Nürnberg - Die Fußstapfen, in die „Die Ringe der Macht“ treten musste, waren enorm. Die Amazon-Produktion gefiel nicht allen Tolkien-Fans. Nun können sich auch Nicht-Kunden ein Bild machen - die Blockbuster-Serie kommt ins Free-TV.

„In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit“ - mit diesen Worten beginnt das wohl berühmteste Kinderbuch der Welt. Eingebettet in das gefeierte Tolkien-Universum lieferte der Fantasy-Titel die Vorlage zu drei eigenen Kinofilmen, deren Handlung vor der weltbekannten „Herr der Ringe“-Trilogie spielt, die mit Oscars geradezu überschüttet wurde. Umso größer waren die Erwartungen, also Streaming-Gigant Amazon im Jahr 2022 die Serie „Die Ringe der Macht“ auf die Bildschirme presste - über 20 Jahre nach dem ersten von drei epischen Filmen, die in die Kino-Geschichte eingegangen sind. Mittlerweile ist bereits die zweite Staffel auf der Plattform ausgestrahlt worden, doch Nicht-Kunden blickten bislang in die Röhre.

Das ändert sich jetzt mit einer Riesen-Überraschung: Der öffentlich-rechtliche Sender ZDFneo hat sich die Rechte an den ersten beiden Staffeln gesichert. Über eine Mitteilung wurde die Ausstrahlung der Prestigeproduktion angekündigt. Seit dem 30. Oktober ab 10 Uhr können die 16 Episoden der ersten beiden Staffeln für 30 Tage gestreamt werden. Die lineare Ausstrahlung beginnt am Montag, dem 3. November auf ZDFneo. Dort werden täglich ab 20:15 Uhr drei Folgen gezeigt, am Freitag zum Abschluss dann vier.

Worum es geht

Im Zentrum der Handlung steht das zweite Zeitalter der Tolkien-Welt Mittelerde. Seit Jahrhunderten ist die unsterbliche Elbenkönigin Galadriel auf der Jagd nach Hexenmeister Sauron. Sie will den Kampf gegen die Dunkelheit weiterführen, um die Welt zu bewahren, und sucht dafür Mitstreiter – doch die Unternehmung gestaltet sich alles andere als einfach: Viele potenzielle Verbündete sind des Kämpfens müde, andere halten sich nicht für würdig oder fähig. Einst nur Handlanger seines Meisters Melkor, strebt Sauron unterdessen im Schatten nach der Macht. Um sie zu erringen, will er Ringe schmieden und als Geschenke an die Völker von Mittelerde verteilen, darunter Elben, Zwerge und Menschen. Doch ein Ring, der nur ihm gehört, soll alle anderen unterwerfen. „Die Ringe der Macht“ erzählt, wie Sauron die Ringe herstellt, mit denen er die sterblichen Völker knechten wird.

Die Macher hatten sich aus Tolkiens umfangreichem Werk die Rechte an einem Anhang des „Herrn der Ringe“, gesichert. Darin entwirft Tolkien die Vorgeschichte zur Ring-Trilogie und dem „Hobbit“. Teil des Deals war eine Vereinbarung über fünf Staffeln mit geschätzten Kosten von über einer Milliarde US-Dollar - damit würde es die bisher teuerste Serienproduktion des Unternehmens werden. Allein das Budget für Staffel eins soll um die 460 Millionen US-Dollar betragen haben, dazu kommen Kosten für die Lizenzrechte von 250 Millionen US-Dollar. Dass die Serie nun aus der Exklusivität genommen wird und auch die zweite Staffel so schnell nach der Weltpremiere (August bis Oktober 2024) ins deutsche Free-TV kommt, wirft Fragen auf.

Mega-Produktion ein Mega-Flop?

Branchenkenner vermuten, dass Amazon durch die Freigabe das Interesse an den weiteren geplanten Staffeln steigern will. Oder plant das Unternehmen im Zuge personeller Veränderungen an der Spitze der Video-Sparte vielleicht sogar die Investition als Verlust abzuschreiben? Dazu passt, dass Amazon keine konkreten Gewinnzahlen für „The Rings of Power“ veröffentlicht hat - doch laut mehreren Fachmedien gilt die Serie nicht als direkter Gewinnbringer. Sie hat nach Ansicht von Insidern allerdings die Einnahmen aus Abonnements gesteigert und den Verkauf verwandter Produkte angekurbelt. Die Unternehmensstrategie zielt also darauf ab, den Gesamtumsatz zu steigern und wird daher nicht nur anhand des (Miss-)Erfolgs einer Produktion gemessen.

Nach der Veröffentlichung hat die Serie ursprünglich gemischte Rezensionen erhalten. Viele eingefleischte „Herr der Ringe“ Fans waren enttäuscht. Insider berichten von einer completion rate von nur 45 Prozent international. Das bedeutet, dass weniger als die Hälfte der Konsumenten die Serie bis zum Ende der zweiten Staffel angesehen haben. „Die Serie, die so viel Potenzial hatte, dem legendären ‚Herr der Ringe‘-Universum gerecht zu werden, scheitert in nahezu jedem Aspekt“, lautet eine Rezension. „Im Vergleich zu den Filmen wirkt ‚Ringe der Macht‘ geradezu unwürdig“, schreibt ein anderer User. Was das Publikum auch noch umtreibt: Viele Nutzer fragen sich, wie viel Geld der öffentlich-rechtliche Sender für den zeitlich begrenzten Erwerb der Millionen-Produktion aus dem GEZ-Topf bezahlt hat.