Berlin - Es war ihr erster gemeinsamer Auftritt seit Monaten: Angela Merkel, Armin Laschet und Markus Söder starteten in Berlin in die heiße Phase des Wahlkampfs. Und Söder stärkt dem Kanzlerkandidaten den Rücken - mit ein paar Seitenhieben, kommentiert NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz.

Der Putsch blieb aus. Markus Söder hält sich zwar nach wie vor für den besseren, vor allem aussichtsreicheren Kanzlerkandidaten - die Umfragen belegen das. Doch ein Austausch an der Spitze jetzt, fünf Wochen vor der Wahl: Das wäre ein Manöver, das die Union auseinanderreißen würde - auch wenn viele zusehends zweifeln, ob Armin Laschet es wirklich schaffen kann.

Um solche Zweifel auszuräumen, traf sich die Unions-Spitze in Berlin. Ein Mutmach-Treffen. Die CDU hat diesen Mut bitter nötig angesichts desaströser Umfrage-Ergebnisse. SPD und Union liegen laut der aktuellsten Insa-Umfrage inzwischen gleichauf. Und würden die Deutschen ihren Kanzler direkt wählen, käme Laschet nur noch auf den dritten Platz hinter Olaf Scholz und Annalena Baerbock.

Nun trommelte sogar Angela Merkel für den Kandidaten. Wobei "Trommeln" übertrieben ist: Die Noch-Kanzlerin blickte vor allem zurück auf ihre eigene Amtszeit, spulte ihre Bilanz mehr routiniert als inspirierend ab. Da war sie zu spüren, jene Distanz Merkels zu der Partei, deren Vorsitzende sie doch so lange war: Begeisterung hört sich anders an.

Wenn die jemand auslöste beim Unions-Treffen in Berlin, dann am ehesten noch Markus Söder. Er machte erneut deutlich, wie knapp, wie schwierig es für CDU und CSU diesmal wird. Er habe "keinen Bock auf Opposition", rief er. Und sparte nicht an Seitenhieben auf einen Wahlkampf samt einem Spitzenkandidaten, der bisher unterließ, was Söder einforderte: "Zähne zeigen".

Söder überwindet sich

"Ich will, dass Armin Laschet Kanzler wird", rief Söder - ein Satz, der ihn innerlich einiges an Überwindung gekostet haben muss.

Der Kandidat selbst gab sich durchaus kämpferisch. Doch ob er den stürmischen Applaus, dem ihn seine getreuesten Anhänger im Tempodrom pflichtgemäß spendierten, auch bei normalen Wahlkampfauftritten ernten kann? Laschet ist, anders als Söder, keiner, der sich leicht tut, Menschen zu mobilisieren. Er wirkt wie ein (auch von Söder) Getriebener, nicht wie ein Antreiber.

Wer hat die Defizite denn verursacht?

Alle schwelgten von der Ära Merkel, von "16 außerordentlich guten Jahren" (Söder). Zugleich skizzierten sie die Herausforderungen, vor denen das Land steht. Gerade Laschet beschrieb Defizite - den digitalen Rückstand, die oft unendlich langen Planungsverfahren.

"Digitaler und schneller" müsse Deutschland werden, fordert der Mann, der dieses Deutschland regieren will. Da hat er zweifelsohne Recht. Aber: Es war seine Partei, die eben dieses Land eben jene 16 Jahre regiert hat, in denen sehr viel Stillstand und zu mutlose Politik genau jene Probleme erst schuf, die dieselbe CDU jetzt plötzlich lösen will.

Das ist das Glaubwürdigkeitsproblem von CDU und CSU. Anspruch ("Wir starten in ein Modernisierungsjahrzehnt" - das es ja tatsächlich dringend bräuchte) und Wirklichkeit (fehlende Modernisierung in 16 Jahren Unions-Regierung) klaffen sehr sichtbar auseinander.