Madrid - Ein 2000 Jahre altes Aquädukt, das Schneewittchen-Schloss und eine der größten Geierkolonien in Europa: Bei einer Reise durch Zentralspanien gibt es viel zu entdecken. Übernachten kann man dabei in ganz besonderen Unterkünften.

Wenn die Legende stimmt, dann hatte sie ein kurzes, trauriges Leben. Mit 14 von ihrer Familie zur Ehe gezwungen, wurde Doña Blanca von ihrem Gatten König Pedro I. schon kurz nach der Heirat in einer kleinen Kammer des heutigen Paradors von Sigüenza eingesperrt. Der Sage nach starb sie im Alter von nur 18 Jahren, vermutlich ermordet im Auftrag des Königs - kein Wunder, dass ihr Ehemann den Beinamen „der Grausame“ trug. Angeblich spukt die arme Blanca bis heute in den weitläufigen Fluren. „Wenn man leise ist, kann man ihre Ketten klirren hören“, sagt Celia Arroyo.

Zugegeben, historisch verbrieft ist die tragische Geschichte nicht, die uns die Vize-Direktorin des Paradors erzählt, als sie uns das bis heute erhaltene Zimmer zeigt, das für Doña Blanca zum Gefängnis wurde. Aber weil sie so gut passt zu dem historischen Gebäude und dem besonderen Hotel, das daraus geworden ist, wollen wir sie nur zu gerne glauben.

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So prunkvoll präsentiert sich die Hotelhalle des Paradors von Lerma. © Silke Roennefahrt

Denn in Sigüenza, einer hübschen Kleinstadt im Norden der Provinz Guadalajara in Kastilien-La Mancha, übernachten wir in einer mittelalterlichen Burg, deren Besuch uns auf Anhieb in eine andere Zeit katapultiert. Hoch über dem Örtchen thront die Festung aus dem 12. Jahrhundert, in der einst Könige, Kardinäle und Bischöfe residierten. Heute ist sie ein Hotel mit modernem Komfort, das besondere Flair des Hauses blieb aber dank einer zurückhaltenden Gestaltung erhalten.

Das gilt auch für die anderen Paradores, in denen wir auf unserer Reise durch Kastilien und León, Kastilien-La Mancha und Madrid Station machen. Denn bei diesen besonderen Unterkünften handelt es sich nicht um normale Hotels in x-beliebigen und austauschbaren Gebäuden, sondern überwiegend um historische Häuser, die ohne diese Nutzung womöglich schon längst verfallen wären. Betrieben werden sie von einer staatlichen Gesellschaft, die damit auch den Tourismus abseits der touristischen Hotspots ankurbelt.

Auch Hollywood hat die hübsche Region längst entdeckt

Und das mit gutem Grund. Denn ein Besuch der ländlichen Regionen in Zentralspanien lohnt sich nicht nur wegen der historischen Unterkünfte. Zu entdecken gibt es mittelalterliche Dörfer, beeindruckende Natur und spektakuläre Sehenswürdigkeiten wie die Kathedrale von Sigüenza oder das Aquädukt von Segovia, einer weiteren Station auf unserer Reise.

Quer durch die Stadt zieht sich die fast 2000 Jahre alte, bis zu 30 Meter hohe Wasserleitung, die noch bis 1974 in Betrieb war. Auch Hollywood hat den hübschen Ort längst entdeckt, er war schon häufiger Kulisse für Dreharbeiten. Und seine Burg, der im 11. Jahrhundert erbaute Alcázar von Segovia, stand Pate für die Herberge von Schneewittchen im gleichnamigen Walt-Disney-Film.

Aber auch die Natur ist sehenswert. Im Naturpark Hoces del Duratón lassen sich Gänsegeier beobachten: Hier lebt eine der größten Kolonien in Europa. Der Barranco del Rio Dulce wartet mit einer beeindruckenden Schlucht auf, die sich bei einer Radtour oder ausgedehnten Wanderungen entdecken lässt. Und dann wäre da noch die Gastronomie, die von der deftigen Hausmannskost in einer urigen Bodega bis hin zum exquisiten Menü aus der Sterneküche, etwa in der wunderschön gelegenen Mühle Molino del Alcuneza von Samuel Moreno, allerhand zu bieten hat.

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Chinchón ist bekannt für seinen Anislikör - und für die fast ovale Plaza. © Silke Roennefahrt

Bei Moreno kann man in Kursen auch lernen, aus wie wenigen Zutaten und mit welch einfachen Mitteln sich ein gutes Brot backen lässt - „neben Wasser, Salz, Mehl und Sauerteig“, sagt er, „braucht es vor allem Zeit“. Im südlich von Madrid gelegenen Chinchón wiederum probieren wir den gleichnamigen Anislikör und bestaunen die fast ovale, von Häusern mit hölzernen Balkonen gesäumte Plaza Mayor, die zu den schönsten Hauptplätzen in Spanien zählt.

Eine solche Reise in die jeweils ein bis zwei Autostunden von Madrid entfernten Regionen lässt sich perfekt mit Übernachtungen in den unterschiedlichsten Paradores verbinden. In Chinchón etwa ist ein früheres Augustinerkloster, das vorübergehend auch ein Gefängnis war, zum besonderen Hotel geworden. „Das ganze Haus atmet Geschichte“, sagt Direktorin Nieves Montisi und zeigt uns „das romantischste Zimmer, das Sie je gesehen haben“. Es ist eine Suite, die in der früheren Klosterkapelle eingerichtet wurde.

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© gute Reise Infografik

Da wundert es uns nicht, dass auch dieser Teil Spaniens längst von Hollywood entdeckt wurde. Wes Anderson drehte in Chinchón seinen Film „Asteroid City“, Montisi konnte deshalb die Superstars Tom Hanks, Scarlett Johansson und Tilda Swinton begrüßen. Im urigen Lokal Mesón Cuevas del Vino, das mit seinem historischen Weinkeller fast schon ein Museum ist, tafelten auch die Schauspieler Adrian Brody und Tom Holland.

In Lerma dominiert der Prunk

Während der Parador in Chinchón mit seiner schlichten Architektur besticht, dominiert in Lerma der Prunk. Hier übernachten wir in einem Palast aus dem 17. Jahrhundert. Erbaut wurde der Palast auf Betreiben des Herzogs von Lerma, ein Günstling des spanischen Königs Philipp III., der hier rauschende Feste gefeiert haben soll. Lerma, so sagt Hoteldirektor Fernando Tizon, sei das Marbella des 17. Jahrhunderts gewesen. Sogar Napoleon soll hier übernachtet haben. Später aber geriet das prächtige Gebäude in Vergessenheit und wurde vorübergehend zur Teppichmanufaktur umfunktioniert. Irgendwann war der Palast so marode, dass er angeblich für eine Pesete den Besitzer wechselte.

Die Nutzung als Parador hauchte dem Haus neuen Glanz ein. Heute speist man unterm Kronleuchter im historischen Tonnengewölbe und erfreut sich an den Säulengängen im Hotelfoyer. Dennoch bleibt es ein Kraftakt, ein Gebäude wie dieses zu erhalten. Die Renovierungsarbeiten nähmen kein Ende, sagt Tizon und zeigt uns die feuchten Flecken an der Wand im Untergeschoss seines Hauses. „Wir müssen eigentlich ständig streichen.“ Seinen Arbeitsplatz möchte er dennoch mit niemandem tauschen. „Der Parador ist meine Leidenschaft.“ Eine Begeisterung, die wir nach unserer abwechslungsreichen Tour uneingeschränkt teilen können.


Mehr Informationen:

Infos zu den Sehenwürdigkeiten und Unterkünften: Spanisches Fremdenverkehrsamt, spain.info/de/

www.paradores.es

Anreise: Flüge ab Frankfurt oder München nach Madrid, danach Leihwagen
Beste Reisezeit: Frühjahr und Herbst

Redaktioneller Hinweis: Die Recherche für manche Artikel in dieser Ausgabe wurde von Reiseveranstaltern, Hotels, Fluglinien oder Tourismusverbänden unterstützt.

Informationen des Umweltbundesamts über die Möglichkeit, den CO₂-Ausstoß Ihrer Reise zu kompensieren: www.umweltbundesamt.de/themen/freiwillige-co2-kompensation