Nürnberg - Unions-Spitzenkandidat Armin Laschet lacht, wenn er die Folgen der Flutkatastrophe besichtigt. Seine Kollegin von den Grünen, Annalena Baerbock, kann nicht einmal die Grünen im Saarland zur Ordnung rufen und verliert so Stimmen. SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz wirbt mit seltsamer Botschaft auf einem Plakat. Das sind keine Lappalien. Da fehlt es am politischen Handwerkszeug. Ein Kommentar von NZ-Chefredakteur André Fischer.

Wahlkampf heißt Zuspitzung, heißt Provokation und heißt auch Übertreibung, um sich von der Konkurrenz plakativ abzuheben. Im Wahlkampf geht es eben nicht nur darum, dass Parteien argumentativ deutlich machen, wie sie das Land in den nächsten vier Jahren regieren und welche grundsätzlichen Weichen sie stellen wollen. Es geht um Unterscheidung. Während sich das Argumentative so hinschleppt, zeichnen sich die drei Spitzenkandidaten durch Dilettantismus aus.

Auch Laschet hat abgeschrieben

Dass Armin Laschet nach dem Reinfall von Annalena Baerbock mit ihrem teilweise abgeschriebenen Buch nicht in die Offensive ging, und weiter verheimlichen wollte, dass er auch einmal im Rahmen eins Buchs abgeschrieben hat, lässt die Wähler an der Kompetenz das Kandidaten zweifeln. Laschet hat zwar nur wenige Zeilen kopiert, aber verbunden mit den Steuerproblemen von damals, hätte er viel früher Farbe bekennen müssen.

Kein Gefühl für die politische Macht von Fotos

Laschet lacht, wenn er die Folgen der Flutkatastrophe besichtigt. Er besitzt offenbar keine Gummistiefel, denn er läuft im Schlamm in Lederschuhen. Im Trenchcoat gibt er im Regen Interviews anstatt dass er mit einem Anorak Wetterfestigkeit demonstriert. Das sind keine Lappalien. Der Kanzlerkandidat demonstriert, dass er die politische Kommunikation, die sich der Macht der Bilder bedient, unterschätzt.

Berliner Grüne sorgen mit Foto ohne Männer für Diskussion
Annalena Baerbock mit Unterstützerinnen in Berlin. Männer wurden aus dem Foto wegretuschiert. Allerdings nicht von Baerbock, sondern von den Unterstützerinnen. © Bündnis 90/Die Grünen Berlin-Mitte/dpa

Dass er als Landesvater von Nordrhein-Westfalen zusammen mit Finanzminister Olaf Scholz in trauter Zweisamkeit durch die zerstörten Dörfer tingelt, muss die Wahlkämpfer der Union zur Verzweiflung bringen, denn die Fotos der beiden Kanzlerkandidaten, die eigentlich Konkurrenten sein sollten, bleiben im Netz auf Dauer verfügbar. Laschet hätte Tatkraft, Kompetenz und Angemessenheit zeigen müssen. Mitleid ist zu wenig.

Baerbock fehlt es an Durchsetzungsfähigkeit

Baerbock, die eigene Fehler gerne klein reden möchte – denn es geht ja um den Klimawandel als großes Ganzes – bringt nicht einmal die Kompetenz und Durchsetzungsfähigkeit auf, die Grünen im Saarland zur Ordnung zu rufen. Die Zweitstimmen der Saar-Grünen sind jetzt verloren. Für eine Kanzlerin in spe ist das ein desolates Bild.


Grüne Landesliste abgelehnt


Immerhin will sie die Interessen Deutschlands in der Welt vertreten und scheitert schon in Saarbrücken. Kein Wunder, dass die Grünen parallel den Vorstoß gemacht haben, die Richtlinienkompetenz bei Umweltthemen aus dem Kanzleramt ins Umweltministerium zu verlagern. Die traut die eigene Partei offenbar ihrer Kanzlerkandidatin Baerbock nicht mehr zu. Der lachende Dritte ist zunächst SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. Er wurde lange Zeit unterschätzt und seine Partei blieb ruhig. Angesichts der Fehler von Laschet und Baerbock musste er auch nicht viel machen, um bessere Umfragewerte zu bekommen.

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf Tour in Hamburg
Olaf Scholz mag es gern persönlich. Auf Plakaten bietet er "Respekt für Dich" an. © Christian Charisius, dpa

Haste mal Respekt für mich?

Allerdings ist sein Wahlplakat mit der Botschaft „Respekt für Dich“ so diffus wie der Umgang der SPD mit Scholz insgesamt. Darf es ein bisschen Respekt sein? Nein, es muss heißen: Ich habe großen Respekt vor Euch. Vor denjenigen, die gute Arbeit leisten, sich gesellschaftlich engagieren und die das Land zusammenhalten. Dass Politikerinnen und Politiker Respekt vor ihren Wählerinnen und Wähler haben, sollte im Übrigen eine Selbstverständlichkeit sein.


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Da stellt sich die Frage: Was machen eigentlich die selbst ernannten Wahlkampfstrategen in den Parteizentralen? Wenn sie nur auf Fehler der Konkurrenz warten, dann ist das doch etwas platt. Politisches Handeln ist zum großen Teil Handwerk und das kann man lernen. Daran fehlt‘s – parteiübergreifend.