Nürnberg - Sauberes Trinkwasser ist ein hohes Gut. Nun aber zeigt eine Untersuchung, dass das Wasser in Teilen Bayerns mit bedenklichen Ewigkeitschemikalien, den PFAS, belastet ist. Ob es auch in Nürnberg nun Grund zur Sorge gibt.

Wer in Deutschland den Wasserhahn aufdreht, um sich ein Glas mit Wasser zu füllen, der darf davon ausgehen, dass das Wasser bedenkenlos getrunken werden kann - eigentlich. Denn nun gibt eine aktuelle Untersuchung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Grund zur Sorge.

Von Juni bis Oktober 2025 hatten Vertreter des BUND stichprobenartig 46 Trinkwasserproben und 16 Grund- oder Oberflächenwasserproben in ganz Deutschland genommen. Die Stichproben zeigen: In einem überwiegenden Teil der untersuchten Trinkwasserproben können die sogenannten Ewigkeitschemikalien, per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (kurz PFAS), nachgewiesen werden. Deutschlandweit ist der Test bei 42 von 46 Trinkwasserproben positiv und auch in Bayern enthalten Proben die Ewigkeitschemikalien.

Beprobt wurde an sechs Orten in Bayern. In vier davon, nämlich in Holzkirchen, Passau, Salzweg und Olching konnten laut BUND Ewigkeitschemikalien im Trinkwasser festgestellt werden. Nur in zwei Kommunen, nämlich in Pfaffenhofen und Neuötting, fiel die Beprobung des Trinkwassers ins Sachen PFAS negativ aus.

Dafür zeigt das Grundwasser in Neuötting eine erhebliche PFAS-Belastung. Grund dafür könnte womöglich die Nähe zum Chemiepark Gendorf sein, erklärt der BUND. Weiter heißt es im Bericht zur Situation in Neuötting: „Dass das Trinkwasser dort nicht belastet ist, liegt daran, dass es mit hohem technischem Aufwand mittels Aktivkohlefiltern gereinigt wird.“

Martin Geilhufe, Landesbeauftragter beim Bund Naturschutz (BN) Bayern, sagt: „Unsere Stichprobe zeigt, dass PFAS längst in unserem Wasserkreislauf vor Ort angekommen sind. Die Folge: Das Aufbereiten von sauberem Trinkwasser wird immer aufwendiger und teurer für unsere Wasserwerke.“ Der BN fordert, dass die entstehenden Kosten von den Verursachern und nicht von den Verbrauchenden getragen werden sollten. Denn die Notwendigkeit zur Aufbereitung des Trinkwassers dürfte in Zukunft nicht weniger werden.

Chemikalien im Trinkwasser: Ab 2026 gelten neue Grenzwerte für PFAS

Ab Januar 2026 und 2028 treten neue PFAS-Grenzwerte für Trinkwasser in ganz Deutschland in Kraft. Die Einhaltung dieser Grenzwerte werde Wasserbetriebe vor erhebliche technische und wirtschaftliche Herausforderungen stellen, prognostiziert der BUND. Die untersuchten Stichproben zeigen, dass die künftigen Grenzwerte nach derzeitigem Stand in Zeuthen (Brandenburg), Ludwigslust (Mecklenburg-Vorpommern) und Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) überschritten werden.

Ebenso bedenklich ist eine Wasserprobe aus dem Berliner Regierungsviertel. Bei der dort festgestellte PFAS-Konzentration könnten laut BUND mit Verweis auf das Bundesinstitut für Risikobewertung gesundheitliche Auswirkungen, wie ein geschwächtes Immunsystem, bei Kindern unter zehn Jahren und bei einer regelmäßigen Aufnahme nicht ausgeschlossen werden.

Die vier PFAS-belasteten Trinkwasserproben in Bayern bleiben hingegen nach Angaben des BUND unter den künftigen Grenzwerten. Das Grundwasser in Neuötting überschreitet die künftigen Normen.

In Nürnberg führt der zuständige Versorger, die N-Ergie, regelmäßige Kontrollen des Trinkwassers durch. Digital einsehbar ist eine Beprobung aus dem Februar 2025. An vier Entnahmestellen quer über das Stadtgebiet verteilt wurde das Wasser getestet. Die Zahlen der N-Ergie zeigen für die Probenentnahmestellen Nord und Zentrum eine nicht nachweisbare PFAS-Konzentration. Bei den Probeentnahmestellen Süd und Ost hingegen können PFAS nachgewiesen werden. Die Konzentration liegt hier aber unter den Grenzwerten, die ab 2026 und 2028 gelten werden.

Auch das Grundwasser in Nürnberg unterliegt einer regelmäßigen Prüfung. Im Grundwasserbericht der Stadt aus dem Jahr 2023 heißt es: „Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass zwar Belastungen bzw. Kontaminationen mit PFAS über das gesamte Stadtgebiet verteilt vorliegen, die Anzahl der Schadensfälle sich aber in einem überschaubaren Rahmen bewegt.“ So wurde beispielsweise am Flughafen Nürnberg eine Grundwassersanierung aufgrund eines Schadensfalls vorgenommen. Durch die Maßnahmen hätten bis 2022 bereits rund acht Kilo PFAS-Schadstoffe aus dem Grundwasser entnommen werden können.

Gefährliche Chemikalien: Was sind PFAS eigentlich?

PFAS kommen nicht natürlich vor, sondern stellen eine Gruppe von Industriechemikalien dar, die seit Jahrzehnten vielfältig eingesetzt werden. Aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit werden sie auch als Ewigkeitschemikalien bezeichnet. Aktuell läuft eine Debatte um die Umwelt- und Gesundheitsschädlichkeit der Stoffe.

Laut Umweltbundesamt haben PFAS wasser- und fettabweisende Eigenschaften. Sie kommen daher unter anderem bei Textilien oder Verpackungen zum Einsatz. Beispielsweise beschichtete Pfannen, wasserabweisende Outdoorbekleidung oder Schuhpflegeprodukte zur Imprägnierung können PFAS enthalten. Auch bei der Produktion von Halbleitern, Feuerlöschschaum oder Kälteschutzmitteln sind PFAS gefragt. Sowohl bei der Herstellung als auch bei der Verwendung können die Chemikalien in die Umwelt gelangen. Sind die Stoffe einmal dort, können sie kaum oder nur noch sehr schwer entfernt werden, heißt es von Seiten des Umweltbundesamtes. Etliche der Chemikalien seien zudem nachweislich toxisch.

Schon jetzt ist die Aufnahme von PFAS in den menschlichen Körper ein reales Problem. Das Umweltbundesamt verweist auf eine Risikobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) aus dem Jahr 2020. Darin heißt es, dass ein beträchtlicher Teil der europäischen Bevölkerung über die Lebensmittelkette Konzentrationen ausgesetzt ist, die über der wöchentlichen tolerierbaren Aufnahmedosis liegen. Folglich kann es zu einer Beeinträchtigung des Immunsystems von Kindern oder einer Erhöhung des Cholesterinspiegels kommen.