Nürnberg - Für jeden verläuft die rote Linie, hinter der es einem zu viel wird, wo anders. Beschäftigt man sich mit den Inhalten von Kollegah, so ertappt man sich schnell dabei, reflexartig nach Verboten zu rufen. Aber auch Gangster- und Battle-Rap ist erst einmal eine Kunstform, für die grundsätzlich Kunstfreiheit gilt. Ein Kommentar von Kultur-Redakteur Stefan Gnad.

Auch, wenn die Texte und Botschaften hier noch geschmackloser sind als in der Szene gemeinhin üblich. Ein Problem ist, dass die Inhalte des Deutsch-Rappers längst die fiktive Ebene ("Wir spielen alle ein wenig böser Gangster") verlassen haben und in der Realität angekommen sind. Seine Provokationen sind so plump wie durchschaubar. Kein Mensch hat Lust, sich für so einen Widerling und Hetzer lang zu machen und ihn und seine Musik zu verteidigen.

Eigentlich läuft es bei Kollegah wie in der Politik: Raushauen … einen Shitstorm (und somit Werbung) generieren… und dann zurückrudern, von wegen "das war doch alles gar nicht so gemeint". Und schon ist der Täter wieder ein Opfer. Kunst als Spiegel der Gesellschaft.

Die entscheidende Frage im Fall von Kollegah ist nicht, ob man seinen Auftritt in Nürnberg verbieten oder – um ein netteres Wort zu verwenden: absagen sollte, sondern unterm Strich eine viel unangenehmere: Warum ist so ein Müll so überaus beliebt?