Karlsruhe/Nürnberg - Ausgewählte dm-Filialen testen derzeit bestimmte Gesundheitsleistungen vor Ort - Augenscreenings beispielsweise. Ärzteverbände kritisieren das neue Konzept und die Drogeriemarkt-Kette wehrt sich.

Augenscreening, KI-gestützte Hautanalyse und ein Online-Hautarzt sowie Blutanalysen - irgendwo zwischen Shampoo, Windeln und Lippenstift. Die Drogeriemarktkette dm testet seit Kurzem in ausgewählten Filialen neue Gesundheitsdienstleistungen. Und stößt damit auf Kritik.

Was bietet dm an?

Die Drogerie bietet zukünftig drei Neuheiten an: Augenscreening, Hautanalyse und Blutanalyse. Das Augenscreening besteht aus einem Sehtest und Netzhautscreening und wird von Skleo Health durchgeführt. Die Hautanalyse besteht aus zwei Schritten: Zuerst kann in den Märkten oder sogar von Zuhause aus durch einen KI-gestützten Prozess die Haut analysiert, anschließend kann bei Auffälligkeiten ein Termin bei einem Online-Hautarzt gebucht werden. Bei der Blutanalyse können Kundinnen und Kunden in ausgewählten dm-Filialen Blut abnehmen und dieses untersuchen lassen. Ausgeführt werden die Tests von Partnerunternehmen und medizinischem Fachpersonal.

Alle Tests und Analysen sind kostenpflichtig (Sehtest und Netzhautfotografie zusammen zum Beispiel 14,95 Euro) - außer die KI-gestützte Hautanalyse, diese ist kostenlos.

Was kritisieren Ärzteverbände daran?

Der Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) haben eine ganze Reihe an Kritikpunkten veröffentlicht. Zum Beispiel würde der Einsatz von Künstlicher Intelligenz eine fachärztliche Untersuchung nicht ersetzen, könnten aber dazu führen, dass mehr Menschen verunsichert und in die Praxen kommen würden.

Als Beispiel nennt der BVDD-Präsident gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) Muttermale mit Verdacht auf schwarzen Hautkrebs. „Hier reichen Fotos zur Beurteilung keinesfalls aus und unterschreiten den fachärztlichen Standard.“ Ähnliche Kritik übt der BVA. Er sieht auch einen „preislichen Unterbietungswettbewerb“.

Was entgegnet dm?

Das Karlsruher Unternehmen betont, dass es sich etwa bei der KI-gestützten Hautanalyse nicht um medizinische Untersuchungen oder Diagnosen handle. Darauf würden Kundinnen und Kunden transparent hingewiesen, erklärt Sebastian Bayer, dm-Geschäftsführer im Ressort Marketing und Beschaffung. Die telemedizinische Behandlung hingegen werde „ausschließlich von erfahrenen Fachärztinnen und Fachärzten für Dermatologie durchgeführt - vergleichbar mit einer regulären Hautarztpraxis“.

Auch die Netzhautaufnahmen prüften Fachärztinnen beziehungsweise Fachärzte für Augenheilkunde. „Diese ärztliche Prüfung garantiert eine qualitätsgesicherte Auswertung und gewährleistet die Einhaltung höchster fachlicher Standards.“ So sollten auch die von der KI erkannten Auffälligkeiten korrekt eingeordnet werden.

Bayer verweist unter anderem auf volle Praxen und monatelange Wartezeiten. „Das Ziel ist es, Patientinnen und Patienten frühzeitig eine fachärztliche Einschätzung zu ermöglichen und sie gezielt an die richtige Stelle weiterzuleiten - als ergänzende Orientierung, nicht als Ersatz für die persönliche Untersuchung“, erläutert der Geschäftsführer.

Wie sehen Verbraucherschützer das Thema?

Ebenfalls kritisch. Zwar belebe Wettbewerb das Geschäft, sagt Peter Grieble, Leiter der Abteilung Versicherungen, Pflege, Gesundheit bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er vergleicht die dm-Angebote mit den sogenannten Igel-Leistungen, also ärztliche Zusatzleistungen, die über den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen hinausgehen.

Entscheidend sei dabei der Rahmen, betont Grieble. Schon die Werbung müsse deutlich machen, was ein Angebot leisten kann, wie eingeschränkt es sei und dass es beispielsweise nicht dem entspreche, was ein Augenarzt leisten könne.

Planen andere Drogerieketten ähnliches?

So weit wie dm gehen andere Drogeriemarktketten in Deutschland nicht. Der Handelskonzern Müller hatte im Juli mitgeteilt, „als Antwort auf den Megatrend Gesundheit“ eine „Gesundheitswelt“ als Shop-in-Shop-Konzept einzuführen. Auf bis zu 120 Quadratmetern Verkaufsfläche solle ein Sortiment rund um Themen wie Apothekenkosmetik, Naturheilkunde und Nahrungsergänzung zusammengestellt werden. Samt Beratungstischen und KI-basiertem Beratungstool mit interaktivem Chat und Produktempfehlungen.

Rossmann teilte auf Anfrage lediglich mit, alle Entwicklungen im Bereich Gesundheitsleistungen sehr aufmerksam zu beobachten. „Zu möglichen zukünftigen Maßnahmen oder Planungen geben wir jedoch keine Auskunft.“