Esperance - An einem Strand im Westen Australiens wurde ein Relikt aus vergangener Zeit angespült. Eine Frau stieß auf die Flaschenpost eines Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg.

Im Jahr 1916 befand die Welt sich im Krieg. Es waren dunkle Zeiten. Europa - zerrissen. Millionen starben in den Schützengräben. Ein weltweit geächteter Stellungskrieg stellte alles bis dato Dagewesene in den Schatten. Ein Krieg, der nur allzu aktuelle Reminiszenzen im Europa anno 2025 findet. Damals entwickelte sich das Feuer in Europa zu einem weltweiten Flächenbrand. Sogar Australien, das per definitionem wohl der Kontinent ist, der dem Arsch der Welt am nächsten kommt, wie die Australier selbst es nicht ohne Augenzwinkern formulieren, blieb nicht davor verschont. Nach über einem Jahrhundert sind dort an der Südwestküste nun Flaschenpost-Nachrichten aufgetaucht, die von zwei australischen Soldaten im Jahr 1916 verfasst wurden.

Die zuversichtlichen Notizen wurden nur wenige Tage nach Beginn ihrer Seereise an die Front in Frankreich während des Ersten Weltkriegs aufgesetzt, wie aus einem Bericht der BBC hervorgeht. Einer der Soldaten, Private Malcolm Neville, schrieb demnach seiner Mutter, das Essen an Bord sei „wirklich gut“ und sie seien „glücklich wie die Könige“ („as happy as Larry“). Monate später fiel er im Alter von 28 Jahren im Kampf. Der andere Soldat, der 37-jährige Private William Harley, überlebte den Krieg und kehrte in seine Heimat zurück. Die Briefe wurden an die Nachfahren der Soldaten weitergegeben.

Zufallsfund an abgelegenem Strand

Die Flasche wurde Anfang Oktober am abgelegenen Wharton Beach nahe Esperance in Western Australia von der Anwohnerin Deb Brown und ihrer Familie gefunden. Sie war mit ihrem Mann und ihrer Tochter auf einer ihrer regelmäßigen Quad-Touren zur Müllbeseitigung am Strand unterwegs, als sie eine dicke Glasflasche im Sand entdeckten, wie Frau Brown mitteilte.

„Wir machen viel sauber an unseren Stränden und würden nie an einem Stück Müll vorbeigehen. Die kleine Flasche lag also da und wartete darauf, aufgehoben zu werden“, sagte Brown der Nachrichtenagentur Associated Press. Obwohl das Papier nass war, waren beide Briefe noch lesbar. Brown begann umgehend, die Familien der Soldaten ausfindig zu machen, um ihnen die Nachrichten zu übergeben. Sie lokalisierte den Großneffen von Private Neville, Herbie Neville, indem sie online nach dem Namen des Soldaten und seinem Heimatort suchte – die Adresse seiner Mutter war in der Notiz vermerkt. Neville erklärte gegenüber ABC News, die Erfahrung sei „unglaublich“ für seine Familie gewesen.

Eine Nachricht aus dem Grab

Der zweite Brief, verfasst von Private William Harley, war schlicht an „den Finder der Flasche“ gerichtet. Seine Mutter war bereits Jahre zuvor verstorben. Harleys Enkelin, Ann Turner, berichtete ABC, sie und die vier anderen überlebenden Enkelkinder des Soldaten seien „absolut überwältigt“ von der Botschaft.

„Es fühlt sich wirklich wie ein Wunder an, und wir haben das starke Gefühl, dass unser Großvater uns aus dem Grab heraus die Hand gereicht hat“, sagte sie.

„Ich bin sehr emotional, wenn ich sehe, dass der andere junge Mann eine Mutter hatte, der er schreiben konnte, und diese Flaschenpost für seine Mutter bestimmt war, während unser Großvater seine Mutter lange verloren hatte und seinen Brief nur an den Finder der Flasche richtete.“

Harleys Brief besagte, dass die Flasche „irgendwo in der Bucht“ über Bord geworfen wurde, womit die Great Australian Bight vor der Südküste des Landes gemeint ist.

Ein Professor für Ozeanografie erklärte gegenüber ABC, die Flasche sei möglicherweise nur wenige Wochen im Wasser gewesen, bevor sie am Wharton Beach strandete, wo sie dann über 100 Jahre lang vergraben geblieben sein könnte.