Nürnberg - In Nürnberg wurden vergangenes Jahr über 11 Millionen Überstunden geleistet - mehr als die Hälfte davon unbezahlt. Zudem plane die Bundesregierung, Arbeitszeit neu zu regeln. Eine Nürnberger Gewerkschaft übt deshalb Kritik.

11 Millionen Überstunden, 5,9 Millionen davon ohne Bezahlung - das ist die Bilanz von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen 2024 in Nürnberg. Das hat das Pestel-Institut in ihrem „Arbeitszeit-Monitor“ analysiert. Diese Schieflage wird von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), die die Analyse in Auftrag gegeben hat, nun massiv kritisiert. Sie fürchten aber sogar noch eine Verschlechterung.

Die Gewerkschaft warnt in einer Pressemitteilung davor, dass die Zahl noch weiter steigen könnte. Grund dafür sind die Pläne der Bundesregierung für eine Neuregelung der Arbeitszeit. Statt einem Acht-Stunden-Tag soll es demnach eine neue wöchentliche Höchstarbeitszeit geben, wodurch an den einzelnen Tagen länger als acht Stunden gearbeitet werden könnte: „Schwarz-Rot will eine wöchentliche Höchstarbeitszeit und den 8-Stunden-Tag abschaffen“, sagt Regina Schleser von der NGG Nürnberg-Fürth. Arbeitszeiten von bis zu zehn Stunden am Tag seien auch jetzt schon möglich, mit dem Vorhaben der Bundesregierung wären dann auch zwölf Stunden am Tag möglich.

Mehr Freiheit und Flexibilität für Beschäftigte?

Gegenüber der ARD spricht sich Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) für ein solches Vorhaben aus: So könnten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ihre Arbeitszeit flexibler gestalten. So wäre es möglich, an einem Tag zwölf Stunden zu arbeiten und am anderen nur vier. Befürworter und Befürworterinnen versprechen sich dadurch mehr Flexibilität und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Gewerkschaft übt massiv Kritik

Die NGG widerspricht diesem Argument: Wird der Acht-Stunden-Tag gekippt, würde nur noch das europäische Recht ein Limit für die Arbeitszeit setzen. „ Arbeitgeber könnten ihre Beschäftigten dann sogar zu 73,5- Stunden-Wochen verdonnern - nämlich zu sechs Tagen à 12 Stunden und 15 Minuten im Job. Das wäre fast das doppelte Wochen-Pensum von heute - und damit Arbeitszeit-Stretching pur“, so Schleser von der NGG in der Pressemitteilung.

Würden Arbeitgeber in Nürnberg - und deutschlandweit - auf solche neuen Lockerungen zurückgreifen, wäre zum einen die Gesundheit der Beschäftigten und zum anderen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Gefahr: „Wer die Familie, den Beruf und die Pflege von Angehörigen unter einen Hut bringen müsse, brauche vor allem eines - planbare und verlässliche Arbeitszeiten. Und die müssten auch zu den Betreuungszeiten von der Kita und vom Hort passen.“ Regina Schleser fragt deshalb: „Denn wer holt die Kinder dort ab, wenn die Schicht zwölf Stunden geht?“.