
Ein Jobangebot in Fürth sollte Hoa und Duy P. (Namen geändert) finanziell unabhängig machen. Endlich keine Sozialleistungen mehr, das war der Plan. Doch dann forderte ihr früheres Jobcenter in Baden-Württemberg mehr als 4000 Euro zurück.
Die vierköpfige Familie war vor dem Krieg in der Ukraine geflohen. Die etwa 50 Jahre alten Eltern sind in Vietnam geboren, die beiden Kinder im ukrainischen Odessa. „Es war ausgezeichnet“, sagt der Vater über das Leben in der Hafenstadt. „So schön am Meer!“ Die Metropole mit rund einer Million Menschen sei sehr offen und multikulturell gewesen, tausende Vietnamesinnen und Vietnamesen hätten dort gelebt.
„Freude für alle“: Familie meldet ihren Wohnsitz zu früh in Fürth an
Doch Putins Bomben beendeten diesen Traum, auch für Hoa und Duy P., die seit 20 Jahren verheiratet sind. Sie mussten ihre Koffer packen und nach Deutschland flüchten. Anfangs kam die Familie bei Freunden in Baden-Württemberg unter. Die Eltern jobbten und stockten mit Bürgergeld auf, dazu besuchten sie Sprachkurse.
Als der Mutter in Fürth über eine Bekannte ein besserer Job in der Gastronomie sowie eine Wohnung angeboten wurde, entschloss sich die Familie, nach Bayern umzuziehen. Noch bevor es so weit war, kümmerten sich die Eltern um die notwendigen Schulummeldungen. Das neue Schuljahr nahte und die Zeit drängte. Dazu mussten sie auch ihren Wohnsitz nach Fürth umschreiben lassen – eine Formalität mit Folgen.
Denn deswegen verlangte das Jobcenter aus dem Ländle später über 4000 Euro zurück. Die auf dem Papier korrekte Begründung lautete, dass die P.s ab dem Zeitpunkt der Ummeldung in Fürth gelebt hätten. Tatsächlich wohnte die Familie aber noch eine ganze Weile in Baden-Württemberg - mit allen damit verbundenen Kosten.
Hoa und Duy P. traf die Rückforderung völlig unvorbereitet. Sie kannten sich mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht aus. „Wenn sie nicht den zeitlichen Druck mit der Schulanmeldung gehabt hätten, wären die Schulden nicht entstanden“, sagt ein ehrenamtlicher Helfer, der sie über Monate hinweg betreut hat. „Das ist Bürokratie vom Allerfeinsten. Ich habe früher selbst in einer Behörde gearbeitet, da kann man sich ein bisschen hineindenken.“
Die Weihnachtsaktion will die Hälfte der Rückforderung übernehmen
Also begann das neue Leben der Familie in Fürth mit einem Schuldenberg. Zwischenzeitlich stand eine Vollstreckung im Raum, diese konnte abgewendet werden. Etwa die Hälfte des offenen Betrags kann sie eigenständig in Raten begleichen, da inzwischen auch der Vater Arbeit in der Gastronomie gefunden hat. Eigentlich haben beide etwas anderes gelernt: Sie ist Englischlehrerin, er studierter Elektroingenieur.
Die zweite Hälfte der Rückforderung wäre für die Familie jedoch nicht tragbar gewesen. „Freude für alle“ bittet daher um Spenden – auch für vergleichbare Fälle – und dankt allen Unterstützerinnen und Unterstützern.
Insgesamt hat sich der Umzug nach Franken gelohnt. „Die Familie ist nun vollkommen unabhängig von Sozialleistungen“, wie der Helfer bestätigt. „Wir sind Deutschland sehr dankbar, dass wir die Möglichkeit bekommen haben, hierherzukommen“, sagt Duy P., „nicht nur persönlich, sondern im Namen aller Ukrainer.“


