Nürnberg - Ein Roman zwischen Feelgood und Krimi, eine Protagonistin zwischen ruhiger Pflanzenzüchterin und Racheengel - „Plant Lady“ ist eine gänzlich ungewohnte Lektüre.

Manche Bücher lassen sich wirklich eindeutig einem Genre zuordnen. Es gibt Krimis und Thriller, Fantasy-Romane und Liebesgeschichten. Interessant wird es meistens dann, wenn Bücher die Genregrenzen überschreiten und eigene Wege gehen.

So auch in diesem Roman. Denn wir begleiten nicht etwa einen Detektiv oder eine Kommissarin bei der Aufklärung eines Falls, oder eine junge Heldin auf der großen Quest oder etwa ein Liebespaar, das entgegen aller Widrigkeiten zusammenfindet.

Stattdessen begleiten wir Yu-hee durch die Geschichte. Die etwas eigenbrötlerische junge Frau führt einen gutgehenden Pflanzenladen. Doch natürlich steckt noch mehr hinter ihr.

„Plant Lady“ - Darum geht‘s

Ein Pflanzenladen in schlechter Lage, der dennoch gut (Achtung, Wortwitz) floriert. Hinter dem Tresen steht Choi Yu-hee. Sie hat, entgegen aller Empfehlungen von Maklerinnen und Maklern, genau diese Immobilie ausgesucht, um hier ihren Pflanzenladen zu eröffnen. Einen Pflanzenladen? Kann man damit überhaupt Geld verdienen? Diese Frage musste sie sich von ihren früheren Kolleginnen und Kollegen gefallen lassen, doch Yu-hee geht ihren eigenen Weg. Und mit Pflanzen kennt sie sich aus.

Tatsächlich versteht sie Pflanzen meist besser als Menschen. Yu-hee kann selbst totgeglaubte Pflänzchen wieder aufpäppeln, sie kennt die richtige Pflege für jedes Gewächs. Die einen brauchen viel Sonne, die anderen eher Schatten, man muss auf die richtige Luftfeuchtigkeit, die Wasserzufuhr und die passende Erde achten.

Eines haben aber alle Pflanzen gemein, die besonderer Pflege bedürfen, um zu überleben und wieder aufblühen zu können. Es gibt immer einen Grund, warum sie zu verwelken drohen. Das kann fehlende Ruhe sein, Insektenbefall, Unkraut oder ein anderer Störenfried. Und das Erste, was Yu-hee tun muss, um eine Pflanze zu retten, ist stets, diesen Störenfried zu entfernen.

Und außerdem hat Yu-hee einen ganz geheimen Dünger, über den sonst niemand verfügt.

Detective Cha Do-kyung arbeitet bei der Polizei. Er ist der einzige, der zwischen einigen Vermisstenfällen einen Zusammenhang sieht. Die Männer, die verschwunden sind, haben alle eine dunkle Seite. Mal war es ein trunksüchtiger, gewalttätiger Familienvater, der seine Frau und seine Tochter drangsalierte. Dann ein Tierquäler und Stalker. Einmal war es eine ganze Gruppe an Männern, die eine Kollegin gemobbt hatte. Oder ein erfolgloser Künstler, der seine Partnerin emotional erpresste. Und sie alle waren früher oder später in diesem seltsamen Pflanzenladen von einer gewissen Choi Yu-hee.

„Plant Lady“ von Minyung Kang: Ein ganz anderer Roman

Die koreanische Autorin Minyoung Kang liefert uns hier einen Roman, den wir in dieser Form gar nicht gewohnt sind. Auf stille, eindringliche Weise erzählt sie die Geschichte einer jungen Frau, die aufbegehrt gegen die männliche Übergriffigkeit. Und dabei genauso behutsam vorgeht, wie es nötig ist, um ein geknicktes Pflänzchen wieder erblühen zu lassen.

Dieser Roman strahlt trotz seines gewalttätigen Inhalts eine beruhigende Wirkung aus. Das mag an der schwarzhumorigen, ruhigen Art liegen, mit der Minyoung Kang diese Geschichte erzählt. Vielleicht aber auch daran, dass man das Gefühl hat, dass hier wirklich jeder genau das bekommt, was er verdient.

„Plant Lady“

von Minyoung Kang