
Es hört einfach nicht auf. Immer, wenn Lisa F. (Name geändert) glaubt, dass es für sie endlich wieder aufwärts geht, tauchen neue Hürden auf. Dabei dachte die 35-Jährige, dass sie den Tiefpunkt erreicht hatte, als sie mit ihren vier Kindern in einer Fürther Obdachlosenunterkunft gelandet war. Tür an Tür mit Drogenabhängigen, mit Gemeinschaftsbad und nur einer völlig verdreckten Toilette auf dem Stockwerk - „das war einfach schrecklich“, sagt F. „Meine Kinder trauten sich nicht einmal alleine aufs Klo.“
Dass es mal so weit würde kommen können, hätte sie sich nie träumen lassen. Ihr Leben war bis vor rund fünf Jahren in relativ geordneten Bahnen verlaufen. Mit dem Vater ihrer vier Kinder war sie 17 Jahre weitgehend glücklich verheiratet, beruflich stand sie als Selbstständige auf soliden Füßen und kümmerte sich um Tischdekoration und Blumen für Hochzeiten und Co.: „Das war mein Traumjob.“
Die Corona-Pandemie veränderte alles
Doch dann kam Corona und zog der Familie den Boden unter den Füßen weg. F. hatte keine Aufträge mehr, ihr Mann, der als Paketbote arbeitete, griff zu Drogen - wohl auch, weil er von den Auswirkungen der Pandemie überfordert war. „Er war auf einmal ein komplett anderer Mensch.“
Die Fürtherin ließ sich dennoch nicht unterkriegen. Sie hatte eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten begonnen. Ihr Mann sollte sich bis zum Beginn seiner Spätschicht um das jüngste, damals gerade ein Jahr alte Kind der Familie kümmern, so der Plan. Doch als Lisa F. am frühen Nachmittag nach Hause kam, fand sie den Kleinen regelmäßig hungrig und mit vollen Windeln vor, während der Vater auf dem Sofa lag. „Ich habe versucht, mit ihm zu reden“, sagt sie. „Aber es änderte sich einfach nichts.“ Irgendwann schien ihr die Trennung der einzige Ausweg zu sein.
Als sie mit den Kindern in eine eigene Wohnung zog, stand sie jedoch ohne Mittel da. Weil es für den Kleinsten keine Betreuung gab, musste sie ihre Ausbildung beenden. Sozialleistungen bekam sie damals nicht, auch das Kindergeld floss noch an ihren Mann. „Ich habe mir Geld bei Verwandten geliehen, um irgendwie über die Runden zu kommen“, sagt F. „Das war sehr schwer.“ In dieser Zeit häufte sie auch Mietschulden an.
Wegen Mietschulden musste sie die Wohnung räumen
Trotzdem verlor sie die Hoffnung nicht, ordnete mit Unterstützung einer Familienhelferin ihr Leben neu und stattete mit Gutscheinen des Jobcenters ihre Wohnung mit den nötigsten Möbeln aus. Doch ihre Pechsträhne ging weiter, denn in dem Mehrfamilienhaus kam es zu einer Mäuseplage. Die Nager knabberten Matratzen und Schränke an und machten sie unbrauchbar. „Ich musste vieles wegschmeißen.“ Den Rest verlor sie, als sie im Februar wegen der Mietschulden die Wohnung räumen musste und vorübergehend obdachlos war. „Sie konnte in die Unterkunft fast gar nichts mitnehmen“, sagt die Sozialpädagogin, die die Familie betreut. Auch die Kinder mussten sich von einem Großteil ihrer Spielsachen trennen.
Wenigstens haben die fünf jetzt wieder ein eigenes Zuhause. Doch fehlen darin Schränke, Regale, Stühle und Schreibtische für die Kinder, die älteste Tochter hat kein Bett. Und jetzt überschattet eine neue Sorge den Neustart der Familie: F. droht ein 30-tägiger Gefängnisaufenthalt, weil sie mehrere Bußgelder schuldig blieb. Bußgelder, die sie selbst gar nicht verursacht hat, doch lässt sich das leider kaum nachweisen.
Die 35-Jährige hatte ihr schrottreifes Auto ohne schriftlichen Vertrag an einen Händler zur Verwertung übergeben und dem Mann alles Weitere überlassen. Um die eigentlich erforderliche Abmeldung des Fahrzeugs kümmerte sie sich nicht, in dem Glauben, der Händler würde das übernehmen. „Ich war zu vertrauensselig.“ Doch wurden die auf sie zugelassenen Kennzeichen offenbar weiter verwendet, die dabei entstandenen Bußgelder werden ihr nun zur Last gelegt. Jetzt fürchtet sie, in Haft zu müssen, denn zahlen kann sie nicht. Die Weihnachtsaktion will ihr wenigstens diese Sorge nehmen. Wir bitten daher herzlichst um Geldspenden, auch für Möbel. Sachspenden können aus organisatorischen Gründen nicht angenommen werden.


