Stein - Die IG Metall kritisiert den Wegfall von etwa 130 Stellen im Traditionsunternehmen Faber-Castell. Betroffen wären zwei fränkische Standorte, in Stein und Geroldsgrün. Nun reagiert das Unternehmen auf die Vorwürfe.

Faber-Castell aus Stein ist ein Traditionsunternehmen, das seine Geschichte schon seit dem Jahr 1761 schreibt. Während sich der Hauptsitz der Firma nach wie vor im fränkischen Stein befindet, werden die Produkte des Familienunternehmens weltweit verkauft. Mit etwa 1,8 Milliarden jährlich produzierten Stiften ist es der größte Blei- und Buntstifthersteller der Welt, heißt es in einem Onlineartikel der Welt.

Aus zwei voneinander unabhängigen Pressemeldungen der Gewerkschaft IG Metall und des Unternehmens Faber-Castell vom 25. November ging hervor, dass das Traditionsunternehmen nun etwa 130 Industriearbeitsplätze in Franken streichen will. Konkret betroffen seien das Hauptwerk in Stein und der oberfränkische Standort Geroldsgrün.

Demnach seien die Mitarbeitende der Standorte Stein, Geroldsgrün und des Logistikzentrums am Nürnberger Hafen in einer Infoveranstaltung über die Pläne des Vorstands für die Neuausrichtung der deutschen Werke informiert worden. In einem Gespräch mit der Redaktion ging eine Sprecherin des Unternehmens nun auf die Kritik der Gewerkschaft ein.

Stellenstreichung bei Faber-Castell in Franken - Teilweise Verlagerung der Produktion nach Lateinamerika

Nach Angaben des Unternehmens basiere das Maßnahmenpaket auf der 2022 eingeführten globalen Unternehmensstrategie „ONE Faber-Castell“. Das Unternehmen soll seine „langjährige Expertise und exzellentes Fertigungs-Knowhow“ ausbauen und sich auf die hochqualifizierte Fertigung fokussieren.

Die Produktion von kleineren Fertigungslinien soll künftig aus Franken nach Brasilien und Peru verlagert werden. Die freigewordenen Flächen sollen „für die Erweiterungen der High-End Linien mit Alleinstellungsmerkmalen und Produktneuheiten genutzt werden“, heißt es in der Meldung.

Nach Angaben der IG Metall sollen in Stein demnach etwa 109 Vollzeitstellen bei der Produktion von holzgefassten Kosmetikstiften, Schreib- und Zeichengeräten und in der Verwaltung wegfallen. Nach Angaben der Gewerkschaft seien das bei etwa 950 Beschäftigten über 11 Prozent der Belegschaft. In Oberfranken solle die Produktion von Faserschreibern und Fasermalern komplett eingestellt werden. Das ergäbe eine Streichung von etwa 22 Stellen, was bei 220 Mitarbeitenden etwa 10 Prozent ergibt. Das Unternehmen bestätigt diese Zahlen in einem Gespräch mit der Redaktion, weist aber darauf hin, dass es sich bisher nur um eine grobe Schätzung handelt.

Streichung von etwa 130 Arbeitsstellen in Franken - IG Metall kritisiert Faber-Castell scharf

Die IG Metall kritisiert in ihrer Meldung, das Unternehmen hätte die Entscheidung einfach präsentiert, ohne dabei Alternativen diskutiert zu haben. Die Betriebsräte würden nun an Konzepten arbeiten, die möglichst viele Arbeitsplätze erhalten könnten, so Eva Wohlfahrt, 2. Bevollmächtigte der IG Metall Westmittelfranken. Danach sei es in der Verantwortung des Unternehmens, auf die Konzepte einzugehen.

Das Unternehmen merkt hingegen an, der Betriebsrat sei rechtzeitig informiert worden. Für den Dezember habe Faber-Castell mehrere Gesprächstermine angeboten, erklärte eine Sprecherin des Unternehmens im Gespräch mit der Redaktion. Ziel sei es, eine faire Lösung für alle betroffenen Mitarbeitenden zu finden. „Wir sind uns der Bedeutung dieser Veränderungen bewusst und werden den Prozess sozialverträglich gestalten“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Stefan Leitz. Betriebsbedingte Kündigungen sollen demnach bestmöglich vermieden werden, erklärt Leitz weiter. Das Unternehmen strebt an, die Neuausrichtung bis Ende des Geschäftsjahres 2026/27 zu vollenden.

Laut der Gewerkschaft habe der Bleistifthersteller über Jahrzehnte hinweg unternehmerische Verantwortung übernommen und soziale Standards symbolisiert. Demnach sei vor 25 Jahren gemeinsam mit der IG Metall und der Bau- und Holzarbeiter-Internationale (BHI) die Sozialcharta vereinbart worden. Dies sei ein Meilenstein für die Einhaltung der acht ILO-Kernarbeitsnormen zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen gewesen.

IG Metall machte zudem darauf aufmerksam, dass Anton-Wolfgang Graf von Faber, der das Unternehmen in achter Generation führte, bei der weltweiten Expansion die Beschäftigten im Blick gehabt haben soll. Wohlfahrt findet: „Er würde sich im Grab umdrehen, wenn er sehen könnte, wie leichtfertig heute über die Zukunft der Menschen entschieden wird und gut 130 tarifgebundene Industriearbeitsplätze verschwinden.“

Leitz hingegen ist überzeugt, dass das Unternehmen mit diesen Maßnahmen die richtigen Weichen für einen zukunftsfähigen Produktionsstandort Deutschland stellt. Die Beschleunigung der „One Faber-Castell“-Strategie sei wegen der zunehmenden Herausforderungen durch globalen Wettbewerb, US-Zölle, Konsumzurückhaltung und die Veränderungen in der Handelslandschaft notwendig.

Der Artikel wurde am 2. Dezember um 14.44 Uhr aktualisiert. In der neuen Version des Artikels ist auch die Stellungnahme des Unternehmens Faber-Castell enthalten.