
Die Ausbeute ist mau an diesem Tag: Ein paar überreife Bananen, leicht welke Frühlingszwiebeln und ein Netz mit weichen Clementinen - viel mehr konnte Anna K. (Namen geändert) nicht in ihre Tasche packen. Von einer Tour am Vortag stammen Kartoffeln, Zwetschgen, Tomaten und ein Käse, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum schon abgelaufen ist. Es sind Dinge, die in den Supermärkten aus den Regalen genommen werden müssen und die normalerweise im Abfall landen, wenn sie nicht noch an eine der Tafeln gespendet werden.
Anna K. darf sich diese Lebensmittel abholen. Mehrmals pro Woche zieht sie los und sammelt ein, was ihr gegeben wird. Ist die Ausbeute groß, gibt sie einen Teil davon an andere Bedürftige weiter. „Ohne diese Spenden“, so sagt sie offen, „wüsste ich nicht, was ich machen soll.“ Denn das, was sie jeden Monat an Sozialleistungen bekommt, deckt selbst ihre Fixkosten nicht.
Sozialleistungen decken die Fixkosten der Nürnbergerin nicht ab
Das Geld ist so knapp, dass die 63-Jährige nicht einmal die vier Euro pro Woche für einen Einkauf bei einer der Lebensmitteltafeln aufbringen kann. Und wenn sie nicht großzügige Freunde hätte, die ihre derzeitige Notsituation mit zinslosen Darlehen lindern, wäre alles noch viel schlimmer.
Dabei bekommt die Nürnbergerin eigentlich die ganze normale Unterstützung der öffentlichen Hand. Auf ihr Konto fließt der Regelsatz, hinzu kommen Miete und Heizkosten. Letzteres allerdings wird ihr nur zur Hälfte gewährt, weil ihre Tochter Katharina mit in der kleinen Dreizimmerwohnung lebt. Die 27-Jährige kann jedoch zum Lebensunterhalt nichts beisteuern, weil sie studiert und keinerlei Unterstützung bekommt.
Eigentlich hätte sie Anspruch auf Bafög, doch der von der Familie getrennt lebende Vater weigert sich, die nötigen Einkommensnachweise einzureichen. Mit der Folge, dass der Antrag der Tochter nicht bearbeitet werden kann. Das Jobcenter wiederum verweist auf den Baföganspruch von Katharina und überweist der Mutter nur den halben Mietanteil und nur einen Regelsatz. „Wir haben alles versucht“, sagt Anna K. „Doch anscheinend ist das so rechtens.“
Auch die Sozialpädagogin, die die Familie betreut, fand keinen Ausweg aus dieser Situation und schlug die beiden Nürnbergerinnen für eine Spende vor. „Die Familie befindet sich in einer großen finanziellen Notlage.“
Nur die engsten Freunde wissen bescheid
Eine Notlage, die beide, so gut es geht, vor ihrem Umfeld zu verbergen versuchen. Nur die engsten Freunde wissen Bescheid und helfen, soweit möglich. Anna hat trotz ihres Rheumas einen Minijob übernommen, von dem allerdings kaum etwas bleibt, weil der Großteil ihres Lohns mit dem Bürgergeld verrechnet wird. Katharina kellnert, um wenigstens ihre Krankenversicherung bezahlen zu können. Mehr als einmal habe sie sich gefragt, ob sie die Hochschule nicht zugunsten eines Jobs an den Nagel hängen sollte, sagt die angehende Sozialpädagogin. „Aber das Studium ist mein Traum. Und wenn ich in zwei Jahren fertig bin, kann ich die Mama unterstützen.“
Bis dahin aber haben beide noch eine schwierige Zeit vor sich. Eigentlich müsste Anna K. ihr über 30 Jahre altes Bett ersetzen, auch die Kleiderschränke der beiden Frauen fallen fast auseinander. Doch an solche Anschaffungen ist überhaupt nicht zu denken, ihre Wünsche sind bescheidener. „Einmal wieder im Supermarkt einkaufen zu können, das wäre schön.“ Die Weihnachtsaktion bittet herzlich um Spenden, auch für vergleichbare Fälle.


