Zermatt - Ein neuer Wolkenkratzer soll entstehen und mit den Bergen konkurrieren - wortwörtlich, denn in der Schweiz startet ein Zermatter Hotelier ein Hochhausprojekt für seine Berggemeinde.

Zermatt liegt im Kanton Wallis, unmittelbar angrenzend an eine idyllische Bergkette, zu der auch das Matterhorn gehört. Es ist eine der größten Schweizer Gemeinden - besonders in den letzten 20 Jahren erlebte Zermatt einen regelrechten Bevölkerungsboom.

Die Beliebtheit der Gemeinde bringt Vor-, aber auch einige Nachteile mit sich, denn in den letzten Jahren war besonders die Wohnsituation heikel. Hotelier Heinz Julen will dem entgegenwirken und stellte im November 2025 offiziell das Projekt „Lina Peak“ vor.

260 Meter hoch zwischen Zermatt, der Natur und Bergen soll der Wolkenkratzer Lina Peak die Wohnungssituation in Zermatt lindern und als „vertikales Dorf“ fungieren. Über 500 Wohnungen will Julen mit dem Turm bauen. Mehr als die Hälfte des Wohnbereichs soll Einheimischen und Angestellten angeboten werden, betont das Projekt auf seiner Website.

Geplant sind 30.000 Quadratmetern Wohnfläche für Zermatter Familien und Arbeiter. Für diese herrscht dann auch Spekulationsverbot, der Preis soll fair sein. Auch in Zukunft sollen 50 % der Wohnungen bezahlbar bleiben. Im oberen Teil des Turmes sollen dann Wohnungen gemäß der gemeindlichen Richtlinien zur Quersubventionierung des sozialen Wohnraums für den Verkauf im freien Markt zugelassen werden.

Gemeinderat greift ein

In der Gemeindezeitung Zermatt Inside berichtet der Hotelierverein Zermatt, dass sich seit Ende 2021 die Wohnsituation in Zermatt prekär zuspitzt. Demnach haben Unternehmen seit Jahrzehnten ihr Kapital in Zermatter Immobilien investiert. Talabwärts eine Wohnung zu finden, sei mittlerweile oft genauso schwer wie in Zermatt selbst.

Zermatt zählt zu den berühmtesten Tourismusorten in der Schweiz. Um die Mengen an Touristen bedienen zu können, leben deswegen auch leben mehr Menschen in der Gemeinde. Im Oktober 2024 griff der Gemeinderat schließlich selbst ein, berichtet die Walliser Zeitung. Für die Planung der Hotelneubauten muss in Zermatt auch ein Betriebskonzept abgegeben werden, aus dem hervorgeht, dass für zusätzlich benötigtes Personal neuer Wohnraum erstellt oder Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Dieser Beschluss wurde im Oktober 2019 erstmals festgelegt und inzwischen bis zum 31. Mai 2027 verlängert.

Plan: Dorfkern entlasten

Neben Wohnräumen sind auch Event-, Sport- und Konzerthallen sowie ein öffentliches Hallenbad im „Lina Peak“ geplant. Eine direkte Gondelverbindung soll zudem den Dorfkern entlasten und eine neue Gästelenkung ermöglichen. Nach dem Entwurf soll der Turm im Gebiet Biel, rund 800 Meter vor dem Dorfeingang von Zermatt, entstehen. Dort liegt eine Matte, die „klar vom gewachsenen Dorfkern abgegrenzt“ ist, wodurch der Turm zu einem Eingangstor wird.

Den Bau und späteren Betrieb des Projekts soll nach Startfreigabe die dafür gegründete Lina Peak AG verantworten, skizzieren die Initiatoren. Eine Aktionärsstruktur könnte aus der Gemeinde Zermatt, der Burgergemeinde Zermatt, der Zermatt Bergbahn AG, den Bodeneigentümern und zum größten Teil Heinz Julen, dem Projektentwickler, bestehen. Die Struktur versteht sich als Vorschlag, betont das Projekt. Das Ziel bleibt dabei aber klar: ein von Zermatt getragenes Projekt zu erarbeiten, samt vertiefter Zusammenarbeit mit allen Beteiligten.

Bevölkerung müsste über Plan abstimmen

Initiator Heinz Julen muss jetzt für den Lina-Peak-Turm insgesamt 600 Unterschriften sammeln, bevor das Projekt offiziell der Bevölkerung von Zermatt zur Abstimmung vorgelegt wird.

Gegenüber der Redaktion 20 Minuten erklärt ein Zermatter Restaurantmitarbeiter, dass auch er seit Jahren auf der Suche nach einer Wohnung ist - den Turm sieht er dennoch kritisch. Er würde dann „wie ein Fremdkörper in der Landschaft wirken“, zitiert ihn das Nachrichtenportal. Ein weiterer Befragter glaubt, dass der Turm bei einer Volksabstimmung schlechte Chancen hätte. Eine gute Idee sei es aber trotzdem, denn seiner Meinung nach ist es besser, in die Höhe statt in die Breite zu bauen - zudem würde das die Wohnungsnot lösen.