München - Ein Video vom Oktoberfest sorgt für heftige Diskussionen auf Instagram: Ein Kleinkind ahmt das Maßkrug-Exen nach und wird dafür gefeiert - doch viele Nutzer sind deswegen empört. Was dahinter steckt.

Ein Kleinkind steht auf dem Oktoberfest auf einem Bierzelt-Tisch, trinkt seine Milchflasche - gehalten vom Vater - aus und wird dabei gefeiert wie ein Erwachsener, der gerade einen Maßkrug „geext“ hat. Die Menge klatscht, jubelt, filmt; das Video geht viral. Aber was für manche Menschen nach einem harmlosen Spaß aussieht, sorgt im Netz für eine Welle der Empörung.

In der Kommentarspalte zeigen sich viele Nutzer entsetzt. „Das ist einfach nur verantwortungslos“, schreibt beispielsweise eine Nutzerin. Ein anderer meint: „Das Kind wird hier wie ein Besäufnis-Profi gefeiert - das ist kein Spaß mehr.“ Wieder andere fordern sogar, das Jugendamt einzuschalten. Die Kritik entzündet sich dabei nicht nur an der Tatsache, dass ein Kleinkind in einem lauten, alkoholgeschwängerten Umfeld gefeiert wird, sondern auch daran, dass es dabei eine Handlung nachahmt, die auf dem Oktoberfest selbst nicht unumstritten ist: das Maßkrug-Exen.

Dieses schnelle, nicht selten unter lautem Jubel vollzogene Leeren eines Liters Bier, gehört für viele zum Wiesn-Erlebnis dazu, obwohl es nicht gern gesehen ist - zumindest offiziell: Die Festleitung und die Stadt München geben sich Mühe, regelmäßig zu betonen, dass übermäßiger Alkoholkonsum und Trinkrituale wie das Maßkrug-Exen nicht zur Kultur des Oktoberfests gehören. In den letzten Jahren wurden sogar einzelne Gäste aus den Zelten verwiesen, weil sie zu auffällig „geext“ hatten.

Solche Maßnahmen sollen dazu beitragen, das Image des Fests als familienfreundliches Volksfest zu festigen, statt als 16-tägiges Saufgelage - oder auch als „weltweit größte offene Drogenszene“, wie Münchens Zweiter Bürgermeister Dominik Krause (Grüne) das Oktoberfest im November 2023 bezeichnet hatte.

Dass nun ein Kleinkind diese Geste nachahmt, wenn auch nur mit Milch, ist für viele ein Symbol dafür, wie tief solche Rituale bereits in der Wahrnehmung verankert sind. Die Kritik richtet sich dabei nicht gegen das Kind selbst, sondern gegen die Erwachsenen, die die Szene inszenieren und feiern. „Das ist keine süße Geste, sondern eine problematische Prägung“, schreibt ein Kommentator. Andere sehen darin eine Verharmlosung von Alkohol und eine fragwürdige Vorbildfunktion.

Warum Kinder im Netz ein sensibles Thema sind

Ein weiterer Aspekt, der in der Diskussion eine zentrale Rolle spielt, ist die Veröffentlichung des Videos selbst. Das Kind ist deutlich erkennbar, die Szene wurde offenbar ohne Rücksicht auf Persönlichkeitsrechte ins Netz gestellt. Dabei gilt in Deutschland, dass Kinder nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten fotografiert oder gefilmt und veröffentlicht werden dürfen. Doch selbst wenn diese Zustimmung vorliegt, bleibt die Frage, ob es ethisch vertretbar ist, ein Kleinkind in einem solchen Kontext öffentlich zu zeigen.

Medienpädagogen warnen nicht ohne Grund seit Jahren davor, Bilder oder Videos von Kindern leichtfertig ins Netz zu stellen, wobei es ihnen nicht nur um den Schutz der Privatsphäre geht, sondern auch um die langfristigen Folgen. Denn sobald ein Bild oder Video im Netz steht, hat man quasi keine Kontrolle mehr darüber. Es kann archiviert oder weiterverwendet werden, kann viral gehen - und das Internet vergisst nichts: Was heute als lustig empfunden wird, kann später peinlich oder belastend sein.

Ganz besonders problematisch wird es, wenn Kinder in Situationen gezeigt werden, die sie selbst nicht einordnen können, so wie in diesem Fall: In einem Festzelt, umringt von feiernden Erwachsenen - und jeder Menge Alkohol.