
Weihnachten steht vor der Tür - die Zeit des Schenkens und beschenkt Werdens. Neben immateriellen Geschenken und Gesten der Zuwendung landen rund um Heiligabend auch gerne Unterhaltungselektronik und Großgeräte unter dem Baum: Ob Smartphone, Smartwatch, Spielekonsole, Zubehör und Smart-TVs für das heimische Erlebnis oder wichtige Helfer wie Kühlschränke, Spül- und Waschmaschinen - die Fülle an vermeintlichen Upgrades und Gadgets für sich oder andere kennt kein Ende. Doch muss es wirklich immer die neueste Technik sein? Diese Frage sollten sich Verbraucher vor den Festtagen bei der Kaufabwägung stellen, denn: Wie aus einer Analyse des TÜV-Verbands hervorgeht, wächst der weltweite Elektroschrottberg mit besorgniserregendem Tempo.
Den meisten Verbrauchern sind beim Kauf digitaler Geräte andere Faktoren dennoch wichtiger als Nachhaltigkeit - das hat der TÜV-Verband in einer repräsentativen Forsa-Umfrage unter 1009 Personen ab 16 Jahren ermittelt. So geben 59 Prozent der Befragten an, dass Preis, Funktionalität und Design in ihrer Beurteilung Vorrang genießen. Immerhin haben über die Hälfte der Verbraucher, die in den vergangenen fünf Jahren Defekte an ihrem Smartphone hatten, diese nach eigenen Angaben reparieren lassen. Der Anteil der Smartphone-Besitzer, die immer das neueste Modell haben wollen, ist - zumindest laut der Umfrage - mit nur fünf Prozent niedriger als die ständigen Hypes um Neuheiten erwarten lassen. Über die Hälfte der Befragten gab an, das Gerät länger als fünf Jahre zu nutzen. „Damit sich der Kauf eines gebrauchten Geräts lohnt, muss die Langlebigkeit des Produkts gewährleistet sein“, erklärt Dr. Michael Fübi, Präsident des TÜV-Verbands.
Billig-Boom aus China
Seit einigen Jahren wachsen die Direktimporte in die EU rasant. Nach Angaben der EU-Kommission hat sich die Anzahl der Warensendungen mit einem Wert von weniger als 150 Euro innerhalb von zwei Jahren auf 4,6 Milliarden Stück mehr als verdreifacht. 91 Prozent davon kommen aus China. Der Großteil davon wird über Online-Plattformen von Direktversendern gehandelt. Immer mehr Elektrogeräte kommen durch den Billig-Boom auf den Markt, die oft nur eine kurze Lebensdauer haben. Dabei stecken in ihnen viele wertvolle Rohstoffe, die bei ihrer Gewinnung massive Umwelteinflüsse verursachen. Ob Edelmetalle wie Gold und Palladium oder das Alkalimetall Lithium, aufgrund seiner Bedeutung für Batterien und Akkus oft als „weißes Gold“ bezeichnet. Ihr Abbau kann ganze Landstriche nachhaltig belasten.
Viele dieser Produkte erfüllen nicht die Umwelt- und Sicherheitsanforderungen in der EU. Laut EU-Kommission haben die Zollbehörden in der Europäischen Union im Jahr 2024 rund 392.000 Warensendungen überprüft. Rund 64.000 Produkte - oder 16 Prozent - wurden zurückgewiesen, weil sie nicht konform waren oder ernsthafte Risiken bargen. Drei Viertel der Zurückweisungen betrafen Produkte aus China. Auch die Bundesnetzagentur hat im Rahmen ihrer Marktüberwachung im Jahr 2024 rund 8000 verschiedene Gerätetypen ermittelt, die die gesetzlichen Anforderungen nicht erfüllten. Die Defizite bestätigen auch Testkäufe nationaler Verbraucherorganisationen. Besonders häufig sind demnach fehlende Angaben zu Sicherheitsupdates, Gefahr von Stromschlag, chemisch belastetes Kinderspielzeug sowie fehlende oder falsche CE-Kennzeichnungen.
Besorgniserregendes Wachstum
Kein Wunder, dass die EU Temu, Shein & Co. den Kampf ansagt: Bei einem Treffen in Brüssel stimmten Bundesfinanzminister Lars Klingbeil und seine Amtskollegen der EU-Länder unter der Woche mehrheitlich dafür, die derzeit geltende 150-Euro-Freigrenze abzuschaffen. Künftig sollen Zölle somit ab dem ersten Euro auf alle Waren erhoben werden, die in die EU eingeführt werden. Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung führt zu einer immer höheren Umweltbelastung. Zum einen verbrauchen laut TÜV-Verband Rechenzentren im Rahmen des Wachstums von Künstlicher Intelligenz, Streaming-Diensten, Cloud-Computing und Kryptowährungen immer mehr Energie. Zum anderen wächst die Menge an Elektroschrott ungebrochen. Nach Angaben des „Global E-Waste Monitor 2024“ steigt sie weltweit von 62 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf voraussichtlich 82 Millionen Tonnen im Jahr 2030 – ein Plus von 32 Prozent.
Gleichzeitig wird nur gut ein Fünftel des Elektroschrotts bisher auf offiziellen Wegen gesammelt und recycelt. So ist die Menge an aufbereitetem und wiederverwertetem Elektroschrott um nur knapp sechs Tonnen (auf 13,8 Millionen Tonnen) zwischen 2010 und 2022 gestiegen, während sich im gleichen Zeitraum die Masse an weltweitem Elektroschrott nahezu verdoppelt hat (32 auf 62 Millionen Tonnen). Da dürfte auch der zu erwartende Kauf-Boom rund um die Rabattaktionen wie Black Friday und Co kaum Abhilfe schaffen. Wie verzweifelt die Lage mittlerweile ist, zeigt auch der Vorstoß im Bundestag, ein Verbot der umstrittenen Einweg-E-Zigaretten zu prüfen.
Den entsprechenden Auftrag haben kürzlich die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und SPD eingebracht. In dem Text heißt es, die Bundesregierung solle das Vorgehen Frankreichs und Belgiens beachten - in diesen EU-Staaten ist der Verkauf dieser Wegwerfprodukte bereits untersagt.
