
Die meisten Fantasy-Fans beschränken sich nicht auf ein Medium. Wer Fantasy-Bücher mag, schaut in der Regel auch gerne Fantasy-Filme, viele spielen auch gerne die passenden Computerspiele. Diese sind oft Fantasy-RPGs, Fantasy-Role-Play-Games, in denen man sich zunächst einen Charakter erstellt und dann verschiedene Quests löst und Abenteuer besteht.
Was vielen Fans solcher RPGs bekannt sein dürfte, ist der Moment, wenn die Storyline, in der man einen rechtschaffenden Charakter spielt, der für das Gute in der Welt kämpft, etwas ausgeschöpft ist. Dann versucht man gerne auch, sofern das Spiel das zulässt, eine Figur zu spielen, die auf der anderen Seite steht. Das heißt keineswegs, dass die Person, die den Charakter spielt, auch böse sein muss, geschweige denn, jemals böse Dinge in der Realität tun würde.
Doch es ist eben nur ein Spiel und nicht real. Die Taten haben keine echten Konsequenzen, im Zweifelsfall kehrt man einfach zu einem früheren Speicherstand zurück oder startet das ganze Spiel neu.
Und genau da sind wir auch schon bei unserer Hauptfigur Davi angekommen, die in „How to Become the Dark Lord and Die Trying“ ganz andere Wege geht, als sie das in ihren vorherigen Anläufen versucht hat.
„How to Become the Dark Lord and Die Trying“ - Worum geht es?
Stellen wir uns einmal vor, dass wir kein Fantasy-Role-Playing-Game spielen, sondern tatsächlich in eine Fantasy-RPG-Welt hineingesaugt wurden. Nicht alle üblichen Regeln des Genres gelten für Davi, doch einige. Warum ihr das passiert, weiß unsere Hauptfigur und Ich-Erzählerin nicht. Doch nach über 200 Anläufen weiß sie zumindest, dass sie keine Lust mehr hat.
Davi stammt eigentlich von der Erde und würde in etwa in unserer Zeit leben. Sie hat den Körper einer jungen Frau, aber ein Gedächtnis von mehreren Hundert Jahren. Denn Davi ist die große, prophezeite Heldin, die das Königreich vor den Wildlingen retten soll, die unter der Führung des Dark Lord über die Menschen herfallen. In über 200 Versuchen ist ihr das allerdings noch nie gelungen. Am Ende stirbt sie einen in der Regel einen schmerzhaften Tod und erwacht wieder am gleichen Anfangspunkt. Die Zeit hat sich zurückgedreht und Davi muss komplett von vorne anfangen.
Und jetzt hat sie einfach keine Lust mehr darauf. Keine Lust mehr, gefoltert zu werden und auf einen schnellen Tod zu hoffen, um dann wieder bei null zu starten. In ihren vielen Leben hat Davi einiges gelernt und viel Wissen angehäuft. So weiß sie beispielsweise, dass die Person, die Dark Lord wird, variieren kann. Und deshalb entschließt sie sich kurzerhand, selbst der neue Dark Lord zu werden.
Ist die Hauptfigur Davi gut oder böse?
Davi verhält sich in etwa so, wie es die meisten Menschen tun, wenn sie ein Rollenspiel spielen, das auf die Realität keinen Einfluss hat. Vor allem, wenn man so viele Jahre der Folter erlebt hätte, wie das auf Davi zutrifft. Und so ist sie nicht gerade zimperlich, wenn es um die Leben von anderen geht, oder sie versucht, Liebschaften mit ihren Gefährtinnen und Gefährten einzugehen. Oder wenn es um ihr eigenes Leben geht. Denn was spielt es schon für eine Rolle, wenn nichts von Dauer ist und sich die Zeit ohnehin wieder zurückdreht?
Im Laufe der Geschichte ändert sich ihre Sicht. Nicht nur, dass es mit weiterem Fortschreiten immer schwieriger wird, es wieder so weit in der Quest zu schaffen. Davi entwickelt auch ein emotionales Bewusstsein und ein Verantwortungsgefühl für ihre „Schergen“. Doch wie lange kann es gut gehen, dass sie sich ihrer Prophezeiung widersetzt?
Ist „How to Become the Dark Lord and Die Trying“ eine Leseempfehlung wert?
„Böse, sarkastisch, hardcore – und zum Brüllen komisch!“ - So beschreibt der Verlag das neue Buch schon Django Wexler. Stimmt das?
Vorneweg: Das Buch ist sicherlich nicht für alle Leserinnen und Leser geeignet. Tatsächlich kommt es mit einer Triggerwarnung, was für humoristische Literatur eher unüblich ist. Doch die besonderen Lebensumstände von Davi führen eben dazu, dass sie eine andere Einstellung zur körperlichen Unversehrtheit hat, als wir das haben würden. Ein typisches Beispiel aus dem Gaming ist es, auszuprobieren, ob man in einem neuen Spiel Schaden erleidet, wenn man aus großer Höhe fällt. Wie man das herausfindet? Indem man irgendwo herunterspringt. Das würde man natürlich niemals im normalen Leben tun. Und so spricht auch Davi eher beiläufig von Selbstverletzung und Selbstmord, auch sexuelle Übergriffe kommen offen zur Sprache.
Für alle, die von solchen Triggern nicht betroffen sind, ist das Buch absolut zu empfehlen. „Böse, sarkastisch, hardcore“ ist eine treffende Beschreibung. Genre-Fans werden immer wieder zum Schmunzeln kommen, denn auch Davi scheint in ihrem früheren Leben ein Fan gewesen zu sein, worauf ihre häufigen Anspielungen hinweisen. Auf witzige Art und Weise und gegen alle Widrigkeiten kämpft sich Davi auf clever nach oben, erlangt den Respekt ihrer Horde und geht zum ersten Mal seit hunderten von Jahren einen neuen Weg. Ein absolutes Lesevergnügen, das sich Fantasy-Fans nicht entgehen lassen sollten.
„How to Become the Dark Lord and Die Trying“
von Django Wexler
- übersetzt von Ruggero Leò
- erschienen am 25. Juni 2025
- 496 Seiten
- Penhaligon
- ISBN: 978-3-7645-3344-1
- 17 Euro
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