Nürnberg - Das wird spannend: Heute startet die Union in die heiße Wahlkampfphase. Mit einem Termin, der es in sich hat: Im Berliner Tempodrom treten Armin Laschet auf, Angela Merkel - und Laschets schärfster parteiinterner Kritiker Markus Söder. In der CDU wächst der Druck auf Laschet.

Eigentlich wollten sie ein dreitägiges Spektakel im Freizeitpark Rust abhalten. Nun steigt der Wahlkampf-Auftakt von CDU und CSU im Berliner Tempodrom - eigentlich eine Konzert-Arena. Mal schauen, wer sie diesmal rockt...

Angela Merkel tritt erstmals in dieser Kampagne zusammen mit Armin Laschet auf. Die Noch-Kanzlerin dürfte also dem Mann Rückendeckung geben, der ihr Nachfolger werden will. Und dass eben dies nicht klappt, das befürchtet, ja beschwört am intensivsten Redner Nummer drei: Markus Söder.

Es brodelt in der Union

Es brodelt in der Union. Kein Wunder angesichts einer schier unendlichen Reihe immer neuer, teils immer schlechterer Umfragen. Nicht nur in der CSU wächst der Unmut über einen Kanzlerkandidaten, der bisher einen Wahlkampf ohne Kampf betreibt.

Auch in der CDU selbst wagen sich nun die ersten aus der Deckung, die auf Distanz zu Armin Laschet gehen. Die Bild-Zeitung. berichtet von "harten Attacken auf den Kanzlerkandidaten in der Unionsfraktion". Bei einer virtuellen Sitzung der Parlamentarier habe die Abgeordnete Sylvia Pantel Laschet aufgefordert, „die Konsequenzen zu ziehen, wenn in zwei Wochen die Umfragewerte nicht besser werden“.

"Es ist beschissen"

Pantel habe Laschet unmissverständlich zum Rückzug von der Spitzenkandidatur aufgefordert, heißt es weiter. "Es ist besser, kurz und schmerzhaft zu reagieren, als gemeinsam unterzugehen", zitiert das Blatt Pantel. Und ihr Kollege Axel Müller (CDU) ergänzte angeblich: "Mit einem Wort: Es ist beschissen!"

Das wird man bei der CSU in München sehr interessiert registrieren. Markus Söder hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er sich für den besseren, vor allem chancenreicheren Kanzlerkandidaten gehalten hätte. Auch aktuelle Umfragen zeigen: Mit dem Nürnberger an der Spitze würde die Union besser abschneiden - allen Vorbehalten gegenüber Bayern (genauer: Franken) zum Trotz, wie es sie jenseits des Freistaats nach wie vor gibt.

Kritik an Laschet wächst

Und er hört genau hinein in die größere Schwesterpartei. Da kritisierte etwa Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) das Fehlen von inhaltlichen Schwerpunkten im Wahlkampf. „Das überzeugt niemanden“, warf er Laschet vor. Gerade beim zentralen Thema Klimawandel habe die Union keine Antworten parat.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU) sagte in den "Tagesthemen": Man habe offensichtlich „mit den Personalangeboten und auch mit den inhaltlichen Angeboten“ nicht so überzeugen können, „wie wir uns das selbst wünschen“. Dass der Ruf nach einer stärkeren Rolle von Markus Söder daher immer lauter werde, könne er nachvollziehen, sagte Wanderwitz.

"Eigentlich" sei die Messe gelesen, sagt Söder

Söder äußert sich gern doppeldeutig, wenn es um Laschet geht. "Eigentlich" sei die Messe gelesen, sagte er kürzlich mit Blick auf die Entscheidung in der K-Frage. Dabei winkt er bisher ab, wenn es um einen möglichen Tausch des Kanzlerkandidaten geht - und verweist zugleich auf Wünsche auch aus der CSU, "die persönliche Karte zu ziehen".


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"Söder müsste von der CDU gerufen, ach was: mit der Sänfte nach Berlin getragen werden" dann würde er es machen", vermutet der Journalist Rainer Woratschka, lange Jahre CSU-Beobachter für den Berliner "Tagesspiegel". Und ergänzt: "Vielleicht kommt das ja noch, wenn die Union mit Laschet in den Umfragen auf Platz 3 abgerutscht ist. Wahrscheinlich ist es nicht." Aber nun kommen die ersten dieser Rufe...

Schaulaufen im Tempodrom

Das Schaulaufen am Samstag um 11 Uhr im Tempodrom wird da mit Hochspannung beobachtet. Wie sehr stützt Merkel Laschet - von dem sie sich etwa in der Corona-Debatte mehrfach klar distanziert hat? Wie sehr wiederholt Söder seine Kritik am "Schlafwagen"-Wahlkampf Laschets - und beschädigt damit den glücklosen Kandidaten noch mehr?

Ein Wechsel des Kandidaten mitten in einer laufenden Kampagne: Das gab es noch nie, es ist auch schwer vorstellbar. Für noch schwerer vorstell- und verkraftbar halten immer mehr Unionspolitiker allerdings die absehbare Niederlage mit Laschet an der Spitze.