
Als „klaren Favorit“ wollte Miroslav Klose den 1. FC Nürnberg vor dem Auswärtsspiel in Magdeburg nicht verstanden wissen. Dass er mit dieser Aussage, die mit Blick auf die Tabellenkonstellation verwundern dürfte, die richtige Prognose lieferte, zeigte sich bereits in der Anfangsphase.
Viele Ballverluste, wenig Großchancen
Der Club, in dessen Startelf Pape Demba Diop den verletzten Adam Markhiev ersetzte, hatte von Beginn an Probleme mit dem hohen Pressing der Hausherren. Grund dafür war aber nicht nur das aggressive Anlaufen der Sachsen-Anhaltiner, sondern auch Nachlässigkeiten im eigenen Spielaufbau. Immer wieder lud die Mannschaft von Cheftrainer Miroslav Klose beim Versuch, sich spielerisch aus dem Druck zu lösen, die Sachsen-Anhaltiner durch einfache Abspielfehler und Ballverluste im Mittelfeld zu Balleroberungen ein.
Dadurch entstand unter anderem die erste aussichtsreiche Chance der Partie, als erst eine Magdeburger Flanke gefährlich vor das Tor von Jan Reichert segelte und anschließend Falko Michel einen strammen Abschluss leicht verzog (8.). Der Schütze scheiterte wenig später nach ansehnlichem Spielzug mit einem erneuten Distanzschuss am Nürnberger Schlussmann, der rechtzeitig abtauchte, parierte und damit diese Pflichtaufgabe erfüllte (15.).
Der Club hingegen brauchte länger, um ins Spiel zu finden und tatsächlich gefährlich zu werden. Zwar kam er gelegentlich in aussichtsreiche Situationen, es kam aber immer wieder ein Magdeburger rechtzeitig dazwischen – etwa als Mohamed Ali Zoma sich auf den Weg ins Eins-gegen-Eins mit dem Magdeburger Keeper machte und per Grätsche vom Ball getrennt wurde, oder als ein Querpass von Julian Justvan beinahe Artem Stepanov gefunden hätte. Entsprechend blieb es beim 1. FC Nürnberg zunächst bei Annäherungen und vereinzelten Standards.
Becker vergibt beste Chance
Die vorerst beste Chance der Franken ergab sich nach einem Konter, was gegen die ballbesitzorientierten Magdeburger ohnehin ein Mittel der Wahl ist: In einer Drei-gegen-Zwei-Situation legte Stepanov nach links auf den mitgelaufenen Finn Ole Becker ab. Dessen Linksschuss in Richtung langes Eck konnte FCM-Keeper Dominik Reimann allerdings parieren (29.). Auch Stepanov verbuchte noch selbst einen Abschluss: Nach einem abgefälschten Justvan-Zuspiel schaffte es der junge Angreifer aber nicht, den Ball nach unten zu drücken und köpfte ihn stattdessen über das Tor (39.).
Zum Ende des ersten Durchgangs fuhr dann der 1. FC Magdeburg nochmal einen Gang hoch und erspielte sich Chancen im Minutentakt. Nach einem perfekt temperierten Schnittstellenpass von Baris Atik auf Philipp Hercher setzte sich Letzterer im Sprintduell durch, bekam das Spielgerät aber im Eins-gegen-Eins nicht an Keeper Reichert vorbei, von dessen Arm der Ball (auch etwas glücklich) über die Latte springt (41.). Wenig Sekunden später hat der Hüter noch mehr Glück, als er einen eigentlich harmlosen Schuss nicht fangen kann. Der Ball kullerte in Richtung Tor, verfehlte dieses dann jedoch knapp (42.). Danach fegte noch ein Kopfball im Zuge der folgenden Ecke knapp über den Querbalken hinweg. Demnach ging der Club mit einem – angesichts der Schlussphase des ersten Durchgangs – schmeichelhaften 0:0 in die Pause.
Schneller Start, lange Unterbrechung
Zum Start in die zweite Hälfte machten die Magdeburger genau dort weiter, wo sie aufgehört hatten – nämlich vor dem Nürnberger Tor. Ex-Cluberer Hercher hatte nach 13 Sekunden die erneute Möglichkeit auf den ersten Treffer des Tages, jagte das Leder aber über die Kiste. Anschließend stagnierte die Partie – nicht wegen der Teams, sondern weil Schiedsrichter Felix Bickel das Spiel wegen schlechter Sicht unterbrach: Pyrotechnik hüllte die Avnet-Arena in dichten Nebel und sorgte für eine Verzögerung von über zehn Minuten. Auch nach der Fortsetzung der Partie brannte es im Gästeblock weiterhin lichterloh.
Für den Nürnberger Strafraum galt das nicht: Zwar dominierte Magdeburg inzwischen die Partie und ließ immer wieder seine Spielstärke aufblitzen, in Großchancen mündete dies aber zu Beginn der zweiten Hälfte nicht. Dennoch hatten die Hausherren zu diesem Zeitpunkt klares Oberwasser, wohingegen es dem Club an Entlastung fehlte.
Bitterer Doppelschlag
Weder unverdient noch überraschend ging der 1. FC Magdeburg demnach in der 73. Minute in Führung: Atik zirkelte einen Freistoß von der halbrechten Seite perfekt vor das Tor, wo gleich vier Magdeburger unmittelbar vor der Kiste auftauchten. Mateusz Zukowski bugsierte das Spielgerät etwas unkonventionell auf das Tor, wo Reichert angeschossen wurde, aber nicht rechtzeitig die Arme hochziehen konnte. Der Treffer hielt der zwischenzeitlichen VAR-Prüfung auf eine mögliche Abseitsposition stand und zählte.
Und es kam noch bitterer: Innerhalb von drei Minuten musste der Club nicht nur den Gegentreffer verdauen, sondern auch einen Platzverweis. Rafael Lubach, der erst wenige Augenblicke zuvor Gelb gesehen hat, kam gegen Nollenberger deutlich zu spät und wurde deshalb mit einer Gelb-Roten Karte des Platzes verwiesen (76.).
Für die Schlussoffensive brachte Club-Coach Klose Adriano Grimaldi und Semir Telalovic für Zoma und Stepanov (87.). Der Wechsel blieb allerdings ohne Effekt: Die Franken hatten zwar nun etwas mehr vom Spiel, da sich Magdeburg mit der Führung im Rücken ein wenig zurückzog, schafften es aber nicht mehr ansatzweise Gefahr auszustrahlen. Bezeichnend: Im zweiten Durchgang verzeichnete der 1. FC Nürnberg nur einen einzigen Abschluss.
Die Entscheidung glückte Magdeburg in der fünften Minute der Nachspielzeit, welche mit 17 Minuten angesichts der Unterbrechung üppig ausfiel. Alexander Nollenberger bediente Zukowski mit einem perfekten Querpass zwischen Reichert und der Defensivreihe hindurch. Der Torschütze des ersten Treffers stand am zweiten Pfosten sträflich frei und konnte kinderleicht zum 2:0 für die Hausherren vollenden (90.+4). Der Endstand fiel fünf Minuten später: Diesmal flankte Nollenberger aus dem Halbfeld wieder in den Rücken der Abwehr, am zweiten Pfosten nahm der eingewechselte Maximilian Breunig die Hereingabe direkt, von Reicherts Gesicht prallte der Ball ins Netz (90.+10). Ein späterer Treffer des Jokers wurde aufgrund einer vorangegangenen Abseitsstellung zurückgenommen (90.+17).
Letztendlich verlor der Club auch in der Höhe verdient mit 0:3 beim Tabellenletzten. Zum Verhängnis wurde den Franken, welche auf Kontern lauern wollten, die zunehmende Passivität im Spiel gegen den Ball und zudem zahlreiche Ungenauigkeiten im eigenen Ballbesitz. Die Chance auf Besserung bietet sich am nächsten Sonntag im Frankenderby gegen die SpVgg Greuther Fürth (Liveticker auf nordbayern.de).
