Nürnberg - Es gibt viele Gründe, Nürnberg zu lieben. Einer davon sind Lebkuchen. Der Ursprung, die Besonderheit von Elisen-Lebkuchen und die Geschichte dieses feinen Gebäcks lassen sich anhand zweier uralter Rezepte nachvollziehen.

Das älteste bekannte Rezept für vermeintliche Nürnberger Lebkuchen stammt aus dem Jahr 1553 und steht in einem Kochbuch von Sabina Welserin, einer Augsburger Patrizierin. Zu sehen ist es unter Anderem auf dem Instagram-Profil „History on a Plate“, welcher die 127.000 Follower auf eine kulinarische Zeitreise durch die Esskultur der Menschheitsgeschichte mitnimmt.

Die Grundlage der Lebkuchen bilden aufgekochter Honig, Zucker und Mehl. Hinzu kommen die Gewürze Koriandersamen, Muskatnuss, Nelken und Ingwer sowie – natürlich – Oblaten. Bestrichen wird die Masse mit Rosenwasser. „Abgekühlt schmecken sie wie eine überwürzte Mittelalter-Speise“, lautet das Urteil von „History on a Plate“.

Vom Honigkuchen zum Pfefferkuchen

Das verwundert nicht. Nachdem bereits die alten Ägypter Kuchen mit Honig bestrichen haben und erste schriftliche Hinweise auf Lebkuchen auf die Zeit um 350 vor Christus hindeuten, entwickelten sich Lebkuchen ab dem 13. Jahrhundert insbesondere in süddeutschen und österreichischen Klöstern. Dort aß man die „gepfefferten Lebkuchen“ oder auch „Pfefferkuchen“ insbesondere während der Fastenzeit zu starkem Bier.

Wie die Nürnberger Institution „Lebkuchen Schmidt“ auf ihrer Website schreibt, umfasste „Pfeffer“ damals als Sammelbegriff sämtliche Gewürze, deren magenfreundliche Wirkung in Klosterküchen bekannt und geschätzt war. Denn: Sie fördern die Verdauung und lindern das Völlegefühl. Deshalb würzten die findigen Mönche ihre Lebkuchen mit allem, was der Gewürzhandel hergab – von Kardamom und Muskat über Zimt und Ingwer bis hin zu Anis und schwarzen Pfeffer.

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Anhand dieser Gewürze lässt sich ein Stück weit erklären, warum Lebkuchen zwar nicht in Nürnberg erfunden wurden, die Stadt aber für das Gebäck berühmt wurde: Nürnberg befand sich genau am Schnittpunkt der Salz- und Handelsstraßen, hatte somit eine „verkehrsgünstige Lage“ wie es Lebkuchen Schmidt formulierte, und wurde zum Umschlagplatz besonderer und hochwertiger Gewürze. Außerdem profitierten die Nürnberger Lebküchner vom Reichwald, der nicht aus Zufall „des Deutschen Reiches Bienengarten“ genannt wurde: Dadurch verfügten die Nürnberger über ausreichend Honig, was im Mittelalter Süßungsmittel Nummer eins war und damals wie heute eine Grundzutat für Lebkuchen darstellt.

Was zeichnet Elisen-Lebkuchen aus?

Ein „Lebküchner“ wurde erstmals in Nürnberg urkundlich erwähnt. Zwar ist kein einzelner Erfinder bekannt, vielleicht aber der Vorname seiner Tochter: Einer Legende nach, der schreibt unter anderem die Stadt Nürnberg in ihrer Touristeninformation, backte ein Nürnberger Lebküchner Lebkuchen zu Ehren seiner Tochter Elisabeth. Diese war krank und vertrug das Mehl, das etwa im Rezept von 1553 noch in größerer Menge enthalten war, nicht. Als der Vater das Mehl wegließ, ging es dem Mädchen besser.

Natürlich gibt es auch andere Entstehungsgeschichten zur Bezeichnung der „Elisen-Lebkuchen“, etwa dass der Name auf eine heilige Elisabeth zurückgeht oder aufgrund des damaligen Trends, Produkte nach edlen weiblichen Namen zu benennen, die Entscheidung auf den zu diesem Zeitpunkt populären Namen Elise fiel.

Aber: Von Ungefähr kommt die Geschichte mit dem Weglassen des Mehls bei Elisen-Lebkuchen nicht. Heutzutage ist die Produktbezeichnung nach deutschen Leitsätzen für feine Backwaren genormt: Elisen-Lebkuchen enthalten höchstens zehn Prozent Mehl oder höchstens 7,5 Prozent Stärke und mindestens 25 Prozent Edel-Ölsamen, also Haselnüsse, Walnüsse und Mandeln. Anders als Nürnberger Lebkuchen, welche EU-geschützt sind, können die besonders saftigen und weichen Elisen-Lebkuchen überall hergestellt werden.

„Zehn von zehn“: Uraltes Rezept für Elisen-Lebkuchen überzeugt

Ein altes Rezept für Elisen-Lebkuchen stammt vom Nürnberger Lebkuchenfabrikanten Jakob Braun, der das Buch „Die Nürnberger Lebkuchen“ verfasst hat. Anders als das Rezept von 1553 basieren diese Lebkuchen nicht auf Mehl, sondern auf Nüssen: Zuerst mahlt man 500 Gramm Mandeln und hackt je 100 Gramm Orangeat und Zitronat sehr fein. Die Triebmittel, nämlich 3,3 Gramm Hirschhornsalz und ein Gramm Pottasche löst man getrennt in wenig Wasser auf.

Für die Masse schlägt man vier Eiweiß an, aber nicht steif, und mischt anschließend 700 Gramm Zucker, die Mandeln und nur 150 Gramm Weizenmehl unter. Hinzu kommen die Gewürze, also vier Gramm Zimt, je 0,8 Gramm Nelken und Muskatblüte sowie 0,4 Gramm Kardamom. Alternativ funktioniert das Rezept auch kurzerhand mit Lebkuchengewürz. Im nächsten Schritt mengt man Orangeat und Zitronat, die Triebmittel und den Zitronenabrieb unter, sodass eine zähfließende Konsistenz entsteht. Gegebenenfalls muss man an dieser Stelle noch einen oder zwei Esslöffel Eiweiß ergänzen.

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Anschließend wird die Masse – ganz klassisch – kuppelförmig auf den Oblaten verteilt. Nachdem sie eine Nacht antrocknen, können sie für 12 bis 15 Minuten bei 160 bis 170 Grad Ober-/Unterhitze im Ofen backen und anschließend mit Zuckerguss oder Kuvertüre überzogen werden. Bei diesem Rezept fällt das Urteil von „History on the Plate“ übrigens wie folgt aus: „Wirklich lecker, zehn von zehn.“