Bayreuth - Outdoor-Sportarten wie Mountainbiken, Kanufahren oder Bergwandern erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Was für Gesundheit und Wohlbefinden des Einzelnen förderlich sein kann, tut Natur und Umwelt nicht immer gut. Auch in unserer Region kommt es hin und wieder zu Nutzungskonflikten.

Herr Professor Steinbauer, ab Mitte Oktober geht’s an der Universität Bayreuth mit Ihren Kursen in Sportökologie los. Woran forschen Sie und Ihre Studierenden?

Steinbauer: Mein Forschungsschwerpunkt liegt in der quantitativen Datenanalyse. Wir nutzen die sowohl im Sport als auch in der Ökologie zunehmend verfügbaren Daten, wie etwa Bewegungs- oder Gesundheitsdaten, die zahlreiche Menschen von sich selbst erheben. All das können wir, wenn der Nutzer sein Einverständnis gegeben hat, verwenden, um zum Beispiel in einem gewissen Gebiet Bewegungsprofile von Sportlern und Tieren zu erstellen. Die Auswertungen helfen zu verstehen, wie Tiere und Sportler aufeinander reagieren. So können wir verhindern, dass sich Mensch und Tier quasi ins Gehege kommen.

Wie läuft das konkret?

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© Foto: Universität Bayreuth

Steinbauer: Eine Möglichkeit besteht darin, die durch Naturparks oder Jäger im Wald aufgestellten Fotofallen auszuwerten. Selbstlernende Algorithmen können dabei helfen, automatisch zu erkennen, welches Tier fotografiert wurde. So lassen sich sehr viele Fotos gleichzeitig auswerten.

Auf diese Weise können wir herausfinden, wann und wo welches Tier wahrscheinlich den Weg eines Joggers kreuzen würde. Ausgeschilderte Routen für Sportler lassen sich dann verändern.

Bei Tieren, die auf dem Boden unterwegs sind, kann man sich vorstellen, wie sich auf diese Weise Probleme entschärfen lassen. Aber bei Vögeln? Denken Sie an den Vorfall unlängst im Landkreis Kitzingen, als ein Bussard einem Radler gegen den Kopf geflogen ist.

Das ist ein Extrembeispiel. Auch künftig lässt sich nicht jeder Unfall vermeiden. Allerdings kann man auch die Bewegung der Vögel und die Wechselwirkung mit Sportlern untersuchen.

In die Quere können sich auch Mensch und Mensch kommen. So gab es in der Vergangenheit, etwa im Raum Erlangen, Ärger zwischen Mountainbikern auf der einen und Fußgängern sowie Waldbesitzern auf der anderen Seite. Wie löst der Wissenschaftler solche Konflikte?

Steinbauer: Wenngleich ich wissenschaftlich aus der Pflanzenwelt komme und deshalb vor allem die Wechselwirkungen zwischen Sportlern und Flora und Fauna untersuche, werden wir auch derartige Probleme betrachten. Wir beschäftigen uns allgemein mit den Wechselwirkungen zwischen Mensch und Ökosystem. Ein stimmiges Management kann auch helfen, Mensch-Mensch-Konflikte zumindest zu entschärfen.

Wie?

Steinbauer: Oft reichen Hinweise und Informationen, manchmal braucht es Regeln. In manchen Fällen können das festgelegte Nutzungszeiten sein. Teilweise hilft schon Werbung für alternative Routen und Gebiete, um sensible Bereiche zu entlasten.

Die Wiesent in der Fränkischen Schweiz dürfen Kanufahrer nur noch zu gewissen Zeiten befahren.

Steinbauer: Das ist ein weiteres Beispiel. Oder: Denken Sie an die Auswirkung des Skifahrens auf die Bodenerosion in den Alpen. Die betroffenen Hänge lassen sich heute mit Fernerkundungsdaten oder vom Satelliten aus untersuchen. Ansetzen kann man zudem – Stichwort Mikroplastik – bei der Herstellung von Sportkleidung oder den Materialeigenschaften der Sportgeräte, indem man sie so verändert, dass sie sich weniger stark oder weniger negativ auf die Umwelt auswirken.

Womit beschäftigen Sie sich noch?

Steinbauer: Wir befassen uns mit dem Sporttourismus und seinen Auswirkungen auf ökologische Systeme. Wir wollen verstehen und systematisch erfassen, wie verschiedene Bereiche des Ökosystems auf Sportler reagieren und wie deren Verhalten – Stichwort Nachhaltigkeit – möglicherweise verändert werden kann, um die Natur nicht (so stark) zu schädigen.