Winzige Elefanten, Tiere mit menschlichen Gesichtern oder fliegende Babys - mittelalterliche Kunst wirkt aus heutiger Sicht ziemlich seltsam. Was wollten die Künstler damit aussagen?

Mittelalterliche Kunst ist wieder in - zumindest im Internet. Hier feiern die Gemälde aus längst vergessenen Zeiten eine Art Comeback in Form von Memes. Oft finden sich auf den alten Illustrationen und Malereien skurrile Details und befremdliche Szenen. Sie entsprechen den heutigen Karikaturen, wie der Archivar und Historiker Yann Potin findet.

Oft braucht es kein besonders großes Wissen über Kunst, um mittelalterliche Gemälde als solche zu erkennen. Auf den Bildern sind die Perspektiven verzerrt, Tiere haben menschliche Gesichter oder Menschen spucken Frösche. Manchmal sieht es so aus, als wüsste der Künstler selbst nicht, was er da treibt. Dabei steckt in den Illustrationen meist viel mehr, als auf den ersten Blick erkennbar ist.

Da im Mittelalter nur sehr wenige Menschen lesen konnten, nutzten damalige Künstler eine Symbolsprache, die jeder verstehen konnte, erklärt Potin. Der Begriff "Mittelalter" deckt zwar einen großen Zeitraum zwischen dem 5. und 15. Jahrhundert ab, dennoch bleibt die Symbolsprache auf den Bildern sehr gleich.

Christliche Elemente

Der Ursprung der Symbole auf den Gemälden liegt größtenteils in Vorstellungen und Überlieferungen des Christentums, erklärt Potin: "Der Ritter, der mit einer Schnecke kämpft, versinnlicht den Kampf des Guten gegen das Böse." Diese Symbolsprache sei eine eigenständige Kultur, berichtet der Historiker. Sie wird als Ikonografie bezeichnet.

Die Bilder sind oftmals so angelegt, dass sie eigenständig die Geschichte erzählen, erklärt Potin. Aufgrund ihrer Verständlichkeit hätten sie sich damals schnell verbreitet. Der Historiker bezeichnet die mittelalterlichen Darstellungen daher als eine Art "Vorstufe zu Memes".

Comeback der Mittelalter-Memes

Mit der Verbreitung der ritterlichen und biblischen Memes beschäftigen sich viele verschiedene Social-Media-Accounts, wie "discardingimages", "Medieval Meme"s oder "weird medieval guys". Olivia Swarthout, Betreiberin der Seite "weird medieval guys" auf Instagram, hat sogar ein Buch mit mittelalterlichen Memes veröffentlicht.

In ihrer Freizeit durchsucht die Datenanalytikerin gerne alte Bibliotheksarchive und beschäftigt sich mit der geschichtlichen Herkunft ihrer Memes. Zu ihrem Drachen-Meme sagt sie: "Ich denke, das Bild war so erfolgreich, weil die Situation sehr vertraut ist, aber so ungewöhnlich dargestellt wird."

Der Ursprung des Gemäldes liegt dabei in einem Manuskript aus der British Library, erklärt Swarthout. Es zeigt die Zeugung des antiken Eroberers Alexander des Großen. Der Legende nach soll der Feldherr von einem Drachen mit Prinzessin Olympias gezeugt worden sein. Der betrogene Ehemann an der Tür sei demnach König Phillip II. von Makedonien.

Ein Baum voller Penisse ist im Übrigen ein Symbol für Hexerei, wie das Kollektiv "History Collection" berichtet. Gemäß dem Malleus Maleficarum, einem mittelalterlichen Führer zum Aufspüren von Hexen, würden Hexen männliche Geschlechtsteile stehlen und als Haustiere halten. Diese Ordensschwestern stehen gemäß der Erklärungen des Malleus Maleficarum im Bund mit dem Teufel.