Nürnberg - Ein aufwändig saniertes Handwerkerhaus aus dem 17. Jahrhundert bereichert jetzt das Viertel um St. Jakob. Letzte Arbeiten stehen zwar noch an, und die ersten Mieter können erst im Oktober einziehen. Allen interessierten Bürgern aber wird das neue Schmuckstück am kommenden Wochenende vorgestellt.

Es war buchstäblich eine echte Bruchbude: "Das war das kaputteste Haus, das wir je hatten", meint Karl-Heinz Enderle. Jetzt aber macht das Anwesen in der Hinteren Ledergasse 43 etwas her - und präsentiert sich als mustergültig saniertes Haus aus dem 17. Jahrhundert. Die prägenden Holzbalken stammen zu mehr als Dritteln noch aus der Bauzeit. Der Straßenname gibt einen Hinweis auf die Geschichte: Nördlich der heutigen Adlerstraße lag einst das Rotgerberviertel. Die Handwerkeranwesen reihten sich aneinander wie Perlen an einer Kette - bei einem Großbrand wurden 32 im Jahr 1645 ein Raub der Flammen.

Im Zuge des Neu- und Wiederaufbaus entstand in mehreren Etappen auch das jetzt restaurierte Anwesen. Heute ist es eines der letzten Beispiele der Gerberhäuser in Nürnberg. Vielleicht gibt das auch Wünschen und Plänen für eine Aufwertung des ganzen Straßenzuges neuen Schwung.

Typisches Merkmal waren einst offene Trockenböden in den oberen Geschossen, die wie Galerien aussahen. Das einstige Aussehen ist auf alten Ansichten dokumentiert, doch mit der Idee einer Rekonstruktion konnte sich das Landesamt für Denkmalschutz nicht anfreunden. So bildet die seit 1851 bestehende Ziegelwand weiterhin die Fassade, gehalten in einem zarten Grünton wie Ende des 19. Jahrhunderts und ergänzt um einen Gerbererker. Nicht erhalten ließen sich aber auch die Reste der einstigen Gerberbottiche, die noch im Erdgeschoss zu finden waren.

Rettung vor drohendem Abbruch

Erworben hatten die Altstadtfreunde das über Jahrzehnte vernachlässigte Anwesen noch unter der Regie ihres Gründers Erich Mulzer. Da war schon eine Abbruchgenehmigung erteilt, drohte doch akute Einsturzgefahr. Die war 2002 eher zufällig erkannt worden, daraufhin mussten die damals letzten Mieter Hals über Kopf ausziehen. So galt es zunächst, den Bau zu sichern - doch richtig anpacken konnten die aktiven Helfer erst ab 2016. Denn zuvor sahen sich die Altstadtfreunde erst noch an anderer Stelle gefordert, auch fehlte das nötige Geld.

Einige Wohnungen noch frei

Dem Architekturbüro Ziegler vertrauten die Altstadtfreunde die Aufgabe an, in dem verwinkelten und verschachtelten Bau Räume und Zugänge so zu gestalten, dass sieben Wohnungen entstanden. Vier davon verfügen über offene Galerien auf der Südseite. Alle Apartments waren schon einmal vorläufig vergeben, in der Zwischenzeit aber wurden einige Vormerkungen wieder gelöscht, so dass nun unter anderem auch die große Mansardenwohnung noch zu mieten ist. Im Erdgeschoss richtet ein Anwalt eine Kanzlei ein. Hier befindet sich auch das mutmaßlich älteste Bauteil des Hauses, eine tragende Säule, die vermutlich aus der Renaissance-Zeit (und damit ursprünglich aus einem anderen Anwesen) stammt.

"Tatsächlich wäre das Haus wohl nicht zu retten gewesen, wenn wir es nicht übernommen hätten", ist Enderle sicher. Denn "nach wirtschaftlichen Kriterien hätte das kein Investor stemmen können". Die Altstadtfreunde behalten das Haus im eigenen Bestand, der barocke Gerberhof ist nun ihr größter und schönster. Eine größere Verschnaufpause werden sie sich allerdings kaum gönnen. Denn mit dem Pilatushaus am Tiergärtnertorplatz steht schon das nächste Großprojekt an. Die Altstadtfreunde wollen und sollen es in Erbpacht von der Stadt übernehmen.

Führungen ohne Anmeldung

Das Gerberhaus - ihr nach dem Pellerhof vom Volumen her zweitgrößtes Objekt - stellen die Altstadtfreunde nun am Samstag und Sonntag, 25. und 26. September, der Öffentlichkeit vor. Geführte Touren durch das Haus bieten sie an beiden Tagen zwischen 9 und 16 Uhr. Dabei gelten die 3G-Regel (Kontrollen und Registrierung vor dem Haus) und Maskenpflicht; eine Anmeldung ist hingegen nicht erforderlich. Eine Bilderschau in einer Nische im Hof dokumentiert in diesen Tagen die Etappen der aufwändigen Arbeiten.

Bei einer offiziellen Einweihung am Donnerstag, 23. September, feiern die Altstadtfreunde die Sanierung ihres bereits 20. Altstadthauses. Die schlug mit insgesamt mehr als vier Millionen Euro zu Buche, aus Töpfen der Denkmalpflege und Städtebauförderung erhielt der Verein Zuschüsse von rund 1,5 Millionen.