Nürnberg - 3,5 Millionen verkaufte Konsolen in einer Woche – die Nintendo Switch 2 ist ein Phänomen. Doch hinter dem großen Erfolg verbirgt sich ein altes Problem, das Nintendo nicht in den Griff bekommt.

Die Nintendo Switch 2 hat einen Start hingelegt, der selbst die kühnsten Erwartungen übertrifft. Laut Nintendos eigenen Angaben verkaufte sich die neue Konsole 3,5 Millionen Mal in den ersten vier Tagen, und katapultierte sich damit direkt an die Spitze der am schnellsten verkauften Spielkonsolen aller Zeiten. Doch während Nintendo-Fans jubeln, zeigen neue Marktdaten ein altbekanntes Problem auf.

Nintendo dominiert den Markt

Die Zahlen des US-Marktforschungsunternehmens Circana sprechen eine deutliche Sprache: 62 Prozent aller physischen Spiele, die in der Launch-Woche der Switch 2 in den USA verkauft wurden, stammten von Nintendo selbst. In Großbritannien sieht die Situation noch extremer aus: Dort machten Nintendo-Titel sogar 86 Prozent aller physischen Software-Verkäufe aus, wie Chris Dring von The Game Business Show in seinem Podcast berichtete.

„Wenn man das Mario Kart-Bundle herausrechnet, sind es in Großbritannien immer noch 48 Prozent First-Party-Anteil“, erklärt Dring die Dominanz des japanischen Konzerns. Das Mario Kart 8 Deluxe-Bundle war bei 80 Prozent aller Switch 2-Verkäufe dabei. Ein Faktor, der die Marktverteilung zusätzlich zugunsten Nintendo verschiebt. Sprich: Third-Party-Entwicklungen profitieren kaum vom Switch-Boom.

Cyberpunk als Ausnahme zwischen großen Enttäuschungen

Immerhin gibt es einzelne Lichtblicke für Drittanbieter: CD-Projekt-Reds „Cyberpunk 2077“ landete in fast allen Märkten auf Platz zwei der Verkaufscharts und übertraf sogar die damaligen Launch-Zahlen von „The Witcher 3“ auf der ursprünglichen Switch.

Das Problem: Viele andere Third-Party-Spiele floppen dramatisch. Einige Titel verkauften laut Industriequellen sogar unter 100 Einheiten in der Launch-Woche. Ein desaströses Ergebnis für aufwendige Portierungen.

Altbekannte Probleme ohne Lösung

Die Situation erinnert fatal an den Launch der ursprünglichen Switch 2017. Damals machten Nintendo-Spiele 81 Prozent aller US-Verkäufe und sogar 89 Prozent der britischen Software-Sales aus. „Das zeigt, dass sich fundamental nichts geändert hat“, analysiert Gaming-Experte Chris Plante von Post Games. „Die Menschen kommen für Nintendo-Spiele und entdecken dann vielleicht andere Titel.“

Besonders problematisch: Viele Third-Party-Titel auf der Switch 2 sind sogenannte „Game Key Cards“ - Spiele, die nur zum Teil auf der Cartridge gespeichert sind und den Rest per Download nachladen müssen. Diese Praxis widerspricht der Erwartungshaltung der Nintendo-Zielgruppe, die Plug-and-Play-Erfahrungen gewohnt ist.


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GTA-Publisher nimmt Nintendo in die Pflicht

Für Nintendo ist die Situation paradox: Der eigene Erfolg wird zum Problem für Partner. „Switch-Nutzer erwarten, dass sie ihr Spiel einlegen und sofort spielen können“, erklärt Dring die Herausforderung. „Wenn ein Spiel Online-Konnektivität braucht oder große Downloads erfordert, spricht das diese Zielgruppe nicht effektiv an.“

Take-Two-CEO Strauss Zelnick (der Publisher der berühmten Grand Theft Auto-Serie) hatte Nintendo bereits vor dem Launch aufgefordert, Third-Party-Entwicklern stärker unter die Arme zu greifen. Die Botschaft war klar: Wenn Nintendo wolle, dass Drittanbieter weiterhin Spiele für die Plattform entwickeln, müsse der Konzern dabei helfen, diese auch erfolgreich zu vermarkten.

So könnte die Zukunft für Dritthersteller aussehen

Trotz der ernüchternden Launch-Zahlen für Drittanbieter gibt es Hoffnung. Chris Dring verweist darauf, dass am Ende des Lebenszyklus der ursprünglichen Switch das Verhältnis zwischen First- und Third-Party-Verkäufen ausgeglichen war. „Es braucht Zeit, bis sich die Nutzerinnen und Nutzer nach Mario Kart nach anderen Spielen umsehen“, so seine Einschätzung.

Zudem fehlten zum Launch jegliche Testwertungen für Third-Party-Titel - ein Faktor, der laut Experten die Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflusse. Nintendo hatte Rezensionsexemplare erst am Veröffentlichungstag an die Presse und Influencer verteilt, sodass keine Reviews verfügbar waren.

Die Nintendo Switch 2 hat bewiesen, dass der Appetit auf Nintendo-Hardware ungebrochen ist. Ob der Konzern nun aber auch Third-Party-Entwicklerinnen und Entwicklern zum Erfolg verhelfen kann, wird darüber entscheiden, wie vielfältig das Spieleangebot langfristig bleibt. Denn auch Nintendo profitiert davon, wenn die eigene Plattform für Partnerinnen und Partner attraktiv ist. Schließlich bedeuten mehr erfolgreiche Spiele auch mehr Gründe für Konsumierende, bei der Switch 2 zu bleiben.