
Die Debatte um den Ausbau des Frankenschnellwegs dauert schon lange an. Auch die Kritik am Ausbau in der Bevölkerung wächst. Die Bürgerinitiative „Lieber zurück auf Los“ kritisiert das Projekt und fordert ein grundsätzliches Umdenken in der Nürnberger Verkehrspolitik. Im Zentrum steht dabei ein Bürgerbegehren, das einen Bürgerentscheid erzwingen soll. Die Initiative betrachtet den geplanten Ausbau als veraltet, klimaschädlich und teuer – und sammelt derzeit Unterschriften.
Kritik am Tunnelprojekt: „Vollkommen aus der Zeit gefallen“
Eine Vertreterin der Bürgerinitiative ist die Stadtplanerin und Architektin Brigitte Sesselmann. Im Interview findet sie klare Worte: Seit 20 Jahren sei Nürnberg auf die sogenannte „Tunnellösung“ fixiert – ein Konzept, das heutzutage nicht mehr tragbar sei. Während andere europäische Städte wie Paris den Verkehr zurückbauen und auf lebenswertere Innenstädte setzen, plane Nürnberg immer noch für eine autogerechte Stadt.
Der Tunnel solle eigentlich bewirken, dass der Verkehr unter der Oberfläche verschwindet. Laut Sesselmann seien die Veränderungen jedoch nur marginal: „Die Tunnel betreffen gerade einmal 20 Prozent des Gesamtverkehrs, davon überwiegend Lkw, die an der Stadt lediglich vorbeifahren wollen. Für diese Minderheit wollen wir 700 Millionen Euro ausgeben. Der große Rest, also 80 Prozent des Verkehrs, bleibt oben und verschwindet nicht im Tunnel.“
Bürgerbegehren gestartet – 12.000 Unterschriften werden benötigt
Ziel der Initiative ist es, ein Bürgerbegehren auf den Weg zu bringen, das zum Bürgerentscheid führt. Dafür müssen rund 12.000 wahlberechtigte Nürnbergerinnen und Nürnberger unterschreiben. Ist das Begehren rechtlich zulässig, folgt ein Bürgerentscheid – bei dem mindestens 10 Prozent der Stimmberechtigten teilnehmen müssen, damit das Ergebnis bindend ist. In der Vergangenheit hatten Bürgerbegehren zum Thema Flächenversiegelung („Nürnberg grün und lebenswert“) oder der Klimaentscheid Einfluss auf die kommunale Politik.
„Die Stadtbevölkerung denkt, dass der Stadtrat schon alles beschlossen hat. Aber das ist nicht so. Der erste Ausbau im Westen ist beschlossen. Der in der Nürnberger Mitte steht jedoch noch aus“, so Sesselmann.
Kritik an Planung und Umsetzung
Im Nürnberger Westen ist aus Lärmschutzgründen eine acht Meter hohe Betonwand geplant. Sesselmann argumentiert jedoch, dass bereits eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 60 km/h zu Lärmminderung führen würde. Die massive, acht Meter hohe Wand würde hingegen viele Grünflächen und Bäume zerstören.
Zwar kritisiert die Initiative den beschlossenen ersten Ausbau im Westen, der hauptsächlich Lärmschutz zum Ziel hat, doch genau hier sieht sie noch Möglichkeiten, etwa den Erhalt einzelner Bäume im betroffenen Stadtgebiet zu sichern.
Auch den geplanten „grünen Deckel“ sieht die Stadtplanerin kritisch. Für den Ausbau müssten 120 Bäumen gefällt werden. Diese müssten jahrzehntelang nachwachsen, um den Verlust auszugleichen.
Die Initiative betont, dass sie keine spezifische Alternative bevorzugt, sondern ein Umdenken fordert: „Zurück auf Los. Und nochmal ganz neu denken.“ Es gäbe viele Varianten, der aktuelle Kurs sei nicht der einzige Weg.
Kritik an der Verwendung von Steuergeldern
Nicht zuletzt sei das Projekt auch eine massive finanzielle Belastung für die Stadt. Selbst wenn der Freistaat Bayern 80 Prozent der förderfähigen Kosten übernimmt, blieben der Stadt noch Millionen Euro an Kosten sowie zusätzliche Millionen für vorbereitende Maßnahmen. In den Schätzungen seien zudem viele Kosten noch nicht einberechnet.
„Das gesamte Geld, das in das Projekt fließt, sind Steuergelder. Auch der Staat Bayern hat einen immensen Sanierungsstau, was Schulen angeht“, so Sesselmann. Sie fügt hinzu, dass man mit dem Geld zahlreiche Bildungsprojekte finanzieren könnte. Für die Initiative stehe fest: Das Geld, das in den Ausbau der Straße gesteckt werden soll, fehle an anderer Stelle – bei Bildung, sozialer Infrastruktur und Klimaschutzmaßnahmen.