
Natürlich lieben sie ihn in der Redaktion der Bild. Wer als Journalist mit Wolfgang Kubicki (FDP) spricht, kann sich mit einiger Sicherheit darauf verlassen, von dem Gespräch einen ganzen Fundus an starken Zitaten mitzubringen. So wie diese hier: „Dass man Menschen in den Senkel stellt einfach aufgrund ihres Impfstatus, wird mittlerweile für mich unerträglich" oder „Ich finde es unverfroren, in der jetzigen Phase mit solchen Anregungen zu kommen.“
Zwei Sätze, die der FDP-Politiker im Bild-Talk gegen Detlef Scheele, den Chef der Bundesagentur für Arbeit, richtet. Weil der, dieser Eindruck ist entstanden, ungeimpften Menschen angeblich das Arbeitslosengeld verweigern will. "Kompletten Unsinn" nennt Kubicki solch eine Forderung. Die Gefahr gehe nicht von Ungeimpften aus, „sondern von Infizierten“. Vielmehr müsse es also heißen: „Wer sich infiziert, verliert seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, weil er ja seine Arbeitskraft nicht mehr zur Verfügung stellen kann", so Kubicki.
Was Scheele tatsächlich gesagt hat: Wenn eine allgemeine Impfpflicht kommt, müssten „auch wir als Bundesagentur (...) dann prüfen, ob eine fehlende Impfung zu einer Sperrzeit führt“. Anders formuliert: Das ist weder entschieden noch hat Scheele eine Forderung formuliert. Eine Sperrzeit bedeutet, dass jemand für bis zu zwölf Wochen kein Arbeitslosengeld erhält - zum Beispiel, weil er seinen alten Job von sich aus gekündigt hat, ohne gewichtige Gründe dafür zu haben.
"Sinnentstellt wiedergegeben"
Detlef Scheele hätte sich an diesem Dienstag dazu äußern können, in Nürnberg gibt die Bundesagentur für Arbeit die neuesten Arbeitslosenzahlen bekannt. Doch Scheele hat andere Termine; es ist Vorstandskollege Daniel Terzenbach, der sich den Fragen der Journalistinnen und Journalisten stellt. "Wie ich das empfinde, ist Herr Scheele da auch sinnentstellt wiedergegeben worden", sagt Terzenbach. Natürlich müsse im Fall einer allgemeinen Impfpflicht "jede nachgeordnete Institution, die davon direkt oder indirekt betroffen ist, über die Folgen nachdenken". Auch der Gesetzgeber müsste sich erklären, was er sich vorstelle. "Darauf hat Herr Scheele - und das ist für mein Dafürhalten auch ein unkritisches Unterfangen - hingewiesen."
Klar ist bereits, wie die Arbeitsagenturen mit Menschen umgehen, die von der Impfpflicht in Kliniken und Pflegeeinrichtungen betroffen sind. Die ist, anders als eine Impfpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger, bereits beschlossene Sache und tritt zum 16. März in Kraft. Wer im Gesundheitssektor arbeitet und kündigt oder gekündigt wird, weil er sich nicht impfen lassen will, der erhält uneingeschränkt Arbeitslosengeld. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit werde höher gewichtet als die finanziellen Interessen der Arbeitslosenversicherung, erläutert Vorstand Terzenbach.
Mehr Kündigungen von Pflegekräften
Ohnehin bestehen Zweifel an der Umsetzbarkeit der Impfpflicht in Kliniken und Pflegeeinrichtungen ab Mitte März. Bis das Gesundheitsamt Ungeimpften ein Tätigkeitsverbot ausspricht, könnten Wochen vergehen. Als Signal fassen manche Beschäftigte die Impfpflicht, obwohl noch nicht in Kraft, aber offenbar bereits jetzt auf: So meldeten sich seit Dezember 22.000 Pflegekräfte arbeitssuchend – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Angesichts von gut zwei Millionen Beschäftigten in dem Bereich, sagt Terzenbach, machten die Zahlen der Bundesagentur "zum aktuellen Zeitpunkt" jedoch "keine Sorgen".

