Nürnberg/Pommelsbrunn - Der Vermisstenfall aus Pommelsbrunn löste über die Region hinaus Bestürzung aus: Ein 51-Jähriger soll seine getrenntlebende Frau im Schlaf erdrosselt und im Wald vergraben haben. Zum Prozessauftakt schweigt er - legt dann aber doch ein Geständnis ab.

Ein Moment, in dem den Zuschauern im Saal der Atem stockte: Nach einem nervenaufreibenden Fragen-Marathon und Stunden des Schweigens hat sich der Beschuldigte im Prozess-Auftakt um die getötete 49-Jährige aus Pommelsbrunn doch zu einer Aussage hindurchringen können. Aus dem Mund des Angeklagten fiel der entscheidende Satz: „Ja, ich habe (es) gemacht.“

Seit diesem Dienstag muss Oleg W. sich wegen Mordes an seiner Ehefrau vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth verantworten. Am 27. September 2024 war die Frau zuletzt lebend gesehen worden, ihren Leichnam fanden Ermittler rund zwei Monate später verscharrt im Wald - nur wenige Kilometer von ihrem Wohnort in Hohenstadt entfernt.

Trennung nicht akzeptiert

Weil er die Trennung im vergangenen Juli nicht habe akzeptieren wollen, sei er am 27. September 2024 nachts in das Haus der Frau eingedrungen und habe sie im Schlaf mit einem Kleidungsstück erdrosselt und anschließend im Wald vergraben, so lautete der Vorwurf Staatsanwaltschaft. Sie geht davon aus, dass er aus „Eifersucht sowie übersteigertem Besitzdenken gegenüber seiner Ehefrau“ gehandelt habe. Außerdem habe er die Frau heimtückisch getötet, weil er die Arg- und Wehrlosigkeit der Schlafenden ausgenutzt habe.

Für das Verfahren hat sie nach eigenen Angaben 20 Zeugen und fünf Sachverständige benannt. Über einen Sachverständigen soll nun geprüft werden, ob möglicherweise eine Depression die Handlungsfähigkeit des Mannes beeinträchtigt haben könnte.

Beziehung bereits lange zerrüttet

Nach Erkenntnissen der Ermittler war die Beziehung des Paares bereits seit längerer Zeit zerrüttet. Im Juli 2024 soll die damals 49-jährige Frau die Trennung vollzogen und ihren Ehemann aus dem gemeinsamen Haus in Pommelsbrunn verwiesen haben. Schon ein Jahr zuvor, seit Frühjahr 2023, soll der heute 51-Jährige laut Anklage begonnen haben, seine Ehefrau heimlich zu überwachen – unter anderem mit vier versteckten Kameras im Schlafzimmer, Wohnzimmer und auf der Terrasse. Auch an ihrem Wagen soll er einen GPS-Tracker angebracht haben, um ihre Aufenthalte zu kontrollieren.

Sexuelle Kontakte der 49-Jährigen nach der Trennung zu anderen Männern sollen seine „persönliche Eifersucht massiv gesteigert“ haben, wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag vortrug.

Kino-Date mit anderem Mann: Eifersucht als Motiv?

Am Vorabend der Tat soll der Kfz-Mechaniker laut den Ermittlungen erfahren haben, dass seine Frau mit einem anderen Mann in Nürnberg zu einem Kinobesuch verabredet war. Darauf habe er ihr noch eine Nachricht geschrieben - ein letzter Versuch, die Beziehung zu retten. Sie antwortete nicht. Danach habe der 51-Jährige den Entschluss gefasst, die Frau zu töten.

Nachdem sie in der Nacht zum 27. September schließlich nach Hause zurückgekehrt war, soll der Beschuldigte sie laut Anklage über die Kameras abgehört und gewartet haben, bis sie eingeschlafen war. In den frühen Morgenstunden habe er sich dann Zugang zum Haus verschafft und die schlafende Frau mit ihrem eigenen Nachthemd, welches er zu einer Art Strick wickelte, erdrosselt.

Besondere Schwere der Schuld möglich - Richter mit eindringlichen Worten

Zu Beginn des Prozesses am Dienstag spricht Markus Bader, Vorsitzender der 5. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth und leitender Richter, eindringlich auf den angeklagten 51-Jährigen ein und rief ihn dazu auf, sich zu den Vorwürfen einzulassen. Er soll bei seiner möglichen Aussage, auch an seine Kinder denken und überlegen, ob er „reinen Tisch machen wolle(...)“, um so „noch mehr Last von ihnen fernzuhalten“. So könne den Angehörigen womöglich eine unnötig langwierige Hauptverhandlung erspart bleiben, konstatiert Bader.

Laut dem Richter könnte über eine lebenslange Freiheitsstrafe bei einer möglichen Verurteilung auch die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld in Betracht kommen.

Doch der Verdächtige schweigt an diesem Dienstagvormittag zunächst weiter. Nach einer ersten Prozesspause vermeldet die Verteidigerin des Angeklagten, Karina Netscher, vorerst: „W. möchte sich derzeit nicht äußern“.

Mutter sagt unter Tränen aus - Verdächtiger gesteht: „Ja, ich habe es getan“

Als die Mutter der 49-Jährigen am späten Nachmittag im Zeugenstand unter Tränen aussagt, etwa, dass ihre Tochter „weggeschmissen (wurde), wie ein Hund im Wald“ kommt es zu einem Wendepunkt.

„Haben Sie Ihre Frau erdrosselt und anschließend im Wald vergraben?“, mehrere Male wiederholt der Richter diese Frage eindringlich. „Ihre Kinder suchen nach einer Antwort!“ Was folgt, ist zunächst eine lange, kaum auszuhaltende Stille. Nach mehreren Minuten kann sich der 51-Jährige am Dienstagnachmittag schließlich doch zu einem Geständnis durchringen. „Ja, ich habe es getan“. Wie er zu der Tat fähig war, könne er sich selbst nicht erklären. „Das war nicht ich, da war irgendwie ein zweiter Mensch in mir“, sagt er vor Gericht. Er wollte seiner Frau nur nahe sein, daher habe er die Kameras installiert. Dass sie Kontakt zu anderen Männern hatte, habe er aber nicht ertragen können.

Er bestätigt auch, dass er ihren leblosen Körper ins Auto gehievt hat, einen Spaten und blaue Müllsäcke aus der Garage nahm und damit zum Wald nach Alfeld fuhr. Mehr gibt er an diesem Dienstag nicht preis, der Prozess wird am 26. Juni 2025 fortgesetzt.

„Hat eine panische Angst gehabt“: Bruder der Getöteten sagt aus

„Das hätte ich ihm niemals zugetraut“, schildert der Bruder der Vermissten am Dienstag seine Gedanken vor Gericht. Bei der ersten Vernehmung nach ihrem Verschwinden habe er deshalb auch keinen Verdacht gegen ihn gehegt. „Wie kann man so etwas planen? Wie kann man so eiskalt sein, das geht einfach nicht in meinen Kopf rein“.

Nach dem Verschwinden seiner Schwester habe er den 51-Jährigen noch direkt gefragt: „Wo ist meine Schwester?“ – doch der habe ihm dabei nicht in die Augen schauen können. Der Verdächtige sei „immer ein Einzelgänger“ gewesen, berichtet der Bruder weiter. Weder Feinde noch enge Freunde habe er gehabt. Deutlich wurde bei seiner Aussage, wie eine einst harmonische Ehe- und Familiensituation offenbar auch wegen psychischer Probleme immer mehr entglitt.

Gewalt gegenüber seiner Schwester habe er nie beobachtet, wohl aber habe die 49-Jährige stark unter der psychischen Belastung in der Ehe gelitten. Ihre Scheidungsgedanken hätte sie auch ihrem Bruder mitgeteilt. Im Juli 2024 habe sie dann den Beschluss gefasst, sich endgültig zu trennen.

Der Mann zog aus, fuhr mit dem Auto von einem Ort zum anderen, seinen notdürftigen Hausstand offenbar immer an Bord. Teils soll sich Oleg W. jedoch laut Angaben des Bruders auch weiterhin in dem Haus in Pommelsbrunn aufgehalten haben – auch noch nach einem Platzverweis. „Sie hat wirklich eine panische Angst gehabt“.

„Was meiner Schwester passiert ist, das wünsche ich niemandem“, sagt er im Zeugenstand.

Schockierende Bilder vom Leichenfund - Kriminalbeamter vor Gericht

Auch ein Kriminalbeamter aus Schwabach war zum Verhandlungsauftakt am 24. Juni als Zeuge geladen. In einem seitenlangen Dokument wird die kleinteilige Ermittlungsarbeit klar, Puzzleteile, die für den Prozess sehr wichtig sind. Als die Bilder vom Auffindeort des Leichnams der Frau im Waldstück bei Alfeld gezeigt werden, herrscht betretenes Schweigen im Saal. Die Leiche weist auf den Aufnahmen deutliche Spuren von Gewalt auf, auch das Nachthemd ist zu diesem Zeitpunkt noch immer um den Hals gewickelt.

Teils war die Tote in Müllsäcken gewickelt, baugleiche Säcke sollen auch im Saunabereich des Anwesens in Hohenstadt gefunden worden sein, wie der Kriminalbeamte gegenüber dem Richter bestätigt. Auch einen Spaten hätten die Ermittler im Wald sichergestellt, nach Aussagen der Kinder habe ein solcher wohl aus der Gartenlaube gefehlt, wie Bader wiedergibt. Laut eines Gutachtens habe der Verdächtige nach seiner Festnahme zudem Schürfwunden am Kragenbereich aufgewiesen.

Die Schwurgerichtskammer hat für den Strafprozess insgesamt zwölf Verhandlungstage angesetzt, der Prozess ist öffentlich. Das Urteil soll voraussichtlich am 29. Juli 2025 fallen.

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Nach dem Verschwinden der Frau im vergangenen September hatte eine großangelegte Suchaktion begonnen. © NEWS5 / N5 DESK

Großangelegte Suchaktion der Polizei

Das Verschwinden der Frau hatte im Herbst 2024 erhebliches Aufsehen in der Region um Nürnberg hervorgerufen. Über Wochen fanden im Nürnberger Land aufwendige Suchmaßnahmen, zum Teil auch mit Tauchern, statt. Einsatzkräfte durchkämmten dabei unter anderem den Happurger Baggersee, den Stausee, die Pegnitz sowie mehrere Weiher im Raum Reichenschwand und Ottensoos. Die Ermittler gingen früh von einem Tötungsdelikt aus.

Im November fand die Polizei die Leiche der Frau schließlich im Nürnberger Land bei Alfeld in einem Waldstück, nur wenige Kilometer vom Wohnort des Opfers in Pommelsbrunn entfernt. Eine Obduktion bestätigte, dass die Frau gewaltsam zu Tode kam.