NÜRNBERG - Es gehört zu den Ritualen eines jeden Wahlsonntags, dass sich die Parteien in den abendlichen Fernsehrunden grundsätzlich nicht als Verlierer sehen – mögen die Verluste auch noch so hoch sein. Doch das, was wir in dieser Hinsicht am Sonntag erleben durften, war besonders bitter. Ein Kommentar von Armin Jelenik.

Die CDU in Sachsen und die SPD in Brandenburg taten ernsthaft so, als sei alles weitgehend in Ordnung. Und das nur, weil der politische Gau nicht eingetreten war und sie nicht von der AfD überholt worden waren. Doch genau genommen ist nix gut im Osten, schon gar nicht für CDU und SPD.


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Denn mit der AfD hat sich eine Partei auf dem Niveau einer Volkspartei etabliert, die immer stärker und ganz offen nationalistisches, rechtsradikales und rassistisches Gedankengut pflegt. Um die 25 Prozent sind für die AfD inzwischen drin. Und das nicht nur in Sachsen und Brandenburg, sondern zuvor schon in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Dass Andreas Kalbitz, einer der führenden Köpfe der AfD, enge Kontakte zu Rechtsradikalen pflegte, scheint ein Viertel der Wähler nicht zu stören.

Vor allem junge Wähler gaben AfD ihre Stimme

Und noch ein Befund müsste die etablierten Parteien hochgradig verunsichern: Laut Meinungsforschern waren es vor allem die jungen Wähler, die der AfD ihre Stimme gaben. Möglicherweise, weil die während der Wendejahre entstandenen Enttäuschungen von den Eltern bereits an die nächste Generation vererbt wurden.


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Es läuft also etwas sehr Grundsätzliches schief in Ostdeutschland – gerade auch für CDU und SPD. Sie werden nach den knappen Wahlsiegen zwar vermutlich weiterregieren können, doch die sich abzeichnenden Dreier- oder gar Vierer-Koalitionen dürften Gift für das Profil aller beteiligten Parteien sein.

Diese ganz großen Koalitionen werden CDU und SPD ein Maximum an Kompromissbereitschaft und Flexibilität abverlangen. Der Grad der eigenständigen politischen Positionierung hingegen wird minimal sein – siehe Große Koalition in Berlin.

Schön schwarz-weiß

Damit dürfte der Wunsch vieler Bürger nach inhaltlicher Klarheit ein weiteres Mal enttäuscht werden. Sehr zur Freude der selbst ernannten Alternative, die sich bei den Wählern weiter als die Partei mit den einfachen, immer schön schwarz-weißen Botschaften präsentieren kann und wird.

Natürlich läuft auch bei der AfD nicht alles rund, die Lagerkämpfe zwischen dem völkischen "Flügel" und jenen, die die bürgerliche Fassade der Partei erhalten wollen, werden vermutlich brutal werden. Doch das entbindet CDU und SPD nicht von der Pflicht, endlich nach Auswegen aus der gefährlichen Sackgasse zu suchen, in die sie die Demokratie manövriert haben. Die Große Koalition im Bund muss daher ein Ende haben – damit es endlich wieder echte Alternativen in der Politik gibt.