Fenster geklopft, weil dieser Mann mit einem ganz fulminanten Faden spielte und Frankie auch etwas vom Spaß abhaben wollte.
Was Frankie erst im Laufe des Romans versteht: Der Faden ist tatsächlich ein Strick, mit dem sich Richard Gold das Leben nehmen wollte. Eine absurde Vorstellung für Frankie. Zwar gehört der Tod für ihn als Tier viel selbstverständlicher zum Leben dazu, als Menschen das scheinbar begreifen, aber die Idee, den eigenen Tod zu wollen, kann Frankie nicht begreifen. Wozu man unbedingt einen Lebenssinn braucht, ist ihm auch etwas unklar, doch eines steht für ihn fest: Wenn Gold seinen Lebenssinn verloren hat, muss Frankie nun eben dafür herhalten.
Urkomisch, tragisch und berührend: „Frankie“ von Jochen Gutsch
Mit der Sicht durch die Augen des Katers Frankie ist es Jochen Gutsch gelungen, ein ernstes und schwieriges Thema wie Depressionen auf eine Art zu behandelt, die nicht nur leichtfüßiger, sondern stellenweise sogar urkomisch daherkommt. Denn wir werden uns beim Lesen immer wieder ertappt fühlen, welch seltsame Verhaltensweisen wir Menschen doch an den Tag legen.
Dabei werden alle, die mit einer Katze oder einem Kater zusammenleben, erkennen, wie authentisch der Kater Frankie ist. Er deckt die ganze Bandbreite von Ignoranz über Verspieltheit bis hin zum überraschend empathischen Haustier ab. Frankie schafft es, uns zum Lachen und fast zum Weinen zu bringen. Ein wirklich gelungener Roman für alle, die (spätestens nach diesem Buch) Katzen lieben.
"Frankie"
von Jochen Gutsch und Maxim Leo
- 192 Seiten
- Penguin
- ISBN: 978-3-328-11220-4
- 13 Euro als Taschenbuch
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