
Morgens im Nordosten von Teneriffa. Die Luft ist feucht, die Passatwinde wehen kühle Nebelschwaden über die kurvige Straße durch den Anaga-Park. Bemooste Bäume ragen über den Asphalt, als wolle sich der Wald selbst verschließen. Dann reißt die Wolkendecke auf – und gibt den Blick frei auf grüne Schluchten, das glitzernde Meer und den prächtigen Vulkan im Herzen der Insel.
Während der bei Urlaubern berühmt-berüchtigte Süden trocken, sonnensicher und fast wüstenhaft ist, wachsen im Norden der Insel Baumfarne, Lorbeer und Eukalyptus-Büsche im feucht-frischen Klima. Dazwischen liegen Mondlandschaften aus erstarrter Lava, schwarze Strände, kleine Städtchen mit kolonialem Erbe – und dazwischen immer wieder: Weite, Stille und Natur.
Im Süden der Insel landen mehrmals pro Woche die Urlaubsflieger aus Nürnberg. Hier unten ist das touristische Zentrum der Insel: Costa Adeje, Playa de las Américas, Hotelkomplexe mit Poolblick. Doch wer sich hinauswagt aus dem Schatten der Hotels, entdeckt ein Teneriffa, das weit mehr Abenteuer zu bieten hat, als jeder Pauschal-Urlaub.
Im Reich des Vulkans
Über allem thront der Vulkan Pico del Teide. Spaniens höchster Gipfel, 3.715 Meter hoch, liegt wie ein ruhender Riese im Zentrum der Insel. Die Fahrt durch den Nationalpark führt durch Lavafelder, rotbraune Schluchten und zerklüftete Felsen. Der dritthöchste Inselvulkan der Welt und seine im Durchmesser 17 Kilometer messende Caldera wurden im Jahr 1954 als Nationalpark und später sogar als UNESCO-Weltnaturerbe geschützt.
„Teneriffa ist wie eine eigene kleine Welt“, sagt Reiseführer Ancor, „Du kannst morgens im Nebelwald spazieren, mittags durch eine Mondlandschaft wandern und abends am Strand sitzen“ und das alles auf nur einer Insel, die rund zehnmal kleiner als ganz Mittelfranken ist. Dennoch bedeutet die Insel nicht nur für ihre Besucher, sondern auch für die Einheimischen: Freiheit. „Ich habe eine Zeit lang in Deutschland gelebt“, sagt Ancor, doch schon nach kurzer Zeit fühlte er sich eingeengt. „Ich konnte meinen Blick nicht im Horizont über dem Meer verlieren“, sagt der Tinerfeño (so die Bezeichnung der Einheimischen).
Mehr Informationen:
Kontakt: Turismo de Tenerife, www.webtenerife.de
Anreise: Mehrmals wöchentlich starten im Sommer in Nürnberg Urlaubsflieger direkt nach Teneriffa.
Reisezeit: Auf Teneriffa ist das Wetter ganzjährig mild. Am besten eignen sich April bis Oktober für Sonne und Strand und die Zeit dazwischen zum Überwintern oder Wandern in mildem Klima.
Redaktioneller Hinweis: Die Recherche für manche Artikel in dieser Ausgabe wurde von Reiseveranstaltern, Hotels, Fluglinien oder Tourismusverbänden unterstützt.
Informationen des Umweltbundesamts über die Möglichkeit, den CO₂-Ausstoß Ihrer Reise zu kompensieren: www.umweltbundesamt.de/themen/freiwillige-co2-kompensation
Den Walen auf der Spur
Ganz im Westen, bei Los Gigantes, geht die Insel mit scharfen Klippen ins Meer über – und in eine andere Welt: Dort, zwischen Teneriffa und der Nachbarinsel La Gomera, ziehen das ganze Jahr über Wale und Delfine durch das Meer. Delfine, Grindwale, Orcas und manchmal sogar Blauwale.
Auf einem Segelboot geht es hinaus aufs Wasser. Kapitän Jakob kommt aus Deutschland und ist Teil unserer Crew von Picarus Sailing. „Wir wollen zeigen, dass Whale Watching auch respektvoll geht“, sagt er. Keine Foto-Jagd um jeden Preis, kein Anlocken.
Als die ersten Rückenflossen aus dem Wasser auftauchen, wird es still an Bord. Jakob macht den Motor aus und deutet in Richtung Westen. „Große Tümmler, da drüben!“ Zum ersten Mal sehe ich Delfine. Nicht in einem Becken. In Freiheit. „Das hier ist kein Zoo. Es sind Begegnungen – keine Shows“, sagt Jakob.
Im Interview auf dem Boot spricht Jakob über die Verantwortung des Menschen auf See und über die leisen Momente, wenn ein Wal direkt neben dem Boot auftaucht und wieder verschwindet. Das ganze Interview ist als Video zum Artikel abrufbar.
Kontraste mit Charakter
Unsere Reise führt weiter ins pittoreske Hafenstadt Garachico. Dunkles Lavapflaster auf den Straßen, kleine Plätzen und historische Häuser, die die Kolonialgeschichte der Insel erzählen. Sie führt uns in die Bodega Monje, wo Wein auf Vulkanerde wächst und der Wind durch die Rebstöcke pfeift. Und immer wieder begegnet man der kanarischen Gelassenheit. Beim Wein, beim Wandern, beim Warten auf das Essen – das übrigens fast überall fantastisch schmeckt, ob fangfrischer Fisch oder die typisch-kanarischen Papas Arrugadas – Kartoffeln mit Salzkruste und Mojo – eine pikante Paprika-Würzsoße. Köstlich!
Auch wenn der Insel manchmal ihr touristischer Ruf aus dem Süden vorauseilt: Teneriffa ist keine Insel für Eilige. Es ist eine Insel der Zwischenwelten. Von Meerschluchten hoch zu den Kratern, von Beton zu mystischen Wäldern, von Rückenflossen zu Wanderschuhen.
Wer nur nach Sonne und Strand sucht, wird auf Teneriffa fündig. Wer aber hinschaut, zuhört, stehen bleibt, erlebt eine Insel voller Leben, Begegnungen und eindrucksvoller Natur. Denn Teneriffa ist einzigartig durch seine spektakuläre Vielfalt: vom schneebedeckten Vulkan Teide bis zu subtropischen Küsten bietet die Insel extreme Landschaftskontraste auf kleinstem Raum. Zudem verbindet sie ganzjährig mildes Klima mit einer Mischung aus kanarischer Kultur und einer so ganz anderen Natur.

