
Nach 27 Jahren Pokémon-Spielen hat ein Fan der Marke so ziemlich alles gesehen. Zumindest könnte man das denken. Pokémon Legenden Z-A für Nintendo Switch 2 (und 1) beweist das Gegenteil – allerdings nicht nur positiv. Game Freaks neuestes Werk zeigt eindrucksvoll, wie ein Studio gleichzeitig brillant und katastrophal schlecht sein kann. Die Grundidee klingt vielversprechend: Illumina City, soll zur ersten Metropole werden, in der Menschen und Pokémon gleichberechtigt zusammenleben. Deswegen gibt es einen umfangreichen Städteentwicklungsplan, der vom Bürgermeister durchgedrückt wird.
Die Stadt selbst soll verschiedene Wildzonen, Stadtviertel und Gassen bieten, die sowohl abwechslungsreich als auch interessant gestaltet sein sollen. Doch wie so oft bei Pokémon klaffen Anspruch und Realität weit auseinander.
Die Version von Illumina City, die Spielerinnen und Spieler auf Nintendo Switch erkunden können, ist schlichtweg ernüchternd. Die Stadt fühlt sich mehr wie eine Ansammlung austauschbarer Stadtblöcke ohne eigene Identitäten an, eine Metropole als sterile Kulisse. Jeder Stadtteil gleicht dem anderen, echte Subkulturen oder charakteristische Viertel sucht man vergebens.
Besonders schmerzhaft wird die Vielfalt im Vergleich zum direkten Vorgänger Pokémon Legenden: Arceus, der ebenfalls für Nintendo Switch erschienen ist. Trotz aller technischer Mängel hatte Arceus zumindest verschiedene Biome – Wälder, Sümpfe, Schneegebiete. Z-A wirft diese Vielfalt zugunsten einer monotonen Stadtlandschaft über Bord.
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Was kann die Story von Pokemon Legenden Z-A für Nintendo Switch 1 & 2?
Aber das wäre ja verschmerzbar, wenn zumindest die Geschichte in der Stadt spannend erzählt werden würde. Das wird sie nur leider ebenfalls nicht. Wir erinnern uns: Die Handlung startet mit einer interessanten Prämisse. Die Stadt soll zu einem Ort werden, in dem Menschen und Pokémon gleichberechtigt leben können. Nur wird dieser Konflikt bloß am Rande thematisiert.
Kurz nach der hanebüchenen Einführungssequenz finden wir uns in einem Hotel wieder und werden gezwungen, dem Team MZ beizutreten, das offensichtlich das Hotel als Basis nutzt. Geführt wird das Hotel – wie sollte es auch anders sein – von einem 3000 Jahre alten und 3 Meter großen Hotelier. Der bittet uns, bei dem städteweiten Wettbewerb (dem Z-A-Royale) mitzumachen, um „dem Kummer“ ein Ende zu bereiten. Denn: In der Stadt soll ein tiefer Kummer schlummern. Aha.
Wirklich besser werden die Interaktionen mit Charakteren im neuen Switch-Spiel aber auch später nicht. So erzählt uns ein Bauarbeiter, der den Städtebau vorantreiben soll, dass er überall Gerüste anbringen müsse. Das sei ihm aber zu langweilig, deswegen macht er aus den Gerüsten Hindernisparcours. Das ist die Qualität der Dialoge. Eindimensionale Charaktere, telegrafierte Wendungen, Tutorial nach Tutorial.
Dabei beweist die Pokémon Mystery Dungeon-Reihe seit Jahren, dass auch einfache Geschichten emotional berühren können, wenn einem nicht virtuelle Ankleidesimulatoren wichtiger wären als eine kohärente Erzählung.
Und als wäre das noch nicht schlimm genug, werden die Spielerinnen und Spieler von Tutorial zu Tutorial geschleust und jede grundlegende Mechanik wird bis ins kleinste Detail erklärt, als traue das Spiel seinen Spielerinnen und Spielern nicht zu, simpelste Konzepte und Zusammenhänge zu verstehen.
Pokémon-Legenden: Z-A für Nintendo Switch - macht das Fangen der Pokémon Spaß?
Das Pokémon-Fangen, einst taktisches Herzstück der Serie, ist zur anspruchslosen Lotterie verkommen. Besiegte Pokémon bleiben bewusstlos liegen, man wirft einen Ball – fertig. Keine Vorbereitung, keine Strategie. Der Erfolg hängt vom Zufall ab, nicht vom Können. Monster Hunter zeigt, wie Jagd als komplexer Prozess funktioniert – Verhalten studieren, Ausrüstung wählen, Fallen vorbereiten. Z-A bietet nichts davon.
Für ein Switch 2-Spiel ist die technische Präsentation von Z-A schlichtweg inakzeptabel. Unscharfe Texturen, flache Beleuchtung und eine Gesamtoptik, die problemlos auf der Nintendo Wii von 2006 hätte laufen können.
Das andere große inszenatorische Problem: Game Freak verzichtet auch 2025 noch auf Sprachausgabe. Charaktere bewegen mechanisch ihre Münder zu Textboxen, während The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom oder Xenoblade Chronicles 3 zeigen, was auf Nintendo-Hardware möglich ist. Diese technische Rückständigkeit ist nicht nur enttäuschend – sie ist respektlos gegenüber Spielerinnen und Spielern, die geschlagene 70 Euro für ein „Next-Gen-Erlebnis“ auf Nintendo Switch 2 bezahlen.
Das spannende neue Echtzeit-Kampfsystem von Pokémon-Legenden: Z-A für Nintendo Switch 1/2
Doch dann, inmitten der Mittelmäßigkeit, gibt es einen Lichtblick. Das neue Echtzeit-Kampfsystem. Game Freak hat das rundenbasierte System komplett über Bord geworfen. Pokémon bewegen sich frei im Raum, Angriffe haben Abklingzeiten, Positionierung wird entscheidend. Nahkampfattacken erfordern räumliche Nähe, Fernkampfattacken funktionieren aus der Distanz. Flächenangriffe belohnen geschickte Taktik. Und wer Pokémon und Gegner clever positioniert, kann mit einem Angriff mehrere Ziele treffen.
Das nahtlose Pokémon-Wechseln ermöglicht dynamische Entscheidungen, die an Xenoblade Chronicles für Nintendo Switch erinnern. Das Abklingzeiten-System erzeugt einen kontinuierlichen Fluss: Während man auf stärkere Angriffe wartet, positioniert man Pokémon neu, wechselt strategisch zwischen Teammitgliedern, plant die nächsten Züge.
Was früher eine etwas hakelige Menü-Navigation war, ist jetzt ein fließender Tastendruck für sofortiges taktisches Reagieren. Man kann blitzschnell einen Statuseffekt auslösen, zu einem anderen Pokémon wechseln für einen mächtigen Angriff, während das erste regeneriert.
Der übergreifende Konflikt ist das Z-A-Royale-System. Darum dreht sich hauptsächlich das Nintendo-Switch-Spiel. Tagsüber sind bestimmte Zonen mit wilden Pokémon bevölkert, nachts verwandeln sie sich in Kampfarenen mit Ranglistenaufstieg von Z bis A. Das fühlt sich seltsam isoliert vom Rest der Spielwelt an. Die Herausforderungen sind, simpel heruntergebrochen, nur bloße mechanische Aufgaben ohne narrative Einbettung.
Sollte man für das Nintendo-Switch-Spiel Pokémon-Legenden: Z-A Geld ausgeben?
Pokémon Legenden Z-A für Nintendo Switch 2 und 1 ist ein Spin-off mit frischen Ideen, umgeben von veralteten Strukturen und verpassten Gelegenheiten. Game Freak beweist mit dem Echtzeit-Kampfsystem, dass das Studio zu Innovation in der Lage ist. Gleichzeitig demonstriert der Rest des Spiels eine erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber grundlegenden Genre-Standards.
Ein mutiges Kampfsystem und brillantes Pokémon-Charakterdesign reichen 2025 nicht, um technische Rückständigkeit, narrative Leere und mechanische Oberflächlichkeit zu rechtfertigen. Z-A hätte ein Statement sein können – das erste Pokémon-Spiel, das zeigt, was auf Nintendo Switch 2 möglich ist. Stattdessen beweist es nur, dass Game Freak dringend an den eigenen Ansprüchen arbeiten sollte. Händler wie Amazon bieten das Spiel zum Release für vergleichsweise günstige 55 Euro als Switch-2-Fassung an. Für die Switch 1 kostet es 59,99 Euro . Überraschend hat Nintendo auch gleich mal den Preis des Konsolen-Bundles zum Release gesenkt.


