Nürnberg - Nach der ersten Amtszeit hat Christkind Benigna Munsi einen eigenen Wikipedia-Eintrag, viele neue Erfahrungen und sie weiß, wie groß ihre Verantwortung ist.

Bevor sie mit ihrer Familie - ihren Eltern und den vier Geschwistern - Heilig Abend beisammen sitzt, hat das Nürnberger Christkind Benigna Munsi noch einen letzten Termin.Obdachlose feiern das Fest im Haus eckstein. Die 17-Jährige gibt – wie bei den über 150 Terminen vorher – hundert Prozent Aufmerksamkeit, Lächeln, Freundlichkeit.

Nicht aus Pflichtgefühl, sondern weil sie als Christkind eine große Verantwortung habe. "Es gibt ein Zitat von Spiderman", sagt sie, "aus großer Kraft kommt große Verantwortung". Sie sei zwar keine Superheldin, "aber ich will für die Menschen da sein." Christkind zu sein habe nichts Aufgesetztes.

Die 17-Jährige, die Schauspielerin werden möchte, weil sie es so spannend findet, die Welt durch andere Augen zu sehen, hatte sich für ihre bislang wichtigsten Auftritte kein Rollenprofil zurechtgelegt. "Ich bin als Christkind sehr nahe an mir selber dran." Und sie fühle sich beschenkt.


"Hallo, Frau Munsi": Neues Christkind zieht Blicke auf sich


Durch die Erfahrungen, die ihr das Amt bescherte. "Natürlich wusste ich vorher, dass es in Nürnberg Obdachlose gibt und sich am Hauptbahnhof Menschen aufhalten, die Probleme haben, aber wie vielschichtig die Stadt ist, weiß ich jetzt noch besser." Niemals habe sie es als selbstverständlich erachtet, wenn sich dem Christkind, das immer auch Benigna war, pur und unverstellt, die Menschen anvertraut haben. "Sie haben mir persönliche Dinge erzählt, zum Beispiel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie."

Sogar Jugendliche, die ja beim Anblick des Christkinds viel skeptischer seien als Kinder oder Erwachsene, hätten sich ihr geöffnet. Und wenn sie das sagt, ist klar, dass sie von Herzen beeindruckt ist von der Kraft der christlichen Figur, der sie so eindrucksvoll und authentisch Leben einhauchte, dass die Initiative Gesichter der Demokratie sie zum "Gesicht der Woche" kürte. Zuvor hatten diese Auszeichnung zum Beispiel Jean-Claude Juncker und die isländische Premierministerin erhalten.

"Candystorm" ging durch die Presse

Noch bevor sie den Prolog gesprochen hatte, musste sich die 17-Jährige gegen rassistische Äußerungen der AfD auf Facebook wehren. Wie souverän sie das tat und wie sehr sie alle beschämte, die demokratische Grundwerte wie Respekt und Menschenfreundlichkeit missachten, ging bundesweit durch die Presse. Sie halte "nicht für so relevant", was in den sozialen Medien über sie geschrieben werde. Sie habe Mitleid mit Menschen, für die Toleranz nichts gilt. Sie freue sich aber über alle, die sie unterstützen

Tatsächlich trug sie dann ein medialer "Candystorm" durch die Amtszeit. Ihre Herkunft – Munsis Vater kam aus Indien nach Deutschland – habe höchstens mal zu nett gemeinten Nachfragen geführt.

Kritische Bemerkungen kamen von Kindern, die gerade dabei sind, dem Glauben ans Christkind zu entwachsen. Du bist doch nur verkleidet, sagten die und Munsi antwortete, ganz so, wie es ihr ihre Amtsvorgängerinnen geraten haben, mit einer Frage: "Aber nein, hätte denn ein verkleidetes Christkind Flügel?"

Strichen die Kinder dann mit ihren Fingern vorsichtig über die Flügelspitzen, war er wieder da, der Zauber, der Menschen mucksmäuschenstill machen kann. Auch die Obdachlosen lauschen stumm und hingerissen dem Prolog des Christkinds. Das ist zwar keine Superheldin. Aber was Benigna Munsi den Menschen in viereinhalb Wochen beschert hat, war mit Sicherheit nicht weniger als: beeindruckend.